politnews – Pech für den Einzelnen

Deutsche Spitzenpolitiker erzählen oft die Anekdote, dass die Wirtschaft sich von ihnen schnellere politische Entscheidungen wünscht. Die politische Standard-Antwort darauf lautet: Dann gehen Sie doch nach China, dort muss man nicht diskutieren. Inzwischen kann man die Antwort variieren und die Wirtschaftsvertreter auch an die USA verweisen. Dort wird jetzt per Dekret durchregiert wie im Unternehmen. Wenn der CEO/Präsident Trump etwas möchte, dann setzt das Management um – und wenn dabei Arbeitsplätze (oder politisch: Einwohner/Menschenrechte/…) verloren gehen, dann ist das wohl Pech für den Einzelnen. Hauptsache die Börsen belohnen das Manöver. Und wenn man dann auch noch langfristig mit der Umstrukturierung Erfolg hat, dann ist doch alles wunderbar, oder nicht?
Die Entscheidungsfreude in den USA wird auch hierzulande von einigen begrüßt – Seehofer, Steinbach,… – aber sie zeigt deutlich, was verloren geht, wenn der oft zu Unrecht kritisierte politische Beteiligungsprozess verloren geht. Betroffene können ihre Praxiserfahrung nicht mehr rechtzeitig in den Entscheidungsprozess einbringen, regionale Unterschiede finden keine Berücksichtigung mehr und Minderheiten haben keine Chance mit ihren speziellen Bedürfnissen von der Mehrheit zumindest gehört zu werden. Das kann man gut finden, da der politische Wille ohne Abstriche durchgesetzt wird. Das kann vielleicht sogar zum angestrebten wirtschaftlichen Erfolg führen, aber ist es das, was wir uns unter moderner Demokratie vorstellen?

SPD-Kampa – Am Sonntag ist die SPD mit dem Spitzenkandidaten Martin Schulz in den Bundestagswahlkampf gestartet. Bereits im Dezember hat sich die SPD auf KNSK als Agentur festgelegt. Die Agentur mit Sitz in Hamburg und am symbolträchtigen UNESCO-Welterbe Zollverein war zuletzt 2014 beim Europawahlkampf für Martin Schulz tätig. Zuvor hat die Werbeagentur schon die beiden erfolgreichen Wahlkämpfe für Gerhard Schröder (1998 und 2002) organisiert. Der Start in den Wahlkampf scheint der SPD gelungen, denn sie vermeldet rund 1.000 Neueintritte von Dienstag bis Sonntag. spd.de (Schulz) handelsblatt.com (KNSK)
Desinformation I – StratCom, die EU-Behörde, die gegen Fake News vorgeht, warnt vor Falschinformations-Attacken im Wahljahr 2017. Neben anderen Regierungschefs werden sich diese insbesondere gegen Angela Merkel richten, befürchtet StratCom. Es bestehe kein Zweifel daran, dass hinter der pro-russischen Desinformation-Kampagne eine „orchestrierte Strategie“ stecke. Markus Reuter von netzpolitik.org warnt derweil angesichts fehlender empirischer Belege über den tatsächlichen Einfluss auf politische Meinungs- und Willensbildung vor einem „Regulierungsdauerfeuer“ gegen Social Bots und Fake News. Dies könnte mehr Schaden an Grundrechten anrichten als die Phänomene, die bekämpft werden sollen. politico.eu (Taskforce) netzpolitik.org (Kommentar).
Desinformation II – Buzzfeed gibt Einblikce in eine weitere Desinformations-Kampagne: Unter dem Namen „The Great Liberation of France“ organisieren sich Trump-Unterstützer in einem Chatroom, um den französischen Präsidentschaftswahlkampf zu manipulieren. Buzzfeed liegen Screenshots aus dem Verlauf einer messaging plattform namens Discord vor, die offenlegen, dass Fake Accounts bei Facebook und Twitter angelegt werden sollen, um die französischen Social Media-Nutzer zu beeinflussen und die Kandidatin des rechten Front National als legitimste Stimme der französischen Politik zu inszenieren. buzzfeed.com
„Rückblende“ – Mit diesem Preis hat die Landesver­tretung Rheinland-Pfalz am 23. Januar gemeinsam mit dem Bun­desverband Deutscher Zeitungs­verleger zum 33. Mal politische Fotografien und Karikaturen ausgezeichnet. Sieger in der Kategorie „Politische Fotografie“ ist in diesem Jahr Kriztian Bocsi mit dem symbolbehafteten Bild eines britischen Ausstiegs. In der Kategorie „Karikatur“ gewann Martin Erl mit seiner gezeichneten Kritik an der Verhaftungswelle in der Türkei. politik-kommunikation.de
„Neue rechte Welt“… ist ein Webprojekt, das Nachrichtenartikel aus den beliebtesten Posts der Facebook-Seiten von AfD und Pegida sammelt und so Einblicke in rechtspopulistische Filterblasen gewährt. Neben den einschlägig bekannten Blogs werden überwiegend Informationen von verschrienen „Mainstream“-Medien wie Bild, Focus, SZ & Co gepostet. Ziel der Initiative ist es, die Methoden des neurechten Populismus transparent zu machen, um effektive Gegenmittel zu finden. meedia.de
#Politsnack – Die Konrad-Adenauer-Stiftung startet ein neues Online-Format zur politischen Kommunikation: Jeden Dienstag, 14 Uhr werden unterschiedliche Experten zu grundlegenden, aber auch aktuellen Themen der politischen Kommunikation sowie Kampagnen und Wahlen reden und diskutieren: kurz, knackig, handfest. Das Ganze soll nicht länger als 30 Minuten dauern und aus einem Impuls und einer Fragenrunde bestehen. Los geht es mit Tabea Wilke, Digital Strategist und Gründerin von Botswatch, zum Thema Social Bots. Jeder kann sich bequem zuschalten – man braucht lediglich eine Internetverbindung. kas.de
US-Lobbyisten – Simon Book wirft für Die WirtschaftsWoche einen Blick auf den politischen „Sumpf“ in Washington. In den vergangenen 15 Jahren, spätestens aber mit der Finanzkrise, habe sich die finanzielle Entscheidungsgewalt von New York nach Washington verlagert. Nun bevölkern nicht mehr nur Thinktanks, Pharmafirmen und Rüstungsgiganten die Lobbymeile K-Street, sondern auch Banken, Anwälte, Geldgeschäftler. Viele Unternehmen investieren lieber in Government Affairs, als in Industriearbeitsplätze. Sein Fazit: „So suhlt sich die US-Hauptstadt in Selbstgefälligkeit und Hybris – und verkennt dabei, wie ihr wirklich geschieht.“ wiwo.de
Trump’s White House Inc. – Eine kreative Form des Protests gegen Trump bietet whitehouseinc.org. Die Webseite vermittelt den Kontakt zu verschiedenen Unternehmen des Trump-Imperiums mit dem Argument, dass sich der Präsident formal nicht von seinen Geschäften getrennt habe und diese damit ebenfalls zum Weißen Haus gehörten und deshalb für Trumps Politik Rede und Antwort stehen müssten. Hier gilt das Motto: „Foreign leaders and Wall St execs call Trump’s businesses to reach him, now we can too.“ Einen weiteren Trump-Service bietet die Seite gettrumptweets.com: Wer nicht bei Twitter ist und trotzdem keinen Trump-Tweet verpassen will, kann diese hier als E-Mail-Benachrichtigung abonnieren. whitehouseinc.org (Kampagne)  campaignsandelections.com  (Tweets)