Des Kaisers neue Plattform

politnews

Editorial: Des Kaisers neue Plattform +++ Meldungen: Wahlpotenziale der Parteien, Neuer Kodex für Factchecks, Faeser stellt Digitalagenda 2025 vor, Hass im Netz stellt Arbeit ein, Reformvorschläge für die EU, u.a. +++ Wahltrend: SPD verliert wieder +++ Buch: Unsere gefährdete Demokratie. Wie wir mit Hass und Hetze gegen Politiker und Journalisten umgehen +++ Tweet: Keine Selbstverständlichkeiten +++ Jobs: Mitarbeiter:in im Bereich Text und Redaktion (wegmeister), Inscribing Plurality Fellowship, Trainee Program – Politics (Pivot Regulatory), u.a. +++ Events: Der Green Deal nach der “Zeitenwende” (Heinrich-Böll-Stiftung) +++ Stakeholder: Hass im Netz

WP Banner(7)

Liebe Leserin, lieber Leser,

wenn Sie diesen Newsletter öfter lesen sollten, werden Ihnen zwei Sachen aufgefallen sein: Politische Kommunikation im digitalen Raum ist ein Schwerpunkt unserer Arbeit und Twitter im Besonderen eine wichtige Quelle für unsere Redaktion. Und auch wenn sie nicht zu den rund 12 Millionen deutschen Nutzer:innen des Kurznachrichtendienstes (wie er manchmal noch in der Generation 40+ genannt wird) gehören, sollte Sie interessieren, was nun aus dem sozialen Netzwerk wird.

Nach langem Taktieren hat der Aufsichtsrat von Twitter letzte Woche ein Kaufangebot von 44 Milliarden Euro von Tesla-Chef Elon Musk angenommen. Dieser will die Plattform nun zur Bastion des “Free Speech” machen und sein “Potenzial entfalten”. Der Kauf ist noch nicht durch alle Instanzen, rein theoretisch kann der Deal noch platzen. Auch im besten Falle werden noch ein paar Monate vergehen, bis Musk offizieller Twitter-Eigentümer ist.

  • Felix Lincke erklärt für den Bayerischen Rundfunk, was jetzt noch schief gehen könnte.
  • Was direkt nach Bekanntgabe der Übernahme mit manchen, vor allem rechts orientierten, Accounts passiert ist, beleuchtet die RND-Redaktion.
  • Jan Böhmermann ist schon da, Saša Stanišić auch. Twitter-Dandy Dax Werner jetzt ebenso. Warum es einen Run auf das Konkurrenz-Netzwerk Mastodon gab, erklärt Werner im Interview. Wie die Plattform funktioniert, Manon Priebe in der FAZ.

Musk mag streitbar und exzentrisch sein, sicher auch egomanische Züge aufweisen. Er ist allerdings auch ein extrem erfolgreicher Unternehmer und Innovator. Mit PayPal, Tesla, SpaceX und Starlink hat er jeweils Branchen (mit)revolutioniert. Wer Elon Musk, der auch im letzten Wahlkampf eine Nebenrolle hatte, eigentlich ist, zeigt der SRF in einem Portrait. Durch seine Art hat sich der Mann mit den drei Staatsbürgerschaften aber nicht nur auf Twitter viele Gegner:innen gemacht:

  • Zuletzt geriet er öffentlich mit der aktuellen Twitter-Juristin aneinander, die seine Übernahme kritisiert hat.
  • Bei einer aktuellen Twitter-Konversation mit Alexandria Ocasio-Cortez, Ikone der amerikanischen Linken, musste er klar den Kürzeren ziehen.
  • Ein amerikanischer Student, der unter @ElonJet – legalerweise, aber zum Ärger von Musk – seine Privatjet-Flüge trackt, hat schon einmal vorsorglich einen Discord und Telegram-Channel angelegt. Der Deutschlandfunk weiß mehr über Jack Sweeney.

Auf Twitter sind nur “Politiker, Journalisten und Psychopathen”, das wusste schon Dorothee Bär. Je nachdem welcher Kategorie Sie sich zugehörig fühlen oder ob Sie der Einteilung der CSU-Digitalpolitikerin gar widersprechen: Twitter ist nicht nur das schnellste Medium der Welt, sondern für die politische Kommunikation und Meinungsbildung von herausragender Bedeutung. Deswegen ist es nicht egal, wem es gehört.

Der arabische Frühling, der erfolgreiche Populismus von Donald Trump, der unter anderem im Sturm auf das Kapitol gipfelte oder die Twitter-Detektive des Ukraine-Kriegs: Unabhängig vom jeweiligen Standpunkt haben die Plattform-User schon des Öfteren maßgeblich Einfluss auf politische Entwicklungen genommen.

Twitter ist von der Grundarchitektur das Idealbild der Brecht’schen Radiotheorie, also der Auflösung des klassischen Sender-Empfänger-Prinzips im Sinne einer demokratisierten Kommunikation. Wie gesagt, das ist die idealtypische Auslegung. In der Realität kämpft die Plattform mit Desinformation, Hassrede und Cybermobbing (siehe auch unser Buch der Woche).

  • Dass hier eine Kraftprobe zwischen “Free Speech Absolutist” Musk und der EU zu erwarten ist, erklärt Alexander Fanta auf netzpolitik.org. Denn auch mit dem neuen Eigentümer wird Twitter nicht zum rechtsfreien Raum werden.
  • Warum das amerikanische Verständnis von Free Speech im Sinne der Redefreiheit nicht dem hiesigen Konzept der Meinungsfreiheit gleichzusetzen ist und was mit Plattformen passiert, die nicht moderieren, hat Bernd Oswald kommentiert.
Grafik-Vorlage Editorial
Was Twitter aber auch ist: unprofitabel bis ins Mark. Der Ukraine-Krieg bescherte der Plattform zwar jüngst einen Nutzer:innen-Zuwachs. Die letzten Quartalszahlen wiesen dem operativen Geschäft aber einen dreistelligen Millionenverlust aus, lediglich durch den Verkauf der Anzeigenfirma MoPub landete das Unternehmen in schwarzen Zahlen. Hier wartet also viel Arbeit auf Musk. Erste Ideen zur Steigerung der Margen sickern schon durch: So sollen Tweets monetarisiert werden. Webseiten, die einen Tweet eines verifizierten Kontos einbetten wollen, müssten dann dafür zahlen. Den Top-Angestellten der Plattform will er wohl die Gehälter kürzen und das Unternehmen von der Börse nehmen.

Mit einer Ankündigung könnte er jedoch viele Fans in der Twitteria für sich gewinnen: Es soll nun endlich einen Edit-Button für Tweets geben.
Mit den besten Grüßen zum Wochenstart

Philipp Sälhoff

politticker Banner

Parteien: SPD hat größtes Wahlpotenzial

Die SPD könnte bis zu 49 % erreichen, wenn sie ihr volles Wähler:innen-Potenzial ausschöpfen würde. Das ergab eine umfassende Befragung des Meinungsforschungsinstituts Ipsos. Demnach schafft es insbesondere die Linkspartei nicht, ihren Möglichkeiten gerecht zu werden. Sie könnte ihre derzeitigen Werte (6%) mehr als vervierfachen (26 %). Die Liberalen erreichen ein Drittel ihrer potenziellen Wähler:innen (35 %), während die Union (43 %), Grüne (38 %) und die AfD (23 %) derzeit jeweils etwa die Hälfte ihres Potenzials erreichen.

Gesellschaft: Neuer Kodex für Factchecks

Unter dem Namen European Fact-Checking Standards Network (EFCSN) entwirft eine EU-geförderte Initiative einen Kodex für Faktenchecks. Dieser soll die Standards für Unabhängigkeit, Transparenz und journalistische Integrität definieren, die Faktencheck-Initiativen erfüllen müssen, um als unabhängig anerkannt zu werden. Das Projekt wird von der Investigativgruppe CORRECTIV und fünf weiteren europäischen Organisationen koordiniert. Bis Mittwoch können sich Interessierte an der öffentlichen Konsultationsphase des Projekts beteiligen.

Ministerien: Faeser stellt Digitalagenda 2025 vor

“Wir wollen einen digitalen Staat, der konsequent aus der Perspektive der Bürgerin und des Bürgers gedacht ist”, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser bei der Vorstellung ihrer digitalpolitischen Agenda am Donnerstag. Dabei steht ein Digitalcheck für neue Gesetze ebenso an wie die Stärkung von behördlicher Cybersicherheit. Insbesondere soll aber die digitale Verwaltung bundesweit einheitlichen Standards unterworfen und ausgebaut werden. Leistungen wie Bauvorbescheide und -genehmigungen oder Wohnortummeldungen sollen künftig auch online möglich sein, so Faeser.

Gesellschaft: “Hass im Netz” stellt Arbeit ein

Die Hilfsorganisation Hass im Netz musste ihr Angebot, mit dem von Hatespeech Betroffene Inhalte melden konnten, wegen Überlastung einstellen. Nach eigenen Angaben konnte das Team der stark gewachsenen Zahl von Einsendungen nicht mehr nachkommen. Innerhalb von drei Jahren sollen fast eine Million Meldungen eingegangen sein. “Wenn möglich”, so die ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen, soll die Hatespeech-Meldestelle aber bald mit einer Neuaufstellung und neuem System neu gelauncht werden.

Demokratie: Reformvorschläge für die EU

Die Konferenz zur Zukunft Europas hat weitreichende Vorschläge für eine Reform der EU vorgelegt. In einem einjährigen Prozess haben mehr als 50.000 europäische Bürger:innen mit Expert:innen und Abgeordneten diskutiert, wie die Europäische Union zukünftig funktionieren sollte. In einem knapp 50-seitigen Papier empfiehlt die Konferenz unter anderem die Abschaffung des Vetorechts für einzelne Mitgliedsstaaten zugunsten einer Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit. Außerdem soll die Rolle des Europäischen Parlaments beispielsweise durch ein Initiativrecht für Abgeordnete gestärkt werden.

Ukraine & Russland

Parteien und Parlamente

Ministerien & Behörden

Demokratie & Gesellschaft

Lobbyismus, Politikberatung und Interessenvertretung

Personalien

Politische Kommunikation

Social Media

Podcast

lehr

Nachruf: Ursula Lehr

“Ursula Lehr galt als Pionierin der Alternsforschung. Die CDU-Politikerin, Gerontologin und ehemalige Bundesfamilienministerin verstarb jetzt im Alter von 91 Jahren.” (ZEIT)

Wahltrend Banner
wt

Der pollytix-Wahltrend zur Sonntagsfrage, Vorwochenvergleich in gefärbten Zahlen. Die Angaben berechnen sich aus dem gerichteten Mittel aller Sonntagsfragen der letzten 20 Tage. Den kompletten Wahltrend und alle Einzelumfragen finden Sie hier, mehr zur Methodologie hier.

Buch der Woche Banner
bu

Viele Menschen, die sich politisch engagieren oder journalistisch tätig sind, erleben in den vergangenen Jahren immer häufiger Einschüchterungen, Hass oder sogar körperliche Gewalt. Wie sich das anfühlt und was solche Übergriffe mit den Betroffenen machen, dokumentieren Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und die Schriftstellerin Gunna Wendt in ihrem Buch. In mehreren Porträts lassen sie dazu Personen aus der Kommunal-, Landes- und Bundespolitik sowie aus dem Journalismus zu Wort kommen. Zugleich thematisieren sie die gesellschaftlichen Ursachen und Auswirkungen der Verrohung in der politischen Auseinandersetzung – sowie die Handlungsmöglichkeiten, damit demokratisches Engagement dadurch nicht weiter beeinträchtigt wird.

Tweet der Woche Banner
trevor

“Daily Show”-Moderator Trevor Noah übernahm beim diesjährigen White House Correspondents’ Dinner den komödiantischen Teil des Abends und teilte ordentlich in alle Richtungen aus – aber er schlug auch ernsthafte Töne an und erinnerte eindrücklich daran, was es nicht nur für Journalist:innen bedeutet, in einem freien Land zu leben und warum man diese Freiheit nie für selbstverständlich halten darf.

Jobs der Woche Banner

Job der Woche

Du bist ein Kommunikationstalent und möchtest einen neuen Weg einschlagen? Dann bist du genau richtig bei den wegmeistern. Bewirb dich jetzt und leiste deinen Beitrag hin zu einer lebenswerten Zukunft!

Fellowship der Woche

Inscribing Plurality Fellowship

Du brennst für Journalismus? Das Inscribing Plurality Fellowship fördert die Stimmen junger Jüd:innen und Muslim:innen. Bewirb dich noch jetzt und hebe deine Skills aufs nächste Level!

Auf der Suche nach dem richtigen politjob?
Jobs aus dem Politikbetrieb auf politjobs.com oder in unserem wöchentlichen Newsletter.

Anmelden

Sie suchen selbst Verstärkung?
Schreiben Sie uns unter info@polisphere.eu für unverbindliche Preisinformationen.

E-Mail senden

Oder in den Talent Pool!
Tragen Sie sich direkt kostenlos in unseren Talent Pool ein! Dann melden wir uns, wenn wir einen passenden Job für Sie haben.

Talent Pool
Events der Woche Banner

Event der Woche

Di, 03.05.2022 | 18:00-19:30 Uhr
Der Green Deal nach der “Zeitenwende”

Heinrich-Böll-Stiftung | Stiftungen | Online Veranstaltung

Sie veranstalten ein Event?
Auf political.de können Sie Ihre eigenen Veranstaltungen jederzeit hochladen.
Probieren Sie es aus!

EVENTS SELBST EINSTELLEN

Auf der Suche nach dem richtigen Event?
Stets aktuelle Veranstaltungen aus dem Politikbereich finden Sie auf political.de.

 

EVENTS FINDEN
Stakeholder der Woche

Hass im Netz

Hass im Netz ist eine Initiative von jugendschutz.net. Ihre Hauptaufgabe ist die Bekämpfung rechtsextremistischer und islamistischer Inhalte im Internet. Dafür werden jugendschutzrelevante Entwicklungen langfristig beobachtet, Website-Betreiber:innen sensibilisiert und die Medienkompetenz junger Menschen gestärkt. Hass im Netz ist Teil des Bundesprogramms Demokratie leben! und wird gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Wie finden Sie unseren Newsletter?
Wir wollen die politnews stetig weiterentwickeln und sind dafür auf Ihr Feedback angewiesen. Was gefällt Ihnen? Was können wir besser machen? Zu welchen Themen wollen Sie mehr lesen, zu welchen weniger? Wir freuen uns über formlose Anregungen, Kritik und Themenhinweise per Mail an politnews@polisphere.eu.

Sie wollen unsere politnews abonnieren?
Für Ihr wöchentliches Update zu Hintergründen, Jobs und Events aus dem Politikbetrieb abonnieren Sie die politnews von polisphere hier.

polisphere Banner

polisphere – passion for politics
Geschäftsführer und V.i.S.d.P.: Philipp Sälhoff
Redaktion: Gregor Bauer, Benjamin Triebe, Marisa Wenzlawski
+49 30 204541 20 | berlin@polisphere.eu
www.polisphere.eu | Impressum | Datenschutz

2. Mai 2022