Liebe Leserin, lieber Leser,
72 Stunden – so lange hat Olaf Scholz bisher kein anderes Land als Bundeskanzler besucht. Mit seinem neuen TikTok-Account im Gepäck ging es ins Mutterland des Betreiberunternehmens ByteDance nach China. Datenschutz und Cybersicherheit waren dabei aber bei weitem nicht die konfliktärsten Themen: vom Umgang mit Russland über den Nahost-Konflikt bis zu widerstreitenden Handelsinteressen gab es hinreichend Gesprächsstoff.
- Warum Scholz sich in China schwer getan hat, analysiert Diana Zimmermann beim ZDF.
- Zu Scholz’ Delegation nach Peking gehörten neben den Minister:innen Özdemir, Wissing und Lemke auch rund ein Dutzend Top-Manager:innen, wie die Süddeutsche weiß.
- Was bei einem Besuch bei der (kommenden) Supermacht laut Warnung des Verfassungsschutzes wegen Spionagegefahr auch für einen Bundeskanzler beachtet werden sollte, erklärt die Berliner Morgenpost.
- Heute wurde zudem bekannt, dass die Bundesanwaltschaft drei Deutsche wegen mutmaßlicher Spionage für den chinesischen Geheimdienst festnehmen lassen hat. In London wurde außerdem Anklage gegen den Parlamentsmitarbeiter Chris Cash wegen Spionage erhoben.
Damit steht Peking seinen Freunden aus Moskau in nichts nach. Auch hier gibt es einen neuen Spionageverdacht: In Bayern sind zwei mutmaßliche russische Spione festgenommen worden, die US-Militärbasen in Deutschland ins Visier genommen haben sollen.
- Einen Überblick über die Festnahmen und deren Hintergründe bietet die Zeit in Form eines FAQs.
- Der BR porträtiert einen der beiden festgenommenen Russlanddeutschen aus Sicht seiner Nachbar:innen.
- Beide Verdächtige sind sogenannte „Russlanddeutsche„. Über deren schwierige Rolle und Geschichte schreibt Inna Hartwich für die NZZ.
- Wie die Festnahme auch die Spekulationen über zwei Vorfälle auf Militäranlagen in Großbritannien und den USA neu entfacht, erklärt die Frankfurter Rundschau.
Ob die Enthüllungen einen Einfluss auf die Entscheidung des US-Kongresses hatten, der Ukraine (sowie Israel und Taiwan) neue Waffen zu liefern, darf bezweifelt werden. Aber das neueste Waffenpaket aus den USA ist dennoch ein wichtiges Signal. Nicht nur aufgrund der schieren Größe von 57 Milliarden €. Auch im derzeitigen Wahlkampf ist die parteiübergreifende Entscheidung eine Niederlage für Putins Spalterei: Kein einziger Demokrat stimmte dagegen, bei den Republikanern bildeten sich zwei fast gleich große Pro- und Contra-Lager.
- Welche Waffen nun genau geliefert werden, fasst die Tagesschau zusammen. Die konkreten Ausgabepläne der Ukraine kennt zudem die Welt.
- Die Reaktionen aus Kyjiw und Moskau sowie von weiteren Staatschefs fielen gemischt aus.
- Maßgeblich verantwortlich dafür, dass die Republikaner für das Paket und gegen die Trump-Linie gestimmt haben, war der Sprecher des Repräsentantenhauses Mike Johnson. CNN analysiert seine Rolle und seinen Sinneswandel.
- Zur Bedeutung von Donald Trump für die Abstimmung hat sich das ZDF Gedanken gemacht.
Der umstrittene Ex-Präsident hat sowieso erstmal andere Probleme: Sein Prozess wegen Vertuschung einer angeblichen Schweigegeldzahlung an eine Pornodarstellerin nimmt Fahrt auf. Es handelt sich um den ersten Strafprozess gegen einen ehemaligen US-Präsidenten in der Geschichte des Landes.
- Die Auswahl der Jury war schwierig. Wie der Entscheidungsprozess ablief und was über die 12 Juror:innen bekannt ist, fasst die Frankfurter Rundschau zusammen.
- Der zuständige Richter Juan Merchan hat bereits eine “Bilderbuch-Laufbahn” hinter sich, weiß die Berliner Morgenpost.
- Neben juristischen hat Trump offenbar auch körperliche Probleme: Laut der Morgenpost wird der Prozess durch Trumps Blähungen zusätzlich erschwert.
- Warum nun auch die Hinterlegung der Kaution in einem weiteren drohenden Prozess gegen Trump für Ärger sorgt, erklärt der Spiegel.
Ebenfalls vor Gericht muss sich derzeit Björn Höcke verantworten. Ihm wird Volksverhetzung durch die Verwendung der SA-Parole “Alles für Deutschland” bei Wahlkampfauftritten vorgeworfen. Sollte er verurteilt werden, könnte er sein passives Wahlrecht verlieren, was Auswirkungen auf seine Kandidatur bei den Thüringer Landtagswahlen haben würde. Warum der Prozess jedoch auch zum “Opfermythos” für Höcke werden dürfte, erklärt der Rechtsextremismus-Experte Dierk Borstel beim DLF. Auch unabhängig von Höcke kam es im letzten Jahr zu deutlich mehr rechtsextremen Straftaten, wie aktuelle Zahlen des Innenministeriums zeigen.
Keine juristische, aber eine politische und gesellschaftliche Aufarbeitung soll es zur Corona-Pandemie geben. So erwägt die Ampel, einen entsprechenden Bürgerrat einzuberufen.
Kommuniziert werden könnte dieses Vorhaben dann auch über den neuen Whatsapp-Kanal der Bundesregierung: Dieser wurde vergangene Woche gestartet und soll nun über aktuelle Entscheidungen und Pläne der Bundesregierung informieren – neben Scholz’ TikTok-Präsenz eine weitere bislang unerprobte Kommunikationsoffensive.
Mit den besten Grüßen zum Wochenstart
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Christian R. Ulbrich & Bruno S. Frey
Automated Democracy
Welchen Einfluss hat die fortschreitende Digitalisierung auf die Demokratie und auf staatliche Institutionen? Und was muss getan werden, damit die angestoßene Entwicklung hin zu einem digital-technologischen Staat, der allen dient, gelingt? Christian R. Ulbrich und Bruno S. Frey erklären in ihrem erhellenden Buch die grundlegenden digitalen Dynamiken sowie die Risiken und Chancen, die mit dem digitalen Staat einhergehen. Sehr wahrscheinlich werden etwa administrative digitale Plattformen entstehen, die als Gatekeeper ähnlich dominant sein könnten wie die Unternehmen aus dem Silicon Valley. Zudem machen die beiden Wissenschaftler konkrete Vorschläge zur Stärkung der demokratischen Institutionen: Sie plädieren z.B. dafür, die Parlamente technologisch aufzurüsten, Standards der dezentralen Digitalisierung im Sinne des Föderalismus zu fördern, das IT-Outsourcing mit Blick auf die staatliche digitale Souveränität zu begrenzen, Algorithmen einzuhegen sowie menschliche und künstliche Hoheitsbereiche zu definieren.
Alle Buchempfehlungen finden Sie auch unter www.politbooks.de.
Fuchs findet Hundt
Neben der Europa- rücken auch mehrere Kommunalwahlen immer näher, wie man an vielen Orten an den ersten Wahlplakaten merkt. Ein besonders schönes, weil mit selbstironischem Wortspiel versehenes Exemplar aus Jena präsentiert der Hamburger Wahlbeobachter Martin Fuchs hier dem Twitter-Publikum.
Mercator Institute for China Studies
Das Mercator Institute for China Studies (MERICS) ist ein unabhängiger Think Tank und gleichzeitig das größte Forschungsinstitut Europas, das sich ausschließlich mit der Analyse des aktuellen Chinas und seiner Beziehungen zu Europa und der Welt beschäftigt. Dabei vermittelt MERICS Erkenntnisse aus der China-Forschung in die Öffentlichkeit und an Entscheidungsträger:innen aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Geleitet wird das MERICS, das von der Stiftung Mercator initiiert und gefördert wird, von Direktor Mikko Huotari. Sitz des Instituts ist Berlin und Brüssel.
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