Srebrenica, Aleppo, Butscha

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Editorial: Srebrenica, Aleppo, Butscha +++ Meldungen: Vielfalt in öffentlicher Verwaltung, Warum Nichtwähler:innen nicht wählen, de’ge’pol fragt nach Gehältern, Stiftungsförderung für Protest, Amnesty Jahresbericht u.a. +++ Wahltrend: Kaum Bewegungen in den Umfragen +++ Buch: Reißleine. Wie ich mich selbst verlor – und wiederfand +++ Tweet: Ein großer Mann +++ Jobs: Berater:in (WE DO), Fellowships für Ukrainer:innen, Freelancer:in (politjobs), Volontärin (bitkom) u.a. +++ Events: Hungary after parliamentary elections,  Wer macht das Rennen in NRW?, Integration und Partizipation im Einwanderungsland u.a. +++ Stakeholder: Human Rights Watch

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Liebe Leserin, lieber Leser,

es gibt Ortsnamen, die sich in unser kollektives Gedächtnis als Symbole für den Schrecken des Krieges und unvorstellbare menschliche Grausamkeit eingebrannt haben: Srebrenica, Aleppo, Grosny, um nur ein paar Beispiele aus der jüngeren Geschichte aufzuzählen. Gleichzeitig stehen diese Namen auch für das Versagen einer internationalen Gemeinschaft. Für die Unfähigkeit, Kriegsverbrechen und Völkermord zu verhindern. Zu dieser Liste wird seit gestern wohl auch der Kiewer Vorort Butscha gehören.

Die Stadt war für rund vier Wochen von den russischen Streitkräften besetzt und wurde nun von der ukrainischen Armee befreit. Was diese vorfand, sind Belege für entsetzliche Kriegsverbrechen: Wahllos ermordete und exekutierte unbewaffnete Zivilisten, Berichte über Vergewaltigungen und selbst erschossene Hunde in Tierheimen.
  • Was wissen wir über die Kriegsverbrechen von Butscha? Das ZDF beantwortet die wichtigsten Fragen.
  • Human Rights Watch fasst in einem ausführlichen Bericht in englischer Sprache viele der dort und anderswo geschehenen Kriegsverbrechen zusammen. [Hinweis: explizite Schilderung von Gewaltverbrechen]
  • t-online mit Video-Statements der überlebenden Anwohner:innen von Butscha.
  • Die Bilder der Grausamkeiten sind schwer zu ertragen, aber sie haben ihre Wirkung. Über die Funktion von Kriegsbildern und die “visuelle Rüstungsspirale” schrieb Prof. Gerhard Paul schon 2009 eine lesenswerte Abhandlung in der APuZ.
  • Die russische Botschaft in Berlin versucht getreu der Kreml-Linie, jegliche Verantwortung abzustreiten und die Berichte als Provokation und Fabrikation abzutun (Tweet). FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hatte eine klare Antwort darauf (Tweet).

Mit der jüngsten Gegenoffensive der Ukraine und jedem verlustreichen Tag des Krieges stellen sich Beobachtende die Frage, wie sich die russische Führung so katastrophal verkalkulieren konnte. Ein einfacher Grund könnte pure Angst sein.

  • Selbst seine engsten Berater sollen dem russischen Präsidenten Putin aus Furcht vor Konsequenzen Falschinformationen über den Verlauf des Krieges vorlegen, wie der Tagesspiegel berichtet.
  • Selbst eine vom Multimilliardär Roman Abramowitsch persönlich überbrachte Nachricht des ukrainischen Präsidenten soll einen Wutausbruch Putins hervorgebracht haben.
  • Was Putins engster Kreis fürchten muss, vor allem wenn der Krieg verloren geht, hat Russlandexperte Gerhard Mangott in einem Gastbeitrag im Focus beleuchtet.

„Wer die Gewalt als seine Methode proklamiert hat, muss die Lüge zu seinem Prinzip machen“, konstatierte Alexander Solschenizyn schon 1973 in seinem Werk “Der Archipel Gulag”. Seine Analyse trifft auch heute noch zu. Zensur und Desinformation sind auch maßgeblich für die öffentliche Debatte in Russland.

  • Christian Stöcker schaut zurück auf 20 Jahre mediale Gleichschaltung und staatliche Propaganda im System Putin.
  • Über das neue “Disinformation Situation Center” von RESET und der Alfred Landecker Foundation, das die Verbreitungswege russischer Desinfromationen analysiert, berichtet Lara Kirschbaum für die FAZ.
  • Erst letzte Woche hat das wohl letzte größere kremlkritische Blatt Nowaja Gaseta den Betrieb eingestellt.
  • Als Journalismus maskierte Propaganda dient auch als Quelle der russischen Bevölkerung über den Krieg in der Ukraine. Nils Metzger stellt den Kreis russischer Propagandist:innen, die von der Front „berichten”, für das ZDF vor.
  • Dass aber auch herausragender Mut im russischen Journalismus zu finden ist, zeigt eine Kolumne von Michail Sygar.

Währenddessen wird zäh verhandelt. Die durchaus eigenartige Rolle von Roman Abramowitsch in den Verhandlungen beleuchtet Christopher Stolz für den Tagesspiegel.

Der russische Angriff auf Kiew gilt unter Militärexpert:innen seit diesem Wochenende als abgewehrt. Damit besteht auch für das Weiterbestehen eines souveränen ukrainischen Staats wieder mehr Hoffnung. Eine Einführung zur Geschichte der modernen Staatlichkeit der Ukraine bietet Andrii Portnov für die Konrad-Adenauer-Stiftung.

 

Mit den besten Grüßen zum Wochenstart

Philipp Sälhoff

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Behörden: Vielfalt in der öffentlichen Verwaltung nimmt langsam zu

Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund sind in der öffentlichen Verwaltung weiterhin deutlich unterrepräsentiert. Das geht aus einer Untersuchung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) hervor. Zwar sind immer mehr von ihnen in der Bundesverwaltung beschäftigt. Doch bleibt der Anteil von Frauen mit 40,0 % weiter unterdurchschnittlich (2009: 35,4 %). Der Anteil von Beschäftigten mit Migrationshintergrund stieg ebenfalls nur langsam von 7,6 % (2009) auf 11,8 % (2019).

Parteien und Parlamente: Warum Nicht-Wähler:innen nicht wählen

Lediglich 25 % derjenigen, die bei der letzten Bundestagswahl nicht wählten, haben sich dauerhaft gegen die Wahrnehmung ihres Wahlrechts entschieden, so eine Umfrage der Agentur Pollytix (€). Gründe sind u. a. fehlendes politisches Interesse und Zeitmangel. Viele fühlen sich außerdem von keiner Partei richtig vertreten. Die Entscheidung geht vor allem auf Lasten der SPD und der Grünen, die für 35 % (SPD) beziehungsweise 24 % (Grüne) der Nichtwähler:innen infrage kommen würden. Aber auch AfD (17 %) und Linke (10 %) sind unter Nichtwähler:innen überproportional beliebt.

Public Affairs: Gehaltsstudie der de’ge’pol gestartet

Die Deutsche Gesellschaft für Politikberatung (de’ge’pol) führt derzeit ihre jährliche Gehaltsstudie im Public Affairs Bereich durch. Neben der Vergütungsstruktur beschäftigt sich ein zweiter Teil der Umfrage auch mit der Rolle von Karriereentwicklung, Teilhabe und Repräsentanz innerhalb der Branche. Dieser wird in Kooperation mit dem Netzwerk für Frauen in der Politikberatung de’ge’pol W, der Quadriga Hochschule und der Public Affairs Spezialistin und #30unter30-Preisträgerin Beatrice Graupner durchgeführt. Interessierte können noch bis zum 8. April teilnehmen.

Zivilgesellschaft: Stiftung bietet Protestförderung

Die Bewegungsstiftung wartet derzeit wieder mit einer Förderung für politische Aktivist:innen auf. Initiativen und Organisationen können sich noch bis zum 5. April bewerben. Voraussetzung ist der Einsatz für einen gesellschaftlichen, politischen oder wirtschaftlichen Wandel. Wer sich durchsetzt, darf mit fachkundlicher Beratung, Vernetzung und einer finanziellen Unterstützung von bis zu 15.000 Euro rechnen.

Menschenrechte: Amnesty beklagt mehr Menschenrechtsverstöße

Weltweit wurden im vergangenen Jahr mehr Kriegsverbrechen, Völkerrechts- und Menschenrechtsverletzungen registrierte, so Amnesty International. Die NGO beklagt insbesondere, dass Verstöße vor allem in Syrien, im Jemen und in Afrika nicht sanktioniert wurden. Dies sei in vielen Fällen ein Nährboden für weitere Eskalation und bewaffnete Auseinandersetzungen gewesen. Zudem werde inzwischen in jedem zweiten Land die unabhängige Zivilgesellschaft eingeschränkt oder drangsaliert, so Amnesty.

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Der pollytix-Wahltrend zur Sonntagsfrage, Vorwochenvergleich in gefärbten Zahlen. Die Angaben berechnen sich aus dem gerichteten Mittel aller Sonntagsfragen der letzten 20 Tage. Den kompletten Wahltrend und alle Einzelumfragen finden Sie hier, mehr zur Methodologie hier.

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Dass Politker:innen in höheren Positionen freiwillig aus dem Politikbetrieb aussteigen, ist weiterhin eine Seltenheit. Dass sie anschließend über ihren Ausstieg öffentlich reflektieren, geschieht noch seltener. Doch genau dies tut Katja Suding in „Reißleine“. Die langjährige stellvertretende FDP-Vorsitzende beendete im vergangenen Jahr ihre politische Laufbahn, weil die Dauerbelastung und permanente öffentliche Beobachtung für sie als Mensch zu viel wurden. In ihrem Buch schildert sie nun die Hintergründe ihrer Entscheidung und gewährt dabei einen ehrlichen Blick hinter die Kulissen der bundesdeutschen Spitzenpolitik.

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Inmitten des andauernden Krieges in seinem Heimatland war @Klitschko, Bruder des Kiewer Bürgermeisters, in Deutschland zu Gesprächen mit der Bundesregierung. Vor dem deutschen Bundestag nahm er eine Videobotschaft auf und bedankte sich für die Unterstützung des “Bruderlandes”; damit dürfte auch erhoffte zukünftige Unterstützung gemeint gewesen sein.

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Job der Woche

WE DO sucht zum schnellstmöglichen Zeitpunkt eine:n Berater:in (w/d/m) in Hamburg und Berlin. Deine Tätigkeit umfasst die Projektleitung und Teamführung im Bereich Energie-Infrastruktur sowie die strategische Beratung von Kund:innen. Für die Stelle solltest Du mindestens 3 Jahre Berufserfahrung mitbringen und idealerweise über Know-How in Energie- bzw. Infrastrukturprojekten verfügen.

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Zwei Fellowships für ukrainische Forschende (w/d/m)

Die König-Baudouin-Stiftung vergibt zusammen mit dem European Policy Centre zwei Stipendien an ukrainische Forschende, damit diese ihre Arbeit im Ausland fortsetzen können. Die Bewerbungsfrist endet am 15. April 2022.

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Di, 05.04.2022 | 8:30-9:45 Uhr
Hungary after parliamentary elections: Results and implications for Europe
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Human Rights Watch ist eine NGO, die sich seit ihrer Gründung 1978 für den Schutz der Menschenrechte einsetzt. Zu ihren Aufgaben gehören die Untersuchung und Aufdeckung von Menschenrechtsverletzungen, aber auch die gezielte Einflussnahme auf politische Entscheidungsträger:innen. Human Rights Watch hat seinen Hauoptsitz in New York und wird seit 1993 von Kenneth Roth geleitet.

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4. April 2022