Liebe Leserin, lieber Leser,
von vorweihnachtlicher Stimmung war in der vergangenen Woche im Bundestag wenig zu spüren. Die Debatte um die Modernisierung des Einwanderungsrechts wurde – auch innerhalb der Koalition – enorm hitzig geführt. Die Ampel hatte in ihrem Koalitionsvertrag unter anderem festgehalten, die Einwanderung von Fachkräften einerseits fördern zu wollen (und das muss sie auch), gleichzeitig geht es andererseits in einem zweiten Prozess darum, die Einbürgerung für gut integrierte Menschen zu erleichtern und zu verkürzen. Genau das wollen aber nicht (mehr) alle.
Die Union sparte nicht mit Kritik, die auch teilweise ins Unsachliche abgleitete. So wurde vor dem “Verramschen der deutschen Staatsbürgerschaft” oder “Billigware wie beim Black Friday” gewarnt. Dafür gab es auch Kritik aus den eigenen Reihen. Aber auch die FDP wollte vorerst nichts von einer verkürzten Möglichkeit hören, deutsche:r Staatsbürger:in werden zu können – obwohl es sich dabei um eine Position handelt, die sich fast genauso in ihrem Wahlprogramm wiederfindet.
- Der Spiegel hat recherchiert, woher der Sinneswandel bei den Liberalen kommt.
- Kommunikationsexperte Chris Pyak beschreibt in einem Twitter-Thread, warum die Debatte an der Realität der globalisierten Wirtschaft im “War on Talents” vorbeiläuft.
- Eine besonders eindrucksvolle parlamentarische Note ist in diesem Zuge von Armin Laschet überliefert.
Selbst ohne den Zoff um das Einwanderungsrecht: SPD, Grüne und die FDP werden am 1. Ampelgeburtstag am 8. Dezember auf ein intensives erstes Jahr zurückblicken. Die Koalitionäre haben sich nicht viel geschenkt. Das letzte Beispiel ist FDP-Vize Wolfgang Kubicki, der in aller Öffentlichkeit anzweifelt, ob SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach bis Ende der Legislatur im Amt bleiben wird.
Während die FDP auf Landesebene viele Niederlagen schlucken musste und nach der Meinung von Beobachter:innen auf der Suche nach sich selbst und dabei nicht immer orientiert wirke, sahen sich die Grünen in Regierungsverantwortung damit konfrontiert, Grundpfeiler ihrer Identität einzureißen: Atomkraft-Comeback, weiterlaufende Kohlekraftwerke, Waffenlieferungen in die Ukraine und zuletzt ein viel kritisierter Gas-Deal mit Katar – das grüne Selbstverständnis musste sich auch schmerzhaft an die viel besungene “Zeitenwende” anpassen, die Bundeskanzler Olaf Scholz ausrief. Der Begriff ging übrigens um die Welt und wird mittlerweile sogar in Debatten in den USA benutzt.
Und was macht Scholz’ SPD? Fragt man den Historiker Dietmar Süß (siehe auch das Buch der Woche), ist sie am wenigsten sichtbar in der Ampel. Scholz ist dennoch zufrieden mit der Arbeit des vergangenen Jahres – und mit sich. Die Bevölkerung sieht das etwas anders: Nach einer aktuellen Meinungsumfrage hätte das Bündnis aus SPD, Grünen und FDP im Parlament keine Mehrheit mehr.
- Bundeskanzler Olaf Scholz habe durchaus eine Reihe richtiger Entscheidungen getroffen, kommentiert Nicolas Richter in der Süddeutschen Zeitung.
- Das ZDF-Magazin “Inside PolitiX” hat den Koalitionären Zeugnisse ausgestellt. Die ganze Folge und alle Noten gibt es hier.
- Die Parlamentsredaktion der taz hat sich Gedanken gemacht, welche Updates der Koalitionsvertrag der Ampel nach einem Jahr Dauerkrise vertragen könnte.
- Sebastian Huld kommentiert für ntv, wer mit dem Wissen des vergangenen Jahres Gewinner des Koalitionsvertrages ist.
Eine Zeitenwende ganz anderer Art hat übrigens die deutsche Fußballnationalmannschaft hingelegt, die zum zweiten Mal in Folge die WM-Vorrunde nicht überstand. Das einzige Vorrunden-Debakel vor 2018 hatte politische Gründe, wie der kicker kontextualisiert. Unser Tweet der Woche weiter unten legt dazu noch eine andere Korrelation offen.
In Katar ging es für die DFB-Elf dabei nicht nur um Fußball, sondern auch um die Frage, wie deutlich sie sich politisch positionieren sollte, nachdem die FIFA die “One-Love”-Binde verboten hatte. Nun berichtet die Sportschau, dass nur zwei Spieler explizit für das Zeichen waren und beschreibt, wie der DFB unter Druck geriet.
- Über die Rolle von Scholz-Campaigner Raphael Brinkert, gibt es derweil widersprüchliche Aussagen.
- Das alles war den katarischen Gastgebern egal, diese verabschiedeten die Deutschen derweil mit einer guten Portion Hohn.
- Warum Deutschland mit der Politisierung der Binde eh auf einem Irrweg war, beschreibt Christoph von Marschall.
Was das Jahr 2022 auch mit sich bringt: Es ist das erste, aus dem die Frauen-Fußballnationalmannschaft mit einer höheren Einschaltquote geht als ihre Kollegen: Die 1:2 EM-Niederlage der Damen gegen England lockte knapp eine halbe Million mehr TV-Zuschauer:innen als der 4:2-Sieg der Herren gegen Costa Rica.
Zum Abschluss noch drei parlamentarische Randnotizen:
- In der vorletzten Sitzungswoche des Jahres diskutierte der Bundestag die Vereinbarkeit und Beruf und Familie. Um 23:30 Uhr.
- Dafür, dass trotz Koalitionsgezänk Weihnachtsstimmung einzieht, soll jetzt der nachhaltige Weihnachtsbaum aus Pappe sorgen.
- Ganz übel hatten es dann die MdB erwischt, die nach der Nachtsitzung auch noch mit dem vollen ICE liegengeblieben sind. Der RND hat die Twitter-Erfahrungen der Parlamentarier:innen ohne Strom und Toiletten auf offener Strecke zwischen Berlin und Hamburg zusammengestellt.
Mit den besten Grüßen zum Wochenstart
Philipp Sälhoff
- Communications Officer (m/f/x)Communications Officer (m/f/x)International Holocaust Remembrance Alliance | Berlin, Deutschland | Bewerbungsfrist: laufend | Communications & social media, Project Management
- Geschäftsführer:in (m/w/d)Geschäftsführer:in (m/w/d)Deutsches Klima-Konsortium | Berlin, Deutschland | Bewerbungsfrist: 30.04.2024 | Leitung & Management
- Fraktionsgeschäftsführer:in (m/w/d) in VollzeitFraktionsgeschäftsführer:in (m/w/d) in VollzeitFDP-Fraktion Wuppertal | Wuppertal, Deutschland | Bewerbungsfrist: laufend | Administration & Büromanagement, Beratung, Eventmanagement, Kommunikation & Social…
- Eventmanager:in (m/w/d)Eventmanager:in (m/w/d)WE DO | Berlin, Deutschland | Remote | Bewerbungsfrist: laufend | Eventmanagement
- Referent:in (m/w/d) Public Affairs – befristetReferent:in (m/w/d) Public Affairs – befristetSamsung Electronics GmbH | Berlin, Deutschland | Bewerbungsfrist: laufend | Kommunikation & Social Media
- Jahrespraktikant:in (m/w/d) Teilhabe und ZusammenarbeitJahrespraktikant:in (m/w/d) Teilhabe und ZusammenarbeitStiftung Mercator | Essen, Deutschland | Bewerbungsfrist: 31.03.2024 | Research, Eventmanagement, Kommunikation & Social Media
- Praktikum „Politikbetrieb im digitalen Wandel“Praktikum „Politikbetrieb im digitalen Wandel“polisphere GmbH | Berlin, Deutschland | Remote | Bewerbungsfrist: laufend | Research, Beratung, Kommunikation & Social…
- Jahrespraktikant:in (m/w/d) Europa in der WeltJahrespraktikant:in (m/w/d) Europa in der WeltStiftung Mercator | Essen, Deutschland | Bewerbungsfrist: 02.04.2024 | Eventmanagement, Kommunikation & Social Media, Research
Deutsche GovTech-Startups haben in der Zusammenarbeit mit öffentlichen Verwaltungen vor allem Kreise und Kommunen als Hauptkunden (52%), der Verkaufsprozess gestalte sich aber recht langwierig (77%). Dies ist eines der Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage unter GovTech-Gründer:innen, die vom baden-württembergischen InnoLab_bw und dem Technologieunternehmen GovMind durchgeführt wurde, um herauszufinden, wie Startups mit dem öffentlichen Sektor zusammenarbeiten.
Mit „Freiheit|Macht|Politik“ startet ein neues Online-Magazin zu den Themen strategische Politikgestaltung und Analyse. Die Inhalte werden sich im „Spannungsfeld von Macht und Freiheit“ bewegen und sollen Lösungsansätze für die Politikgestaltung präsentieren. Die Redaktion besteht aus Dominik Meier, Christian Blum und Konstantin Bätz; in den ersten Gast-Beiträgen geht es z.B. um Meinungsfreiheit oder die Gestaltungsmacht von KI-Systemen.
Zum ersten Mal hat die Bundesregierung vergangene Woche eine Nationale Strategie gegen Antisemitismus beschlossen. Ziel ist es, jüdische Lebensrealitäten in Deutschland sichtbarer zu machen und Antisemitismus auf allen politischen und gesellschaftlichen Ebenen entgegenzutreten. Anhand von fünf zentralen Handlungsfeldern und drei Querschnittsdimensionen soll die Strategie diversen öffentlichen und nichtöffentlichen Stellen bei der Antisemitismusbekämpfung Orientierung bieten und für die praktische Arbeit genutzt werden.
Deutschland kann die internationale Politik in den kommenden Jahren positiv beeinflussen, finden 75 % der Befragten einer Ipsos-Umfrage. Für seinen “World Affairs Report” hat das Marktforschungsunternehmen 32.000 Menschen in 33 Ländern befragt. Besser als Deutschland schneidet bei den Befragten nur Kanada ab (81 %), die Wahrnehmung der USA verbessert sich, während Russland drastisch an Ansehen verliert.
Unter dem Motto „Cash” veranstaltet die re:publica Berlin auch im kommenden Jahr das seit 2007 stattfindende Festival für die digitale Gesellschaft. Zu den Leitthemen zählen unter anderem der Einfluss des technologischen Fortschritts auf die Arbeitswelt, Veränderungen durch Digitalisierung auf die Vermittlung von Wissen und digitale Tools für den Umweltschutz. Wer dazu eigene Ideen oder Beiträge einbringen möchte, kann das noch bis zum 14. Februar 2023 tun.
- Telefonat mit Putin: Scholz fordert Abzug russischer Truppen
- Kriegsmüdigkeit in Russland: Nur 25 Prozent wollen den Krieg fortsetzen
- Analyse: Wie der Krieg die Linien der Bundesregierung verändert hat
- Hintergrund: So steht es um Russlands unabhängigen Journalismus
- Digitale Bundestagsausstellung: „Kiew ist das unbezwingbare Herz Europas”
- Digitale Kriegsführung: Porträt über den ukrainischen “Cyberwar-Minister”
- Politiker:innen-Ranking: Annalena Baerbock triumphiert erneut
- Berlin: Union & AfD planen Wahlprüfungsbeschwerde in Karlsruhe
- Florian Post: Früherer SPD-Politiker wechselt zur CSU
- Die Grünen: Fraktionsvize Audretsch gewinnt Rechtsstreit gegen ehemals von Beatrix von Storch geleiteten Verein
- AfD: Fraktionschef Bernd Gögel tritt nach Strafbefehl zurück, So begründen AfD-Politiker:innen ihre Parteiaustritte (€) & Ex-AfDler Jens Maier darf nicht mehr Richter sein
- Die Linke: Gregor Gysi verteidigt einen Aktivisten der „Letzten Generation” , Warum die Linkspartei Berlins neue Bundestagswahlkreise fürchten muss & Ringen um Wagenknecht-Abspaltung
- Erfurt: Namen der NSU-Opfer sollen vor Thüringer Landtag projiziert werden
- Digital abgehängte Jugend: Was ist digitale Armut?
- Demokratie-Konferenz: Deutsche Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates & Bundesjugendring laden junge Menschen ein
- Demokratische Kultur: Hochschule Magdeburg-Stendal erforscht demokratische Kultur unter Leitung von Matthias Quent
- Umfrage zu Honoraren in der Inflation: Mit diesen Argumenten können Agenturen für Preiserhöhungen kämpfen (€)
- Umfrage: Lobbyist:innen sehen Grüne als Gewinner:innen der Krise
- Russland: Lobbyist:innen nahmen Einfluss auf Putin-Rede vor dem Bundestag
- Kommunalpolitik: Inklusive Kommunen brauchen eine starke Interessenvertretung
- Berlin Global Advisors: Sven Behrendt ist neuer Partner
- 365 Sherpas: Ex-Merz-Büroleiter Marian Bracht neu im Team
- Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft: Manuela Rottmann gibt Amt als Parlamentarische Staatssekretärin auf
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Diana Schulz ist neue Pressesprecherin
- Hamburger Senat: Melanie Leonhard wird Hamburgs erste Wirtschaftssenatorin
- RAG-Stiftung: Armin Laschet neuer Kuratoriumsvorsitzender
- BDI: Siegried Russwurm als Präsident wiedergewählt
- dbb: Ulrich Silberbach als Vorsitzender bestätigt
- Twitter: EU-Kommission droht mit Geldstrafen, Musk will nicht mehr gegen Falschinformationen zu Corona vorgehen, Antifaschist:innen werden gesperrt, Musk behauptet, es gebe so viele Neuanmeldungen wie noch nie, Unter #TschuessTwitter verabschieden sich immer mehr Politiker:innen wie etwa MP Stephan Weil & Hendrik Wieduwilt über die Zukunft der “homogenen Meinungsinseln”
- TikTok: Wie der Algorithmus Leid verstärken kann
- 30 Jahre SMS: Vom Aufstieg und Fall des Kurznachrichtendiensts
- LinkedIn: Auto Captions und Post-Planning ab sofort möglich
- Parler: Kanye West wird das Netzwerk doch nicht übernehmen
Dietmar Süß
Der seltsame Sieg
Am 8. Dezember jährt sich die Kanzlerwahl von Olaf Scholz zum ersten Mal. Der zugrunde liegende Sieg der SPD bei der Bundestagswahl vor 14 Monaten wirkt auch in der Rückschau immer noch wie ein politisches Märchen, wenn man bedenkt, in welcher desolaten Lage sich die Partei vor nicht allzu langer Zeit befand. Dieses Comeback analysiert der Zeithistoriker Dietmar Süß in seinem Buch. Als zentrale Erfolgsfaktoren benennt er einen weitgehend fehlerfreien Wahlkampf (besonders im Vergleich zu 2017), der angesichts der Fehler der Konkurrenz im Rennen ums Kanzleramt ausreichend war, sowie das Machtvakuum innerhalb der Union durch Merkels Abgang. Zudem verfing offenbar die Respekts-Kampagne, mit der die soziale Frage neu adressiert wurde.
Süß widmet sich darüber hinaus vor allem den Traditionen und Eigenheiten der SPD, unter anderem ihrem Verhältnis zu Russland. Dabei wirft er auch einen kritischen Blick auf die aktuellen und künftigen Herausforderungen der Partei. Seine These: Mit dem knappen Wahlsieg und Scholz´ Kanzlerschaft sind die Strukturprobleme der deutschen Sozialdemokratie, z.B. die geringe Verankerung bei jüngeren Wählern, beileibe nicht verschwunden oder gelöst worden. Dies werde schmerzliche Korrekturen in der Zukunft erforderlich machen, so der Autor.
Die Buchempfehlungen finden Sie ab sofort auch unter www.politbooks.de.
Benjamin Triebe
Die AfD ist Schuld
SPD-Politiker Fritz Felgentreu hat nach dem Vorrunden-Aus der deutschen Nationalmannschaft bei der WM in Katar ganz tief in die Statistikbücher geschaut und herausgefunden: Seit die AfD im deutschen Bundestag sitzt, war die DFB-Elf notorisch erfolglos.
Mareile Ihde
Die Integrationsbeauftragte der Bundesrepublik Deutschland
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung arbeitet gemäß ihrem gesetzlichen Auftrag dafür, den Weg für Integration zu ebnen, d.h. ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit und in Verantwortung für die Gemeinschaft zu ermöglichen. Dazu werden bundesweite Projekte umgesetzt und die Integrationspolitik der Bundesregierung weiterentwickelt. Seit Dezember 2021 amtiert die SPD-Politikerin Reem Alabali-Radovan als Integrationsbeauftragte.
Gregor Bauer
Auf der Suche nach dem richtigen politjob?
Jobs aus dem Politikbetrieb auf politjobs.com oder in unserem wöchentlichen Newsletter.
Sie suchen selbst Verstärkung?
Schreiben Sie uns unter info@polisphere.eu für unverbindliche Preisinformationen. Hier finden Sie unsere Anzeigen-Pakete im Überblick.
Oder in den Talent Pool!
Tragen Sie sich direkt kostenlos in unseren Talent Pool ein! Dann melden wir uns, wenn wir einen passenden Job für Sie haben.
Stets aktuelle Veranstaltungen aus dem Politikbereich finden Sie auf politcal.de.
Auf politcal.de können Sie Ihre eigenen Veranstaltungen jederzeit hochladen.
Probieren Sie es aus!