Wahl-Spezial: Frankreich

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Editorial: Wahl-Spezial: Frankreich +++ Meldungen: Phineo gründet WE AID aus, Vergessene Nachrichten 2022, Fox-News-Fans schauen CNN, Was sich Deutsche für die Zukunft wünschen, Lagebild Antisemitismus, u.a. +++ Wahltrend: Grüne und Union im Plus +++ Buch: Stadt, Land, Frust. Eine politische Vermessung +++ Tweet: Die Allgegenwärtigkeit von Antisemitismus +++ Jobs: Consultant Politische Kommunikation (ifok), Fellowship bei Es geht LOS, Sachbearbeiter:in (SPD), Juniorberater:in (navos), u.a. +++ Events: Navigieren im Ungewissen – Update zur Zukunft der Gesellschaft +++ Stakeholder: Französische Botschaft in Berlin

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Liebe Leserin, lieber Leser,

am Ende war es zumindest nicht die ganz knappe Entscheidung bei den französischen Präsidentschaftswahlen, die einige Umfragen vorausgesehen haben: Mit 58,5 % zu 41,5 % konnte Emmanuel Macron seine Herausforderin Marine Le Pen in der Stichwahl schlagen – in der ersten Runde kamen sie auf 27,9 % bzw. 23,2 %. Damit ist er der erste Präsident seit Jacques Chirac, der eine zweite Amtszeit antreten kann. Die Wahlbeteiligung lag bei 72 %, dem schlechtesten Wert seit 1969. Das bedeutet rein mathematisch aber auch: Nicht einmal jeder dritte Franzose hat den neuen Präsidenten gewählt. Der Anteil der “vote blancs”, also der bewusst unausgefüllten Stimmzettel, sank auf 6,4 %.

Die unterlegene Rechtsradikale Marine Le Pen spricht dennoch von einem “strahlenden Sieg”. Was auf den ersten Blick absurd wirkt, ist so falsch nicht. Es ist mit Abstand das historisch beste Ergebnis des rechtsextremen Lagers in Frankreich. Le Pen hat im Wahlkampf strategisch klug eine staatstragende und volksnahe Kommunikationslinie verfolgt, die sie moderater erscheinen ließ und damit über 40 % der Wählenden überzeugt. Zudem gewann sie in vielen Gemeinden und Regionen die Mehrheit, darunter z. B. auch Provence-Alpes-Côtes-d’Azur, die bisher nicht gerade als rechte Hochburgen galten. Eine Animation der Financial Times zeigt, wo der Rechtsruck im Vergleich zu 2017 stattgefunden hat. In fünf von neun Überseegebieten holte Le Pen sogar über 50%. Außerdem war Le Pen bei den mittleren Wähler:innengruppen relativ stark, Macron konnte vor allem bei den Französ:innen über 60 Jahren punkten.
wahlentscheidung altersgruppen

Macron will nun die “Wut der Le Pen Wähler” einfangen. Bei seiner Siegesrede vor dem Eiffelturm in Paris verbat er sich Pfiffe vom euphorisierten Publikum, als er diese erwähnte. Nach französischer Verfassung darf Macron bei der nächsten Präsidentschaftswahl nicht mehr antreten. Le Pen kündigte bereits an, dass sie 2027 ebenfalls nicht mehr zur Wahl stehen wird.

  • Um in fünf Jahren keinen Sieg der Rechtsextremen zu riskieren, muss Macron volksnäher werden, meint Albrecht Meier im Tagesspiegel.
  • Welche Auswirkungen eine Präsidentschaft Le Pens gehabt hätte, analysiert Birgit Holzer für das RND.
  • Wie es jetzt für Macron nach der Wahl und vor den Parlamentswahlen im Juni weitergeht, hat das ZDF in einem FAQ zusammengetragen.

Vorerst zementiert ist die Bedeutungslosigkeit der ehemaligen französischen Volksparteien, der Sozialisten und Republikaner, die vor zwei Wochen zusammen auf nicht einmal 7 (!) % der Stimmen kamen: Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo (PS) erreichte 1,74 %, Valérie Précresse (Rep) 4,78 %.

Für wen die Wähler:innen der in der ersten Runde unterlegenen Kandidat:innen votierten, hat Ipsos aufgegliedert:

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Weitere Hintergründe zur “Présidentielle 2022”:

Frankreich war nicht das einzige EU-Land, in dem gestern gewählt wurde. Die 2-Millionen-Einwohner-Nation Slowenien ist zwar kein politisches Schwergewicht, welche Machtverhältnisse sich dort verschoben haben, aber umso interessanter. Die neu formierten Grün-Liberalen konnten sich deutlich gegen den Rechtspopulisten Janez Jansa durchsetzen. Florian Haas beleuchtet die Hintergründe der Wahl für das ARD-Hauptstadtstudio.

Mit den besten Grüßen zum Wochenstart

Philipp Sälhoff

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Zivilgesellschaft: Phineo gründet WE AID aus

Das Analyse- und Beratungshaus Phineo gAG hat eine gemeinnützige Tochter zur Abwicklung kurzfristiger Krisennothilfe ausgegründet. Die WE AID GmbH soll Infrastruktur für private Initiativen und gemeinnütziges Engagement bieten und damit Krisennothilfe beschleunigen. Als eine der ersten geförderten Initiativen hilft Ukraine Refugee Support bei der Integration ukrainischer Geflüchteter. Neuer Geschäftsführer von WE AID ist der bisherige Phineo-Partnerships-Manager und ehemalige Kommunikationsberater Jan Strecker.

Politische Kommunikation: Die vergessenen Nachrichten 2022

Die Initiative Nachrichtenaufklärung (INA) und der Deutschlandfunk haben ihre Top Ten der vergessenen Nachrichten 2022 vorgestellt. Darunter finden sich in diesem Jahr besonders viele soziale Themen, die es nicht oder unzureichend in die Berichterstattung geschafft haben. Auf dem ersten Platz liegt die schleichende Abschaffung der Lernmittelfreiheit, gefolgt von Lücken im deutschen Gesundheitssystem. Gründe für die fehlende Aufmerksamkeit sehen die Herausgeber:innen in der Corona-Pandemie, aber auch in medialen Strukturen.

Politische Kommunikation: Wenn Fox-News-Fans CNN gucken

Zwei US-Politikwissenschaftler haben regelmäßige Zuschauer:innen des rechtspopulistischen Senders Fox News dafür bezahlt, das für US-Verhältnisse eher linksgerichtete CNN zu schauen. Nach einem Monat “glaubten” 5 Prozent mehr an Long Covid als die weiterhin Fox News konsumierende Kontrollgruppe. Dass Anhänger:innen von Joe Biden froh seien, wenn Polizist:innen erschossen werden, glaubten hingegen 10 % weniger.

Gesellschaft: Was sich Deutsche für die Zukunft wünschen

Wie stellen sich die Deutschen das ideale Deutschland in zehn Jahren vor? Das hat die Initiative More in Common in einer neuen Ausgabe ihrer Studienserie “Navigieren im Ungewissen” gefragt. 50 % nannten “demokratisch” als zentrale Eigenschaft, 49 % wollen das Land “umweltfreundlich” sehen. Lediglich 19 % wählten hingegen “europäisch” als eine ideale Eigenschaft. Die geringste Zustimmung fand aber der Faktor “patriotisch” unter 8 % der Befragten.

Gesellschaft: Das Lagebild Antisemitismus des Verfassungsschutzes

Antisemitische Ideen dringen nach Einschätzung des Verfassungsschutzes weiter in die Mitte der Gesellschaft vor. Insbesondere in Form von Verschwörungserzählungen, Holocaust-Verharmlosung und Israelkritik sei der Hass gegen Jüd:innen in Deutschland gestiegen, so der Bericht. So führte die Pandemie zu der Verbreitung eines codierten Antisemismus in der Fiktion der von jüdischen Strippenzieher:innen vorangetriebenen “Neuen Weltordnung”. Insbesondere mit dem Beginn der Covid-19-Impfungen habe dies eine verstärkte antisemitische Dynamik erlangt, meinen die Autor:innen.

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Der pollytix-Wahltrend zur Sonntagsfrage, Vorwochenvergleich in gefärbten Zahlen. Die Angaben berechnen sich aus dem gerichteten Mittel aller Sonntagsfragen der letzten 20 Tage. Den kompletten Wahltrend und alle Einzelumfragen finden Sie hier, mehr zur Methodologie hier.

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Eine politische Konfliktlinie, die seit Jahren wieder an Bedeutung gewinnt, ist der Gegensatz zwischen Stadt und Land. Davon zeugen nicht nur die Ergebnisse der aktuellen Präsidentschaftswahlen in Frankreich, sondern auch die letzten Wahlen in den USA oder Deutschland. Der Ökonom und Politikwissenschaftler Lukas Haffert analysiert in seinem Buch die wachsende Kluft zwischen urbanen und ländlichen Milieus, zwischen Zentrum und Peripherie – und widmet sich den Verlierern und Profiteuren dieser Konfliktlinie. Dabei zeigt er unter anderem den Zusammenhang mit dem Aufstieg der AfD, den Wahlerfolgen der Grünen und den wachsenden Repräsentationslücken hierzulande auf. Zugleich legt er den Schluss nahe, dass der Stadt-Land-Gegensatz die deutsche Politik künftig noch stärker prägen wird.

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Antisemitismus ist allgegenwärtig und in allen Teilen der Gesellschaft anzutreffen. Das hat auch unser Projekt “Antisemitismus im Dark Social” gezeigt. Am Wochenende eskalierten Teilnehmende einer pro-palästinensischen Demo mitten in Berlin und  bedrängten nicht nur anwesende Journalist:innen. Unbehelligt von der Polizei überzogen sie sie auch mit heftigen antisemitischen Beschimpfungen. @democ_de hat die Vorfälle auf Twitter dokumentiert.

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Als Consultant (w/d/m) für politische Kommunikation bist Du u.a. für die Erarbeitung von Kommunikationsstrategien verantwortlich und baust Medienpartnerschaften und -netzwerke auf.
Für die Stelle solltest Du ein sehr gut abgeschlossenes Hochschulstudium sowie min. 2 Jahre Praxiserfahrung aufweisen können. Bringst Du zudem ein ausgeprägtes Interesse an gesellschaftlichen Zusammenhängen und strategischen Fragestellungen mit, steht deiner Bewerbung nichts mehr im Wege.

Fellowship der Woche

Fellowship (Voll- oder Teilzeit) bei Es geht LOS

Der zivilgesellschaftliche Think Tank Es geht LOS  sucht Verstärkung für seine Mission, einen Raum zu schaffen,  in dem die Demokratie weiter gedacht, gestaltet und gestärkt wird.
Bewirb dich noch diese Woche bis zum 1. Mai 2022, damit es LOS gehen kann!

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Französische Botschaft in Berlin

Die Französische Botschaft in Berlin dient als Mittlerin zwischen Frankreich und Deutschland. Ihre Hauptaufgabe ist die Interessenvertretung Frankreichs und der in Deutschland lebenden Französ:innen. 2017 wurde Anne-Marie Descôtes zur Botschafterin ernannt. Sie vertritt den Präsidenten Emmanuel Macron und fördert die bilaterale deutsch-französische Beziehung.

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Redaktion: Gregor Bauer, Benjamin Triebe, Marisa Wenzlawski
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25. April 2022