Liebe Leserin, lieber Leser,
sie hat es getan, beziehungsweise wird es tun: Der Verein “BSW – Für Vernunft und Gerechtigkeit”, ein Akronym für das Bündnis Sahra Wagenknecht, wurde heute Vormittag in der Bundespressekonferenz vorgestellt (Live-Mitschnitt). Damit besteht in der langjährigen Entfremdung des Wagenknecht-Lagers von der Linken nun endlich Klarheit: Es wird eine neue “linke” Partei in Deutschland geben, dessen Vorstufe der Verein ist. Was genau das bei Wagenknechts Positionen heißt, ist nicht ganz einfach. FES-Experte Marc Saxer hat dennoch versucht, die bisher bekannten Positionen des BSW im Vergleich zu den anderen Parteien im politischen Koordinatensystem einzuordnen.
Das BSW wird voraussichtlich bei den Europawahlen im kommenden Jahr antreten und darf sich durchaus Erfolgschancen ausrechnen. Das Wählerpotenzial (“Könnten Sie sich vorstellen die Partei zu wählen?”) liegt laut INSA bei 27 %. Auch wenn es müßig ist, zu erwähnen, dass die Abfrage von nicht-existenten Parteien nur geringe Aussagekraft besitzt, liefert die Umfrage zumindest Anhaltspunkte, wer sich vom BSW angesprochen fühlen könnte: Für 40 % der AfD-Wähler:innen und 32 % der Ostdeutschen ist die neue Wagenknecht-Partei eine Alternative. Warum es gerade die AfD mit der Angst zu tun bekommen wird, erklärt Nikolaus Doll bei der WELT.
Bitter ist die Abspaltung für die Linke und vor allem für die Bundestagsfraktion, die ihren Status verliert, wenn Wagenknecht und die BSWler auch ihre Mandate mitnehmen. Neben Wagenknecht müsste nur ein weiteres MdB gehen, um die Grenze zu unterschreiten, womit auch 108 Mitarbeiter:innen arbeitslos wären.
- Die Zeit berichtet aus einer Fraktion in Endzeitstimmung und schlüsselt die 38 MdBs der Linken in die verschiedenen Lager auf, bei denen die Wagenknecht-Gruppe mit 13 Mitgliedern die stärkste Rolle hat.
- Schon vor ein paar Tagen ist Thomas Lutze zur SPD gewechselt.
- Diese hat in Person von Lars Klingbeil bereits Einladungen an ehemalige Linken-Mitglieder ausgesprochen.
Jedoch scheint auch ein Kompromiss im Sinne der Fraktion möglich: Insgesamt neun Abgeordnete inklusive Wagenknecht und Amira Mohamed Ali sind heute zwar aus der Linken ausgetreten, wollen aber Teil der Bundestagsfraktion bleiben. Ob diese Idee tragfähig ist, wird sich zeigen.
Die Parteiführung der Linken macht trotzdem ernst: Einen 5-Punkte-Plan als Reaktion auf die Neugründung gibt es schon. Dieser sieht vor allem Parteiausschlüsse für all diejenigen vor, die an der Gründung mitarbeiten. Der Tagesschau liegt das Papier exklusiv vor. Weitere Hintergründe:
- Den Bruch zwischen Wagenknecht und der Partei zeichnet Birgit Wärnke in ihrer sehenswerten gleichnamigen ARD-Doku nach.
- Wie der relativ stabile Berliner Landesverband reagiert, hat der RBB untersucht.
- Warum die Abspaltung eine Bankrotterklärung des linken Lagers ist, kommentiert Simon Poelchau bei der taz.
- Wer der Millionär Ralph Suikat im BSW-Gründungsteam ist, hat die FAZ recherchiert.
- Es ist nicht die erste außerparteiliche Initiative von Wagenknecht. Wie die Sammelbewegung “Aufstehen” vor vier Jahren gescheitert ist, hatte damals bereits der Spiegel beschrieben.
- Die neue Partei werde die Grünen wohl zum Hauptgegner ausrufen, prognostiziert Horst Kahrs von der Rosa-Luxemburg-Stiftung bei Table.Media.
Ein Szenario ist dabei nicht unrealistisch: Dass in vielen Parlamenten und besonders im Bundestag bald gar keine Partei mehr links von SPD und Grünen sitzt, weil sie sich gegenseitig die Stimmen wegnehmen und an der 5-Prozent-Hürde scheitern. Mit Blick auf den einzigen Ministerpräsidenten der Linken gibt es für die Thüringen-Wahl schon Überlegungen, dass das BSW dort nicht antritt.
Die SPD kann – wie alle Ampel-Parteien – derzeit nicht nur neue Mitglieder, sondern vor allem mehr Zustimmung gebrauchen. Die neuesten Umfragen (siehe Wahltrend) verschärfen die Krise der Ampel, während die Union einen Satz nach oben macht. Die FDP landet teilweise bei 4 % und nicht wenige fragen sich, wann die FDP die Ampel platzen lässt. Markus Söder nutzt die Gelegenheit derweil für ein “unmoralisches Angebot”. Bei Union und Grünen standen am Wochenende außerdem die Bundestreffen der Nachwuchsorganisationen an, die Tagesschau fasst jeweils zusammen, wie es bei Junger Union und der Grünen Jugend läuft.
Der Konflikt in Israel wird derweil immer mehr zu einem Krieg der Bilder und Desinformationen, wie die letzte Woche eindrücklich gezeigt hat: Nach einem Raketeneinschlag bei einem Krankenhaus in Gaza hatten viele Medien und Nachrichtenagenturen die Behauptungen der Hamas ungeprüft übernommen und als Fakt dargestellt, mussten sich tags darauf aber korrigieren. Kritik dafür bekamen in Deutschland besonders die öffentlich-rechtlichen Sender ab, selbst von eigenen Kolleg:innen wie Jan Schippmann oder Andrea Kiewel. Wie es dazu kommen konnte, dass viele Medien falsche oder ungenügend geprüfte Informationen übernommen haben, hat Ralf Heimann beim MDR rekonstruiert. Weitere Hintergründe zu kommunikativen Aspekten des Konflikts:
- Bernhard Pörksen beschreibt in der aktuellen APuZ die publizistische Verantwortung der Medien und sozialen Netzwerke und entwirft eine konkrete Utopie für die digitale Diskurskultur.
- Ebenfalls in der APuZ widmet sich Meron Mendel den Opferkonkurrenzen und unterschiedlichen Haltungen in Deutschland zum Nahostkonflikt.
- Die erste Berichterstattung zum Gaza-Krankenhaus hatte sofort wütende Proteste, z.B. in Berlin, hervorgerufen. Wie weit die Meinungsfreiheit bei Pro-Palästina-Äußerungen geht, thematisiert die Tagesschau in einem FAQ.
- Für Aufregung sorgte zudem Greta Thunberg mit Protestaufrufen für Palästina. Der Volksverpetzer erklärt, was daran problematisch ist.
- Gestern fand eine große Solidaritätskundgebung für Israel am Brandenburger Tor statt, bundesweit und international gab es aber auch viele Pro-Palästina-Demos.
Wie sich die Lage vor Ort anfühlt, wenn die Hamas Raketen auf Israel feuert, erlebte Olaf Scholz am Dienstag auf dem Rollfeld von Tel Aviv, bevor sein Regierungsflieger nach Kairo weiterreisen konnte.
Mit den besten Grüßen zum Wochenstart
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- Praktikum „Politikbetrieb im digitalen Wandel“Praktikum „Politikbetrieb im digitalen Wandel“polisphere GmbH | Berlin, Deutschland | Bewerbungsfrist: laufend | Beratung, Kommunikation & Social Media, Projektmanagement, Research
- Berater:in/Projektmanager:in Publishing für NGOs und Verbände (m/w/d)Berater:in/Projektmanager:in Publishing für NGOs und Verbände (m/w/d)ADVERB – Agentur für Verbandskommunikation | Berlin, Deutschland | Bewerbungsfrist: laufend | Kommunikation &…
- Textsichere:r Konzepter:in Corporate Publishing für NGOs und Verbände (m/w/d)Textsichere:r Konzepter:in Corporate Publishing für NGOs und Verbände (m/w/d)ADVERB – Agentur für Verbandskommunikation | Berlin, Deutschland | Bewerbungsfrist: laufend |…
- Finanz- und Fördermittelmanager:in (m/w/d)Finanz- und Fördermittelmanager:in (m/w/d)Initiative Offene Gesellschaft e. V. | Berlin, Deutschland | Bewerbungsfrist: laufend | Administration & Büromanagement, Finanzen &…
- Referentin oder Referent Energy & Smart Grids (m/w/d)Referentin oder Referent Energy & Smart Grids (m/w/d)bitkom e.V. | Berlin, Deutschland | Bewerbungsfrist: laufend | Referent:in
Über 40 % der deutschen Journalist:innen haben Sorge, dass Angriffe gegen Journalist:innen nicht bestraft werden. Zudem sehen sich viele mit einem hohen Maß an Stress sowie Online-Beleidigungen und Herabwürdigungen ihrer Arbeit konfrontiert. Zu diesen Ergebnissen kommt eine aktuelle Studie des Hans-Bredow-Instituts. Bei einer Befragung von rund 1.200 Journalist:innen zeigte sich, dass deutsche Journalist:innen überwiegend männlich sind und meist einen akademischen Hintergrund haben. Die nun veröffentlichten Ergebnisse präsentieren dabei lediglich…
Wofür verwenden Minister:innen Geschenke und Preisgelder, die sie im Rahmen ihrer Arbeit erhalten? Eine Anfrage von Abgeordnetenwatch an die Bundesregierung liefert Antworten. So spendete etwa der frühere Innenminister Wolfgang Schäuble im Laufe seiner Amtszeit Preisgelder an die Welthungerhilfe, die Point-Alpha-Stiftung und das Deutsche Rote Kreuz. Der heutige Bundespräsident und ehemalige Außenminister Frank-Walter Steinmeier ließ monetäre Gewinne dagegen z.B. der Berliner Obdachlosenarbeit, der Hochschule für Jüdische Studien und dem Flüchtlingsnetzwerk…
Durchschnittlich 16 Demonstrationen und Versammlungen pro Tag gab es zwischen 2018 und 2023 in Berlin. Dies nahm der Tagesspiegel zum Anlass, einen Demo-Atlas für die Hauptstadt zu entwickeln: Auf einer interaktiven Karte wird sichtbar, welche Demos in welchen Kiezen besonders viele Teilnehmende erreichten und mobilisierten. Der Atlas lässt sich auch nach Themen wie Bildung, Corona oder Ukraine-Krieg filtern. Besonders in Berlin-Mitte wird dabei viel demonstriert, rund ein Drittel aller…
Rechtsextreme und konspirative Akteure nutzen besonders häufig das dezentralisierte Social Web, um ihre Inhalte zu verbreiten und schädliche Verhaltensweisen auszuüben. Dazu dienen etwa Plattformen wie PeerTube-Instanzen oder Odysee. Zudem können auch Large Language Models durch böswillige Akteure ausgenutzt werden, um etwa Fehl- und Desinformation zu erzeugen. Diese Erkenntnisse liefert ein Bericht des Institute for Strategic Dialogue, der sich mit dem Thema Neue Plattformen und Technologien befasst. Er wurde durch…
Kommunale Teilhabe von Jugendlichen muss gestärkt werden – so der Demokratie-Hub Faktor D, der das Thema zu seiner ersten “Mission” gemacht hat. Rund um das Thema “Generation Mitgestaltung – Erfolgsfaktor Jugend auf kommunaler Ebene” sollen innovative Lösungsansätze entwickelt werden, die eine bessere Partizipation junger Menschen in der Kommunalpolitik ermöglichen. Dabei kann sich im Rahmen eines Open Calls noch bis zum 14. November jede:r bewerben, um im Anschluss beim Faktor…
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Thomas Lux, Steffen Mau, Linus Westheuser
Triggerpunkte. Konsens und Konflikt in der Gegenwartsgesellschaft
Ob Migration, Klimaschutz, Umverteilung oder Gendern: Deutschland gilt bei vielen aktuellen politischen Themen als gespaltene Gesellschaft. Doch wie weit liegen die Meinungen in der Bevölkerung wirklich auseinander? Dieser Frage gehen die Soziologen Thomas Lux, Steffen Mau und Linus Westheuser in ihrem Buch auf den Grund.
Die Autoren untersuchen ausgehend von den verbreiteten Spaltungsdiagnosen die Einstellungen der Bevölkerung in vier „Arenen der Ungleichheit“: Oben-unten- (Armut und Reichtum), Innen-Außen- (Offenheit gegenüber Migration), Wir-Sie- (Anerkennung von Diversität) und Heute-Morgen-Ungleichheiten (Klimaschutz). Dabei kommen sie zu dem überraschenden Ergebnis, das im internationalen Vergleich in Deutschland häufig ein breiter Grundkonsens herrscht, etwa zur Gleichstellung. Eine Verschärfung der öffentlichen Debatte erfolge jedoch immer dann, sobald bestimmte Triggerpunkte berührt werden – besonders durch mediale und politische „Stimmungsmache“, meist von den politischen Rändern, aber zunehmend auch aus der Mitte. So wird deutlich, wer eigentlich mit wem worüber streitet und Ungleichheitskonflikte schüren möchte. Spannend wäre es darüber hinaus, zu erfahren, wie die Befunde der Autoren bei außenpolitischen Fragen, z.B. zur Ukraine oder Israel, ausfallen würden, die im Buch leider nicht vorkommen.
Alle Buchempfehlungen finden Sie auch unter www.politbooks.de.
Insta-Bromance zwischen Al-Hanak und Amthor
Muhanad Al-Halak (FDP) und Philipp Amthor (CDU) trennen zwar drei Jahre und die Oppositionsbank, dennoch schätzen sich die beiden Bundestagsabgeordneten. Dazu gehört auch mal eine kollegiale Hopsnahme wie dieses Meme von Al-Hanak auf Instagram zeigt.
Rosa-Luxemburg-Stiftung
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