Liebe Leserin, lieber Leser,
ein Verfassungsgerichtsurteil mit einer Tragweite des jüngsten Richterspruchs zum Bundeshaushalt braucht ein wenig, bis es seine volle Wirkungsmacht entfaltet. Nachdem am Montagabend die Haushaltssperre über die Ticker ging, wurde Ende der Woche bekannt, dass nachträglich die Schuldenbremse für den Bundeshaushalt ausgesetzt wird – das vierte Jahr in Folge. Dass es für Christian Lindner und seine FDP besonders schmerzhaft ist, die heiß geliebte Fiskaldisziplin einzukassieren, liegt auf der Hand. Beachtlich ist dabei aber besonders, wie der Finanzminister diese Niederlage kommuniziert hat (Video).
- Nicht nur Ferdinand Otto fand das politische Re-Framing eher verwirrend als erklärend.
- Der Kanzler meldete sich Ende letzter Woche endlich ebenfalls direkt mit einer Videobotschaft zu Wort. Auch hier vermisst die Tagesschau jedoch konkrete Antworten.
- Was die Haushaltssperre für die Ausgaben der Ministerien bedeutet, hat Tim Szent-Ivanyi für das RND zusammengestellt.
Die nächste Eilmeldung aus dem Bundesfinanzministerium war eine Personalsache. Lindner schmeißt seinen Staatssekretär Werner Gatzer raus. Gatzer ist einer der erfahrensten Spitzenbeamten des politischen Berlins und wäre nächsten Juni der am längsten tätige „StS“ in der Geschichte der Republik geworden. Seit fast 20 Jahren war er nun “ewiger” Haushalts-Staatssekretär im Finanzministerium und hat neben Lindner für Scholz, Schäuble, Steinbrück und damit drei verschiedene Parteien gearbeitet. Weitere Hintergründe:
- Warum der Preis der Entlassung für Lindner hoch sein könnte, erklärt Capital.
- Ein Porträt des Geschassten, der auch Bahn-Aufsichtsratschef ist, hat der Stern.
- Sein Nachfolger wird Wolf Reuter, den das Handelsblatt im vergangenen Jahr vorgestellt hat.
Als Gatzer noch fest im Sessel saß, traf sich das Bundeskabinett inklusive Kanzler mit den Richtern des Bundesverfassungsgerichts. Nur wenige Tage vor dem einschneidenden Richterspruch fand der regelmäßige „institutionalisierte Interorganaustausch” statt. Als einer der wenigen Minister blieb Lindner fern. Das “unglaubliche Schweigen in Karlsruhe” schildert Jost Müller-Neuhof beim Tagesspiegel.
All das belastet die Ampel enorm und gerade die Beziehung zwischen Grünen und Liberalen, die eh schon lange im Krisenmodus ist. Markus Decker vom RND möchte die Junior-Partner daher direkt zur Paartherapie schicken. Die könnte man eventuell auch innerhalb der FDP vertragen: Nach der Initiative “Weckruf Freiheit” für ein Ende der Koalition, die nun eine Mitgliederbefragung dazu erzwungen hat, gibt es nun mit “Freiheit braucht Verantwortung” auch eine Gegenkampagne für den Verbleib in der Ampel.
Das Commitment für die Ampel ist bei den Grünen hingegen recht stabil, was sich auch beim Karlsruher Parteitag zeigte, mit vier Tagen der längste der Parteigeschichte.
- Warum die Ampeltreue der Grünen letztlich nicht wackelt, analysiert Sebastian Huld bei n-tv.
- Eine kurze Analyse von „zwei Parteitagen in einem“ hat das DLF.
- Das größte Streitthema innerhalb der Partei ist die Migrationspolitik, meint Felix Hackenbruch vom Tagesspiegel.
- Die Personalentscheidungen an der Parteispitze und für die Europawahl schildert die taz. Die endgültige Liste für die nächste große Wahl gibt es hier.
- Warum die Partei das Kanzleramt noch nicht aufgegeben hat, erklärt Michael Kellner im Tagesspiegel-Interview.
Wie die BILD gewohnt hochinvestigativ und mit leichtem Kulturkampf-Duktus feststellte, haben die Grünen nicht nur das Kanzleramt, sondern auch Karlsruher Pizzadienste im Blick. Da fühlte sich Ernährungsminister Özdemir natürlich direkt zu einer Klarstellung gezwungen.
Mit den besten Grüßen zum Wochenstart
“Daten für das Gemeinwohl nutzbar machen”: Unter diesem Motto startete am 24. November offiziell das Civic Data Lab, das vom Bundesfamilienministerium gefördert und von der Gesellschaft für Informatik, dem Deutschen Caritasverband und CorrelAid umgesetzt wird. Aufgabe der Initiative ist es, die Zivilgesellschaft bei der Erhebung, Nutzung und Weiterverwendung von Daten zu unterstützen, Angebote besser zugänglich zu machen und den Einsatz neuer Technologien zu ermöglichen. Die Intiative ist zugleich Teil der…
Parlamentarischer und öffentlicher Einfluss von Politiker:innen weisen starke Unterschiede auf: Dies zeigt eine Rangliste der Kommunikationsagentur BCW, die einen Influence Index der Bundestagsabgeordneten angelegt hat. Während bekannte Politiker:innen wie Olaf Scholz, Annalena Baerbock oder Christian Lindner beim öffentlichen Einfluss die vorderen Plätze belegen, agieren die parlamentarisch einflussreichsten MdB eher im Verborgenen. Hier dominieren Michael Schrodi (SPD), Jürgen Hardt (CDU) und Helge Lindh (SPD), besonders aufgrund ihrer Ausschussmitgliedschaften oder Fraktionsfunktionen. Insgesamt…
Das Public-Affairs-Arbeitsumfeld wurde 2023 insbesondere durch KI-Entwicklungen geprägt. Die damit verbundenen Möglichkeiten und Risiken waren Gegenstand der 22. Public-Affairs-Umfrage der MSL Group, die Trends der politischen Kommunikation spiegeln möchte und sich auch mit der Arbeit der Bundesregierung und den geplanten Verschärfungen des Lobbyregisters beschäftigt. Die Zufriedenheit mit der Bundesregierung hat dabei im Vergleich zu 2022 abgenommen: Gut die Hälfte der Befragten (60 %) bewertet deren Arbeit als (sehr) schlecht,…
KI ist auch in Deutschlands Kommunen angekommen: Rund zwei Drittel sehen durch KI-Anwendungen Chancen für ihre Arbeit. Zu diesem Schluss kommt der Zukunftsradar Digitale Kommune 2023, der vergangene Woche vom Institut für Innovation und Technik sowie dem Deutschen Städte- und Gemeindebund vorgestellt wurde. Der Zukunftsradar untersucht den Stand der Digitalisierung in deutschen Kommunen und erhob dafür dieses Jahr Daten von über 900 Städten und Gemeinden. Insgesamt sind Fortschritte bei…
Werke, die sich kritisch mit Rassismus und anderen Formen der Diskriminierung auseinandersetzen, können seit 2015 mit dem Amadeu Antonio Preis ausgezeichnet werden. Die Auszeichnung wird alle zwei Jahre von der Stadt Eberswalde gemeinsam mit der Amadeu-Antonio-Stiftung vergeben und wurde am 18. November erneut verliehen: Den ersten Preis erhielt dabei die Künstlerin und Filmemacherin Nnenna Onuoha für ihren Film “Rosenfelde”, der sich mit der deutschen Kolonialvergangenheit auseinandersetzt und so laut…
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Stefan Eich
Die Währung der Politik. Eine politische Ideengeschichte des Geldes
Die aktuellen Debatten um die Schuldenbremse führen mal wieder deutlich vor Augen, welche Bedeutung Finanzen für die Politik haben. Wer wissen möchte, warum Geld politisch ist und wie die dahinter stehende Ideengeschichte aussieht, wird im Buch von Stefan Eich fündig. Der Historiker untersucht die Geschichte geldpolitischer Krisen von der griechischen Antike bis in die Gegenwart und betrachtet dabei die Rolle des Geldes im Denken von Aristoteles, John Locke, Johann Gottlieb Fichte, Karl Marx und John Maynard Keynes. Der Autor zeigt dadurch auf, dass Geld eben kein neutrales Tauschmittel, sondern ein Instrument politischer Herrschaft ist – weil es als rechtliches Geschöpf stets von Macht, Vertrauen und kollektivem Glauben abhängt. Gerade deshalb sollte es auch Gegenstand demokratischer Politik sein, argumentiert Eich.
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Wenn der Getränkehalter halbvoll ist
Bei öffentlichen Auftritten von Politiker:innen kann schon mal was daneben gehen. Wie entspannt man auf einen selbstverschuldeten Mini-Fauxpas reagieren kann, zeigt hier Spaniens neuer Minister für digitale Transformation, José Luis Escrivá.
Bundesverfassungsgericht
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