Liebe Leserin, lieber Leser,
Deutschlands Parteienlandschaft wird bunter, Deutschland soll es nicht werden. Die WerteUnion um Hans-Georg Maaßen möchte nun zu einer Partei werden, das haben die Mitglieder des Vereins am Samstag in Erfurt beschlossen. Die neue Gruppierung wäre politisch zwischen Union und AfD einzuordnen und will sich gerade mit Forderungen für eine härtere Migrationspolitik profilieren – Richtig, das ist auch schon das Mantra von Sahra Wagenknecht und der ersten Parteigründung des noch jungen Jahres.
Für die Union klärt das zwar endlich den Parteiausschluss des ehemaligen Verfassungsschutzpräsidenten und einigen seiner Mitstreiter, rechts der Mitte wird es im Parteienspektrum nun aber langsam eng. Gerade wenn neben der AfD auch noch Freie Wähler (z. B. in Sachsen und Bayern) oder Bürger in Wut (Bremen) um die Wählerstimmen streiten. Expert:innen taxieren das Wählerpotenzial der WerteUnion jedoch auf maximal 5 %. Das will die neue Formation schon im Herbst in Sachsen, Thüringen und Brandenburg ausreizen. Was die Chancen für Regierungsbildungen nicht verbessern dürfte: In Brandenburg zeigte diese Woche eine Umfrage, dass eine Regierung ohne BSW oder AfD unmöglich sein könnte, ähnlich übrigens in Thüringen. Laut Maaßen würde man jedenfalls mit allen Parteien zusammenarbeiten, die “zu einer Politikwende in Deutschland bereit sind”.
- Politische Reaktionen auf die neue Partei gibt es bisher vor allem aus der Union. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat eine Zusammenarbeit bereits ausgeschlossen.
- Die Positionierung zwischen Union und AfD dürfte laut Expert:innen schwierig werden.
- Die Parteigründung sorgt jedenfalls für einen Mitgliederzulauf, wenn auch in überschaubaren Dimensionen.
- Warum es sich bei der WerteUnion um noch eine Partei eines gekränkten Machtmenschen handelt, kommentiert Henry Bernhard beim DLF.
In der ersten Sitzungswoche des neuen Jahres gelang endlich die finale Einigung auf den Bundeshaushalt 2024. Er beinhaltet ein Volumen von 476,8 Milliarden Euro und neue Kredite in Höhe von 39 Milliarden. Zum ersten Mal brauchte es dafür durch das KTF-Urteil eine zweite Bereinigungssitzung. Wo letztlich genau gestrichen wurde, hat die Tagesschau aufgelistet. Den gesamten Verlauf der Haushaltsaufstellung zeichnet das Handelsblatt (€) als “Drama in fünf Akten” nach. Die FAZ berichtet außerdem exklusiv über den aktuellen Finanzausgleich der Länder (€).
Weitere Meldungen aus dem wiedererwachten parlamentarischen Betrieb:
- Petra Pau bleibt auch ohne Fraktion Vizepräsidentin – die AfD scheiterte mit einem Abwahl-Antrag gegen die Linken-Politikerin.
- Der Bundestag nutzt neuerdings nicht nur KI für seine Protokolle, sondern plant auch eine neue Geschäftsordnung, u.a. mit erhöhten Ordnungsgeldern, wie der Spiegel berichtet (€). Die Zahl der Ordnungsrufe hatte zuletzt deutlich zugenommen.
- Parlamentarische Untersuchungsausschüsse müssen ebenfalls die Datenschutz-Grundverordnung beachten, wie der Europäische Gerichtshof letzte Woche entschieden hat.
- Zumindest muss man sich im Bundestag nicht mit einem Drogenskandal beschäftigen. Der hat nämlich gerade das Parlament in Stockholm erfasst.
Auch weiterhin bewegen die Enthüllungen über rechtsextreme Deportationspläne die Republik. Am Wochenende sind wieder Zehntausende Menschen in ganz Deutschland auf die Straßen gegangen. In Berlin und München waren es jeweils mehr als 100.000 (siehe das Fundstück der Woche). Noch wichtiger: Auch in vielen ostdeutschen Städten demonstrierten Menschen gegen Rechtsextremismus. Eine Zusammenfassung der Demos hat der Spiegel.
- Politiker der AfD reagieren mit Desinformationen auf die Demonstrationen, wie das RND zeigt.
- Die aktuelle Diskussion zum AfD-Verbotsverfahren kennt die Tagesschau. Sabine am Orde erklärt bei der taz, warum sie ihre Meinung zum Parteiverbot mittlerweile geändert hat.
- Eine Aktuelle Stunde zur “Wehrhaften Demokratie in einem vielfältigen Land” fand vergangenen Donnerstag im Bundestag statt. Dabei vermisste Kristina Dunz allerdings Friedrich Merz als Oppositionsführer.
- Im Berliner Abgeordnetenhaus kam es zu einer geschlossenen Reaktion der demokratischen Parteien bei einem Auftritt der AfD-Fraktionsvorsitzenden.
- Björn Höcke ist gerichtlich anerkannter Faschist. Das scheint nicht viele AfD-Wähler:innen zu stören. Nun sollen ihm die Grundrechte entzogen werden, fordert eine Petition mit bereits über einer Million Unterschriften.
- AfD-Parteichefin Alice Weidel hat sich mittlerweile von ihrem Referenten Roland Hartwig getrennt, der beim Treffen in Potsdam dabei war.
- Andere Teilnehmer sind hingegen im IT-Bereich unterwegs und planen eine Agentur für rechte YouTuber, wie netzpolitik.org recherchiert hat.
Ob die Gegenbewegung der Ampel helfen wird, ist zweifelhaft. Zu schlecht die Zustimmung in der Bevölkerung, zu belastet das Binnenverhältnis in der “Fortschrittskoalition”. Nun hat FDP-Vize Wolfgang Kubicki gar wissen lassen, dass alle drei Parteien “völlig unterschiedliche Vorstellungen davon haben, wie man einen Staat organisiert” und rät von einer Wiederauflage der Koalition ab. Selbst für Kubicki-Pöbel-Verhältnisse beachtlich. Warum die Krise der Ampel auch eine Krise der Demokratie ist, hat das RND erklärt.
Da kann man es den Protagonist:innen nicht verdenken, wenn sie Ablenkung auf der internationalen Bühne suchen. Mit Habeck, Baerbock und Lindner waren drei Minister:innen auf dem gerade beendeten Weltwirtschaftsforum in Davos zu Gast. “Politisch wie lange nicht” war es dort durch die Kriege in der Ukraine und Nahost, analysiert Constantin Röse für die Tagesschau. Am Rande der Zusammenkunft warnte EU-Kommissarin Věra Jourová vor dem Einfluss von KI und Desinformation auf die anstehenden Wahlen. Zudem wird es bald ein WEF-Zentrum für GovTech in Berlin geben (siehe politticker).
Mit den besten Grüßen zum Wochenstart
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Mehr als zwei Millionen Euro haben Beamt:innen in Bundesministerien durch Nebentätigkeiten seit Beginn der Ampel-Regierung verdient, wie Zahlen des Bundesinnenministeriums zeigen. Diese wurden anlässlich einer Anfrage des CDU-Bundestagsabgeordneten Matthias Hauer zur Verfügung gestellt. Von insgesamt 2.176 angezeigten und genehmigten Nebentätigkeiten entfielen die meisten (445) auf das Bundesfinanzministerium, es folgen Justizministerium (206) und Auswärtiges Amt (199). Die höchsten Einkünfte bezogen dabei die Beamt:innen im Bundesfinanzministerium (715.977 €), im Bundeswirtschaftsministerium (592.536…
Das European Forum Alpbach (EFA) sucht für seine diesjährige Ausgabe nach Partnern, die eine oder mehrere Sessions zum Programm beisteuern wollen. Noch bis zum 24. Januar können Ideen und Vorschläge über ein Online-Formular eingereicht werden. Bis zum 29. Februar werden die Entscheidungen getroffen. Das diesjährige Forum steht unter dem Motto “Moment of Truth” und bezieht sich damit auf das Superwahljahr 2024. Schwerpunktbereiche sind Klima, Finanz & Wirtschaft, Sicherheit und…
Das erste Zentrum für GovTech des Weltwirtschaftsforums (WEF) soll in Berlin angesiedelt werden. In Kooperation mit dem GovTech Campus Deutschland soll das “Global Government Technology Centre Berlin” in den Bereichen Innovation, digitale Transformation und Einsatz neuer Technologien insbesondere im öffentlichen Sektor Expertise bündeln. Zu diesem Zweck wird das Centre in das Netzwerk des WEF Centre for the Fourth Industrial Revolution eingebunden, um nationale und internationale Stakeholder-Kooperation zu ermöglichen. Wirtschaftsminister…
Seit 1984 existiert das von Jan-Philipp Reemtsma finanzierte Hamburger Institut für Sozialforschung (HIS), 2028 soll es nun geschlossen werden. Dies kündigte Reemtsma vergangene Woche aus Altersgründen an. Das HIS forscht zu gesellschaftlichen Gewaltphänomenen und organisiert dazu Projekte, unterhält ein Archiv und ermöglicht Veröffentlichungen. Aufgrund dieser breiten Aufstellung fürchten Sozialwissenschaftler:innen großen wissenschaftlichen Schaden durch die Schließung des Instituts, das ohne die Förderung Reemtsmas nicht finanzierbar ist. Die Übernahme der Förderung durch…
Die Fachstelle Extremismusdistanzierung des Demokratiezentrums Baden-Württemberg präsentiert heute ihr neues Handyspiel HATE HUNTERS, das als Tool für die “Bekämpfung von Hassrede, Online-Radikalisierung und Extremismus” eingesetzt werden kann. Da besonders in der Gaming-Szene und in sozialen Netzwerken die Verbreitung radikaler und extremistischer Ideologien voranschreitet, setzt das Handyspiel in diesen Räumen an, um Gegennarrative zu schaffen und durch positive Handlungsstränge aktiv zu werden. Dabei folgt das Spiel einem gamingorientierten Ansatz und…
- Nato-Übung: Wie im Kalten Krieg
- Weltwirtschaftsforum in Davos: Selenskij warnt vor “Einfrieren” des Krieges
- Putin prophezeit: Die Gegenoffensive sei gescheitert
- UN: Starke Zunahme ziviler Opfer durch Russlands Attacken auf die Ukraine
- Hintergrund: Was bedeutet das Abkommen zwischen London & Kyjiw
- Paar aus Ostdeutschland: Wagenknecht-Partei erhält Großspende von einer Million Euro
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- Analyse: Warum die SPD fast 15.000 Mitglieder verloren hat
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- Baden-Württemberg: Landesbehörden sollen nicht mehr gendern dürfen
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- Neue Strategie von Fridays for Future: Erst die Demokratie retten, dann das Klima (€)
- Bürgerrat: Ein Instrument für mehr politische Teilhabe?
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- Kommentar: Greifen Lobbyist:innen zu stark in die politische Willensbildung ein?
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- Kommunikation des Kanzlers: Scholz findet keine klare Botschaft (€)
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- Cyberkriminalität: Zwei Drittel der Nutzer:innen betroffen
- Fokus Social Media: EU-Parlament will Hass & Hetze EU-weit strafbar machen
- Bundestag: Digitale-Dienste-Gesetz zur Umsetzung des DSA vorgelegt
- Analyse: Wird Threads das neue Twitter? (englisch)
- Hintergrund: Wie man Influencer für politische Kampagnen nutzen kann (englisch)
Heike Paul & Boris Vormann (Hrsg.)
Die USA – eine liberale Demokratie und ihre Anachronismen
Die Präsidentschaftswahlen in den USA werfen ihre Schatten voraus, wie man derzeit an der Berichterstattung über die beginnenden Vorwahlen erkennen kann. Die Möglichkeit, dass Donald Trump daraus tatsächlich nochmal als Kandidat der Republikaner mit ernsthaften Chancen hervorgehen könnte, macht eindringlich klar, in welchem krisenhaften Zustand sich die amerikanische Demokratie befindet. Über ihren Reformbedarf und ihre Anachronismen klärt der Sammelband von Heike Paul und Boris Vormann auf. Die zehn Beiträge beleuchten unter anderem die politische Rolle nostalgischer Gefühle, das Fortbestehen des Electoral College, die Bedeutung des US-Föderalismus sowie des Supreme Court. Es kommen aber auch die demokratiegefährdenden Aspekte der sozialen Medien sowie einzelne Politikfelder wie die sich wandelnde Wohnungspolitik zur Sprache. Zugleich wird auf Vorschläge zur Reform und Veränderung des in vielerlei Hinsicht dysfunktional gewordenen US-Systems eingegangen.
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Kuppelblick
Wie die große Demonstration vorm Berliner Reichstagsgebäude am Sonntag aus der Parlamentskuppel aussah, hat Felix S. Schulz hier auf Twitter festgehalten.
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