Liebe Leserin, lieber Leser,
als wir vor einer Woche über “Tanne“, die neue Farbe der Grünen berichteten, wussten wir noch nicht, dass der Höhepunkt der Parteifarben-Debatte erst noch bevorstand: Die CDU hat ihr neues Logo vorgestellt und es wurde in der Tat bunt. Cadenabbia und Rhöndorf (Adenauers Italiendomizil und sein Heimatort) nennen sich die beiden neuen stilprägenden Blautöne (im Volksmund könnte man auch mit „türkis“ durchkommen), die Generalsekretär Carsten Linnemann am Dienstag im besten Marketing-Sprech vorstellte, dem er allerdings augenscheinlich selbst nicht so ganz traute – hier im Video. Die Partei soll dadurch moderner und einheitlicher erscheinen. Der neue Look gilt auch für alle Landesverbände. Weitere Hintergründe zum aktuellen talk of town der PolKomm-Szene:
- Die Süddeutsche mit einer interaktiven Fahrt durch die CDU-Design-Sphäre.
- Das “Design-Tagebuch” hat sich das neue Corporate Design der CDU aus fachkundiger Perspektive genau angeschaut.
- Campaigning-Profi Nicolas Schwendemann über den Zusammenhang von politischen Corporate Designs, Symbolik und der inneren Verfasstheit von Parteien.
- Das Internet explodierte erwartungsgemäß vor Memes nach Linnemanns Auftritt.
- Soll Angela Merkel in das neue Image-Video oder nicht? Darüber gab es laut Welt einigen Streit in der Partei. Am Ende schaffte sie es in den Clip – jedoch erst wenige Stunden vor seiner Vorstellung.
- Ebenso der georgische Präsidentenpalast. Dem Reichstag durchaus ähnlich – haben doch beide Gebäude eine Glaskuppel und Säulen am Eingang.
- Nicole Diekmann wirft die Frage auf, ob es sich hier tatsächlich um eine Panne oder einen gelungenen Social-Media-Coup handelt.
- Eine konservative Volkspartei re-branded sich türkis? Da war doch was. Österreichs Ex-Kanzler Sebastian Kurz gratulierte dann auch kurz darauf zur neuen Farbentscheidung (siehe Tweet der Woche).
Das neue Logo der größten Oppositionspartei wird Bundeskanzler Olaf Scholz auf seiner Reise nach New York wahrscheinlich eher als Randnotiz wahrgenommen haben. Seine Rede vor dem UN-Sicherheitsrat, in der er Putin scharf anging, stand im Mittelpunkt. Zum Star der Sitzung wurde aber Edi Rama. Der albanische Präsident ist derzeit Vorsitzender des Rats und nordete den russischen Gesandten in bemerkenswerter Art und Weise ein, als dieser sich über die Rede von Selenskyj echauffierte. Kristina Dunz war dabei.
Eine außenpolitische Evergreen-Debatte dreht sich um einen ständigen Sitz Deutschlands im Sicherheitsrat. Diesen forderte jetzt auch Selenskyj. Ebenfalls nicht neu ist die Problematik der Veto-Mächte. Russland kann als solche jede wirklich wirksame Entscheidung des Rates blockieren. Nicht nur die Ukraine fordert deshalb eine Aberkennung des russischen Veto-Rechts. Deutsche Regierungen setzen sich bereits seit langem für eine grundlegende Reform des Sicherheitsrats ein. Dass dies möglich ist, meint die FAZ. Warum das Vorhaben eher unrealistisch ist, erklärt die Rundschau aus der gleichen Main-Metropole.
Auch Scholz‘ Außenministerin Annalena Baerbock fand letzte Woche klare Worte: Der chinesische Präsident Xi sei “ein Diktator”. Das Echo aus Peking war erwartbar, dies sei eine “offene Provokation”, außerdem wurde die deutsche Botschafterin Patricia Hildegard Flor in Peking einbestellt.
- CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen fand Baerbocks Äußerung zwar inhaltlich richtig, aber taktisch unklug.
- Unterstützung bekam sie hingegen aus SPD und FDP. Das RND fasst die Debatte hierzulande zusammen.
- Ob Baerbock – immerhin Völkerrechtlerin – mit ihrer Behauptung recht hat, analysiert der Tagesspiegel (€) mit Blick auf die chinesische Verfassung.
Innenpolitisch wird es in zwei Wochen bei den Landtagswahlen in Bayern und Hessen spannend. Im Süden liegt die CSU in den Umfragen nach wie vor auf einem Rekordtief. Historisch gut war hingegen das Wahlergebnis von Markus Söder beim CSU-Parteitag in München: Mit 96,6 % der Delegiertenstimmen stellte er seinen persönlichen Rekord als Vorsitzender auf – kurz vor der Wahl ein wichtiges Signal der Geschlossenheit (auch wenn er die Rekordwerte von Franz Josef Strauß & Co damit noch nicht ganz erreicht).
- Der Bayerische Rundfunk hat den Parteitag analysiert.
- Zuletzt sorgte nicht die CSU, sondern ihr Koalitionspartner für Schlagzeilen. Wie sich Söder hinsichtlich der Freien Wähler auf dem Parteitag positionierte, erläutert die Tagesschau.
- Eine Minderheitenpartei für Dänen im bayerischen Landtag? Zumindest theoretisch wäre das für den SSW möglich, wie der Münchener Merkur weiß.
In Hessen sieht es für den konservativen Amtsinhaber hingegen besser aus. So kann die CDU derzeit mit 29 % und einem klaren Sieg rechnen.
- Warum Boris Rhein selbst als Ministerpräsident bei den hessischen Bürger:innen wenig präsent zu sein scheint, weiß der Spiegel (€) in einem Porträt des aktuellen Amtsinhabers.
- SPD-Spitzenkandidatin Nancy Faeser muss sich indes weiterhin für ihr Vorgehen hinsichtlich des ehemaligen BSI-Präsidenten Schönbohm verteidigen. Nun sind neue vertrauliche Unterlagen aufgetaucht – bereits aus dem Juni 2022.
- Warum die SPD einen falschen Passus aus ihrem Wahlprogramm streichen musste, weiß die Frankfurter Rundschau.
Die beiden Landtagswahlen dürften Sahra Wagenknecht und Boris Palmer auch interessiert verfolgen. Die beiden enfants terribles ihrer jeweiligen (ehemaligen) Parteien trafen sich in Berlin zu einem „vertraulichen“ Gespräch. Aber nicht irgendwo, sondern im Café Einstein Unter den Linden. Genau genommen auch nicht darin, sondern davor. Und als ob das nicht für das demonstrativstmögliche “Wir wollen gesehen werden” reicht, gab es dann auch noch entsprechende Social Media-Posts. Felix Hackenbruch hat mit Palmer über sein Treffen und die Chancen einer Wagenknecht-Partei gesprochen. Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow hat eine Meinung dazu: „Gründe deine Partei, aber dann mache es jetzt!“, ließ er Wagenknecht wissen.
Mit den besten Grüßen zum Wochenstart
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Rund 8 % der Menschen in Deutschland teilen ein manifest rechtsextremes Weltbild, über 6 % wünschen sich eine Diktatur mit einem starken Führer. Diese Ergebnisse stellte die Friedrich-Ebert-Stiftung vergangene Woche in ihrer neuen „Mitte-Studie“ vor. Die im zweijährlichen Rhythmus erscheinende Untersuchung analysiert die Verbreitung rechtsextremer und demokratiefeindlicher Einstellungen und basiert auf einer repräsentativen Umfrage. In der aktuellen Studie hat sich der Anteil rechtsextremer Einstellungen im Vergleich zu den Vorjahren…
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12,2 % beträgt der Anteil ostdeutscher Personen in den Eliten Deutschlands. Dazu werden Menschen in Führungspositionen in Bereichen wie Wirtschaft, Politik, Verwaltung oder Medien gezählt. Den Anteil ostdeutscher Personen in diesen Positionen hat der “Elitenmonitor” im Auftrag der Bundesregierung analysiert, der nun von den Studienautor:innen gemeinsam mit dem Ostbeauftragten Carsten Schneider vorgestellt wurde. Für den Monitor wurden über vier Jahre hinweg rund 3.000 Spitzenpositionen dahingehend ausgewertet, welche Herkunft die Personen haben….
Weltweit steigt die staatliche Unterdrückung von Protesten. Dies verdeutlicht die “Protest Map” von Amnesty International. Diese neue interaktive Karte zeigt auf, mit welchen Menschenrechtsverletzungen Demonstrierende sich weltweit konfrontiert sehen. Demnach werden zunehmend unrechtmäßige Gewalt sowie repressive Gesetze beobachtet. Erstmals ist auch Deutschland auf der Karte vertreten, weil die Versammlungsfreiheit eingeschränkt wird: z.B. durch die Versammlungsgesetze in Nordrhein-Westfalen und Hessen, aber auch durch übermäßige Polizeigewalt bei den Klimaprotesten in Lützerath oder den…
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Ronen Steinke
Verfassungsschutz. Wie der Geheimdienst Politik macht
Der Verfassungsschutz gerät in Deutschland immer wieder in die Schlagzeilen. Spätestens seit dem Bekanntwerden des NSU-Komplexes ist er bei vielen umstritten – und das noch vor dem Wirken von Hans-Georg Maaßen als Präsident des Bundesamts (2012-2018). Dessen Fall und weitere Aspekte des Verfassungsschutzes thematisiert Ronen Steinke in seinem Buch. Im Stil einer Reportage geht der Jurist und Journalist der Leitfrage nach, ob dieser – im Vergleich westlicher Staaten so besondere – Geheimdienst die Demokratie tatsächlich schützt oder sie nicht eher schädigt.
Dabei betrachtet er unter anderem die Befugnisse und Arbeitsweisen, das V-Leute-System, die Überwachung in den sozialen Medien, die historische DNA des Amtes und das Vorgehen gegen verschiedene politische Gruppen wie die AfD oder Klimaaktivisten. Steinke zeichnet insgesamt das Bild einer mit Personal und Aufgaben überfrachteten Behörde, die häufig auch legale politische Aktivitäten beobachtet. Er kritisiert dies als undemokratisches Vorgehen und nimmt zudem die politische Abhängigkeit des Geheimdienstes in den Blick. Sein Lösungsvorschlag: Der Verfassungsschutz sollte in seiner jetzigen Form aufgelöst werden und allein Polizei und Staatsanwaltschaften sollten gegen illegale politische Bestrebungen vorgehen.
Alle Buchempfehlungen finden Sie auch unter www.politbooks.de.
Türkise Grüße aus Wien
Dass sich Sebastian Kurz über die neue Farbauswahl der CDU freut, ist nicht verwunderlich – hat er doch mit türkis einst das Kanzleramt in Wien erobert. Auch wenn seine beiden Amtszeiten nur kurze Intermezzi geblieben sind.
Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen
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