politnews – Brexit Actually

[ Mit Meldungen zu den Top Think Tanks der Welt, der politischen Dimension von Schriftarten, Ansprüchen der Politik an Führungskräfte, Korruption in Deutschland und Übergriffen gegen PolitikerInnen ]

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Freitagnacht um 24 Uhr Brüsseler und 23 Uhr Londoner Zeit war es nach dreieinhalbjähriger Hängepartie so weit: Der Brexit ist (formal) vollzogen, das Vereinigte Königreich hat die Europäische Union nach 47 Jahren verlassen. Am Donnerstag hatte das Europäische Parlament dem Austrittsvertrag zugestimmt. Danach kam es zu einem der seltenen Momente kollektiver Emotionalität im parlamentarischen Betrieb: Die Abgeordneten erhoben sich zu einem Abschiedslied an den Inselstaat.

Trotz der historischen Tragweite wird sich bis zum Ablauf der vereinbarten Übergangsfrist am 31. Dezember 2020 nicht viel ändern. Viele, insbesondere Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, bezweifeln dass dieses Zeitfenster ausreichen wird, um ein Handelsabkommen zu schließen. Zum Vergleich: Der Abschluss des CETA-Abkommens mit Kanada hat über 7 Jahre gedauert, das MERCOSUR-Abkommen ist nach 14 Jahren noch nicht unterschriftsreif. Da Boris Johnson eine Verlängerung dieser Übergangsphase ausgeschlossen hat, droht zum Ende des Jahres weiterhin der harte Brexit. Die Süddeutsche Zeitung schildert die möglichen Szenarien in einer Infografik.

Was aber jetzt schon klar ist: Der Austritt des Inselstaats wird das Machtgefüge innerhalb der EU und ihre Stellung in der Welt verändern. Neben unschätzbaren politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Werten verliert der Staatenverbund

  • 14 % seiner Wirtschaftskraft,
  • 13 % seiner Bevölkerung (nun nur noch ca. 446 statt 513 Millionen),
  • einen Sitz im UN-Sicherheitsrat und
  • eine Atommacht.

Auch das EU-Parlament schrumpft von 751 auf 705 Sitze, obwohl London ganze 73 ParlamentarierInnen entsandte. Hintergrund: Nur ein Teil der britischen Sitze fällt komplett weg, der Rest wird auf 27 neue Abgeordnete aufgeteilt, die seit der Europawahl auf einer Warteliste standen und aus bisher unterrepräsentierten Ländern kommen. Das sind v. a. Frankreich (von 74 auf 79 Sitze) und Spanien (von 54 auf 59), Deutschland liegt mit 96 Sitzen schon am Limit. Auch die Machtverhältnisse im EP ändern sich: Die EVP baut ihren Vorsprung aus, die rechtsextreme ID überholt die Grünen als neue viertstärkste Kraft in Straßburg. Ein statistischer Nebeneffekt: Der Bundestag ist nun mit 709 VolksvertreterInnen das größte Parlament der EU. Ein Umstand, den die gerade diskutierte Wahlrechtsform bald ändern soll.

Die Mitarbeitenden der EU-Behörden wurden indes schon angewiesen, ab sofort keine vertraulichen Informationen mehr mit ihren britischen Kolleginnen zu teilen, wie es bisher Usus war. Ca. 700 BritInnen werden weiterhin für die EU tätig sein, obwohl die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedslandes eigentlich Bedingung für eine Anstellung ist. Der ehemalige Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat das aber mit Blick auf den Brexit und einer Sonderregelung für BritInnen außer Kraft gesetzt.

Die Stimmung im Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland – eine Hilfestellung zur korrekten Verwendung von “Großbritannien”, “England” und dem “Vereinigten Königreich” hat der Tagesspiegel aufbereitet – ist gespalten. Ein Seitennotiz gibt aber Hoffnung: Das meist geladene Lied der letzten Woche war Ludwig van Beethovens “Ode an die Freude“, die offizielle Europa-Hymne.

Mit den besten Grüßen zum Wochenstart
Philipp Sälhoff


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Konrad-Adenauer-Stiftung bester deutscher Think Tank – Die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung belegt im jährlichen “Top Think Tanks Worldwide” Ranking der University of Pennsylvania Platz 15 und ist somit laut der Erhebung die beste Denkfabrik Deutschlands. In der Kategorie “Best Think Tank Network” wurde sie zudem als “Center of Excellence” ausgezeichnet. Auch die Friedrich-Ebert-Stiftung belegte Spitzenplätze. Platz 1 des weltweiten Rankings belegt Carnegie Endowment for International Peace mit Sitz in Washington, D.C. ➡️ University of Pennsylvania (Report)

Auch Schriftarten sind politisch – LeserInnen interpretieren Schriftarten als eher konservativ oder progressiv, wie ForscherInnen der Virginia Tech University herausgefunden haben. Demnach werden Schriftarten wie z. B. die Times New Roman, die mit klassischen Printmedien assoziiert werden, als eher “republikanisch” wahrgenommen, moderne Schriftarten mit gleichmäßiger Strichstärke eher “demokratisch”. Abhängig von dem Publikum, das angesprochen werden soll, werden Wahlplakate deswegen bereits ortsabhängig gestaltet, so die AutorInnen der Studie. ➡️ CNN (Artikel | 🇬🇧) | Taylor & Francis Online (Studie | 🇬🇧)

Hohe Ansprüche an Führungskräfte – Laut einer Umfrage unter SpitzenpolitikerInnen, die von der Quadriga Hochschule Berlin durchgeführt wurde, haben diese hohe Erwartungen an WirtschaftsmanagerInnen. Viele wünschen sich eine neue Form der Partnerschaft abseits des klassischen Lobbyismus. So geben beispielsweise nur 15 % der PolitikerInnen an, dass WirtschaftsvertreterInnen ihre wahren Interessen offenlegen. Das Bewusstsein für politische Möglichkeiten und Grenzen schätzen nur 22 % als ausreichend ein. “Politische” CEOs wie z. B. Siemens-Chef Joe Kaeser, wurden hingegen gelobt. ➡️ politik & kommunikation (Umfrage)

Deutschland auf Platz 9 des Anti-Korruptionsindex – Auf dem Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International rangiert Deutschland auf Platz 9 von 180. Am besten schneiden Dänemark und Neuseeland ab. Für Deutschland fordern die AutorInnen des Reports u. a. ein Lobbyregister und eine Deckelung von Parteispenden, um mehr Transparenz bei der Parteienfinanzierung zu erreichen. Auch das Sponsoring von Parteitagen durch Unternehmen wird kritisch gesehen. ➡️ Tagesschau (Bericht) | Transparency International (Studie)

GeneralsekretärInnen-Treffen zur Zunahme von Gewalt gegen PolitikerInnen – Aufgrund der massiven Zunahme an Übergriffen gegen PolitikerInnen hat SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil am vergangenen Donnerstag die BundesgeschäftsführerInnen und GeneralsekretärInnen der im Bundestag vertretenen Parteien zu einem Spitzentreffen eingeladen – mit Ausnahme der AfD. Diese distanziere sich nicht genügend von Gewalt und Hetze. Der Kampf gegen politische Gewalt müsse intensiviert werden, so der Konsens nach dem ersten Gespräch, das im Februar fortgesetzt werden soll. ➡️ Redaktionsnetzwerk Deutschland (Artikel)


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Nachricht an Europa

Das Projekt Led By Donkeys überschüttet das Vereinigte Königreich aktuell mit einigen Guerilla-Kunstaktionen, die den Irrweg des Brexits verdeutlichen sollen. Eine davon ist die Botschaft zweier Weltkriegsveteranen, auf die Kreidefelsen von Dover projiziert.
(Video mit deutschen Untertiteln)

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Deutsch-Britische Gesellschaft
Die Deutsch-Britische Gesellschaft ist ein eingetragener Verein, dessen Ziel es ist, durch seine überparteiliche, nicht-staatliche und politisch unabhängige Arbeit die deutsch-britischen Beziehungen in allen Fragen des öffentlichen und kulturellen Lebens zu fördern, etwa durch Vortragsveranstaltungen, englischsprachige Theaterveranstaltungen, Ausstellungen, Exkursionen und gemeinsame Abendessen.
Die Deutsch-Britische Gesekkschaft veranstaltet zudem die Young Königswinter Conference. Das Forum wurde ins Leben gerufen, um junge Eliten im Alter von 25 bis 32 Jahren aus Deutschland und Großbritannien zusammenzubringen, um das gegenseitige Verständnis und den Gedankenaustausch nicht nur zwischen den beiden Ländern, sondern auch zwischen den unterschiedlichen politischen Vorstellungen der Teilnehmer zu fördern.

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3. Februar 2020