Liebe Leserin, lieber Leser,
Stephan Weil baut weiter an seinem Denkmal, auch wenn ein solches dem nüchternen Nordlicht wohl zuwider wäre. Aber mit dem gestrigen Wahlsieg gegen den schwachen SPD-Bundestrend und seiner nun anstehenden dritten Amtszeit als niedersächsischer Ministerpräsident hat der 63-Jährige nicht nur Bundeskanzler Scholz einen großen Gefallen getan. Zwar verloren seine Sozialdemokraten mit einem Ergebnis von 33,4 % in ihrem Stammland 3,5 Prozentpunkte, wurden aber dennoch mit einigem Vorsprung stärkste Kraft vor der CDU, die auf 28,1 % kam und damit ihr schlechtestes Ergebnis seit 60 Jahren einfuhr. Der Spitzenkandidat und Landesvorsitzende Bernd Althusmann kündigte noch am Abend seinen Rücktritt an. Mit der Niederlage der CDU endet auch die Große Koalition, die in Niedersachsen in den vergangenen fünf Jahren regiert hat. Doch nicht nur das: Die Hannoveraner “GroKo” war die letzte ihrer Art, ab sofort gibt es in Deutschland keine entsprechende Regierungskoalition mehr. In Niedersachsen steht nun ein Revival der in Hannover schon bekannten rot-grünen Koalition bevor.
Denn die Grünen haben ihr Ergebnis im Vergleich zu 2017 von 8,7 % auf 14,5 % deutlich verbessern können und damit zusammen mit der SPD eine Mehrheit im Parlament. Die Aussicht auf Regierungsverantwortung dürfte genauso wie die erstmaligen Gewinne von Direktmandaten auch etwas darüber hinwegtrösten, dass man sich bei den Grünen rund um Spitzenkandidatin Julia Willie Hamburg mehr ausgerechnet hatte. Gewinnen und trotzdem hinter den Erwartungen bleiben: Ein mittlerweile wohlbekanntes Gefühl bei der “Umfragen-Partei”.
- Martina Thorausch, Leiterin der NDR-Redaktion für Landespolitik, kommentiert, warum Stephan Weil die Niedersachsen wieder überzeugen konnte – und Bernd Althusmann nicht.
- Die taz über die Schwächen im Wahlkampf der Christdemokraten.
- Die Konrad-Adenauer-Stiftung lädt zur Wahlnachlese am Freitagnachmittag per Digitalevent.
Verlierer des Abends ist ganz klar die FDP. Denn die Liberalen verpassten den Einzug in den Landtag mit 4,7 % der Stimmen und setzten damit nach den Pleiten im Saarland, Schleswig-Holstein und NRW ihren katastrophalen Trend bei Landtagswahlen fort. Bei vielen Liberalen liegen die Nerven blank: Thomas Sattelberger verstieg sich per Tweet gar zu der Aussage, die Ampel sei eine “politische Vergewaltigung” der FDP. Klar ist schon jetzt: Die FDP will und muss im Bund mehr Profil zeigen. Für den sowieso schon angeschlagenen Ampelfrieden sind das keine guten Vorzeichen.
- Kristina Hofmann kommentiert für das ZDF, warum die Niederlage der FDP und ihre Interpretation der Gründe zu einem handfesten Problem für die Ampel im Bund werden kann.
- Das niedersächsische Politikmagazin Rundblick mit einem Kommentar, warum die FDP dem neuen niedersächsischen Landtag fehlen wird.
Neben SPD und Grünen war auch die AfD eine Gewinnerin des Abends. Sie konnte von fast allen Parteien Stimmen gewinnen, besonders groß waren die Zuläufe von FDP und CDU. Die Tagesschau erklärt, worin die Gründe für den Stimmengewinn liegen – und ist auf Angst und Protest als Erklärung gestoßen.
Weitere Analysen und Hintergründe zur Niedersachsen-Wahl:
- Das vollständige Ergebnis inklusive aller Kleinst- und Kleinparteien gibt es auf wahlrecht.de. Die Beteiligung der sechs Millionen Wahlberechtigten lag bei 60 % und damit unter dem Wert von 2017.
- Der Spiegel mit einer Übersicht zur Wählerwanderung.
- Der NDR hat die Bilder des Wahlabends.
- Wo die Parteien ihre Hochburgen haben, zeigt die Wahlkreiskarte der Tagesschau.
- Sechs Lehren aus der Wahl zieht Martin Greive für das Handelsblatt.
- Eine kleine Rundschau über die TV-Berichterstattung zur Niedersachsenwahl hat der Spiegel zusammengestellt.
- Was ist eigentlich aus der “Maschsee-Mafia” geworden? Andrea Maestro schaut für die taz auf die Hochzeit der niedersächsischen Spitzenpolitiker von Schröder über Wulff bis Gabriel zurück und was das für die Frauen im Norden bedeutete.
Nicht nur in Niedersachsen, sondern auch in Cottbus hatte die AfD Aussichten, einen Wahlerfolg bejubeln zu können. Doch auch im Brandenburg lachte am Ende die SPD. In der Stichwahl um den Einzug als Oberbürgermeister ins Rathaus hatte Tobias Schick die Nase vorn. Er setzte sich mit 68,6 % gegen Lars Schieske durch, der auf 31,4 % kam.
Auf Bundesebene möchte eine düpierte FDP nun wieder punkten. Bei SPD und Grünen ist man alarmiert. Welche Effekte der Wahlausgang in Hannover für die Bundesregierung hat, wird auch diesen Freitag bei unserer Diskussion “Regieren in der Dauerkrise – Die Fortschrittskoalition nach einem Jahr” mit Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Tobias Lindner (Grüne) Katja Mast (SPD) und Gordon Repinski (stv. Chefredakteur The Pioneer) eine Rolle spielen. Zur Anmeldung für die letzten Plätze im Berliner BASECAMP geht es hier, einen Livestream gibt es aber auch.
Mit den besten Grüßen zum Wochenstart
Philipp Sälhoff

Bundesinnenministerin Nancy Faeser möchte den Präsidenten des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) Arne Schönbohm abberufen, nachdem dessen Verbindungen zu einem umstrittenen Verein im ZDF Magazin Royale thematisiert worden sind. Der Sohn des ehemaligen CDU-Politikers Jörg Schönbohm hatte den Verein namens “Cyber-Sicherheitsrat Deutschland” mitgegründet und geleitet, der wegen seiner Russlandnähe aber bereits früher in der Kritik stand. Nun hat Jan Böhmermann in seiner Sendung enthüllt, dass ein Vereinsmitglied…
Neun junge, politische Talente – ausgewählt aus 139 Bewerbungen – werden künftig von der Initiative JoinPolitics auf ihrem Weg gefördert und begleitet. Die politisch diverse Gruppe fokussiert sich auf Themen der Generationengerechtigkeit und Innovationsansätze für Parteien. Sie erhalten nun eine finanzielle Starthilfe sowie ein Trainings- und Mentoringprogramm, das gezielt Wissen für die Politik vermittelt. Zusätzlich unterstützt JoinPolitics die Nachwuchspolitiker:innen dabei, wichtige Kontakte für ihre politischen Vorhaben zu knüpfen.
Der Friedensnobelpreis geht in diesem Jahr an Vorkämpfer für die Menschenrechte in drei Ländern: das ukrainische Center for Civil Liberties, die russische Organisation Memorial mit Gründungsmitglied Irina Scherbakowa und an den belarussischen Anwalt Ales Bialiatski, Gründer der Menschenrechtsorganisation “Wjasna”. Während die Auswahl der Preisträger hierzulande vor allem als Ohrfeige für Wladimir Putin begrüßt wurde, gab es aus der Ukraine auch Kritik, da weder russische noch belarussische Organisationen in der…
Wie sieht die politische Lage in den Vereinigten Staaten vor den Midterm-Wahlen am 8. November aus? Mit dieser Frage setzen sich der Kampagnen-Experte Julius van de Laar und der stellvertretende Pioneer-Chefredakteur Gordon Repinski in einer neuen Staffel ihres Podcasts “Race to Power” auseinander. In der ersten Folge geht es um die Bedeutung der Midterms für den Präsidentschaftswahlkampf 2024, den Supreme Court, die Diskussion um Minderheitenrechte sowie die aktuell wichtigsten…
Die Stiftung Mercator hat mit der “Agora Digitale Transformation” einen neuen Think Tank angekündigt. Ziel der jüngsten Schwester der Agoren für Energie- und Verkehrswende ist es, die Digitalisierung entlang demokratischer Werte und zum Nutzen der Gesellschaft zu gestalten. Dafür stehen 8,6 Millionen Euro für die nächsten fünf Jahre zur Verfügung. Die Leitung übernimmt ab Januar 2023 Stefan Heumann, der momentan als Vorstand bei der Stiftung Neue Verantwortung tätig ist.
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Christoph Schönberger
Auf der Bank. Die Inszenierung der Regierung im Staatstheater des Parlaments
Der Zusammenhang von Politik und Architektur ist weithin bekannt und zugleich oft unterbeleuchtet. Dass z.B. der Reichstag oder das Bundeskanzleramt als Gebäude auch politische Symbole sind, dürfte vielen Beteiligten des Politikbetriebs klar sein. Welche tiefere Bedeutung und Wirkung aber die Saalarchitektur in Parlamenten hat, ist eine nur selten gestellte Frage – weshalb sich Christoph Schönberger in seinem Buch ihrer annimmt. Der Staatsrechtler untersucht konkret, wie Plenarsäle ihre Regierung in Szene setzen und vergleicht dazu aktuelle und historische Parlamente mehrerer Staaten. Gut geschrieben und bebildert zeigt sich dabei nicht nur das Fortwirken monarchischer Prägungen, etwa des Thronsaals, sondern auch, wie die räumliche Gestaltung die Repräsentation und Interaktion, kurzum: die Parlamentskultur beeinflusst – und welche Implikationen damit für das Demokratieverständnis im jeweiligen Land einhergehen.
Benjamin Triebe
Wie man sich entschuldigt
Der SPD Hessen war an Jom Kippur ein schwerer Fehler unterlaufen. Sie postete einen Beitrag mit einem Foto, das eines der größten islamischen Heiligtümer Jerusalems zeigte – den Felsendom. Der Aufschrei war groß. Doch statt sich herauszureden oder eine halbherzige Entschuldigung zu veröffentlichen, schrieb der verantwortliche Leiter der Pressestelle einen zehnteiligen Thread, der beispielgebend dafür sein dürfte, wie man um Verzeihung bittet und wie Fehlerkultur im politischen Raum funktionieren sollte.
Mareile Ihde
Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI)
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) ist eine zivile obere Bundesbehörde im Geschäftsbereich des Bundesinnenministeriums. Es ist zuständig für Fragen der IT-Sicherheit und hat seinen Sitz in Bonn. Der Leitsatz des Bundesamts lautet: “Das BSI als die nationale Cyber-Sicherheitsbehörde gestaltet Informationssicherheit in der Digitalisierung durch Prävention, Detektion und Reaktion für Staat, Wirtschaft und Gesellschaft.” Unter der Leitung von Arne Schönbohm (seit 2016) ist das BSI mit der gestiegenen Bedeutung der IT-Sicherheit in den vergangenen Jahren erheblich gewachsen.
Gregor Bauer
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