Putins Propaganda-Playbook

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Editorial: Putins Propaganda-Playbook +++ Meldungen: DSA könnte NetzDG faktisch abschaffen, Politische Positionierungen der DAX-CEOs, Gesellschaftliches Engagement 2031, Twitter-Diskurs zu Impfungen, Ostdeutsche Engagementförderung +++ Wahltrend: SPD-Abwärtstrend gestoppt +++ Buch: Die Zukunft der Außenpolitik ist feministisch +++ Tweet: It’s still a man’s world +++ Jobs: Consultant Stakeholderkommunkation (ifok), Freedom in the World Junior Fellowship, Parlamentarische Beratung für die Enquetekomission „Krisenfeste Gesellschaft“, u.a. +++ Events: „#D21talk – Webkongress Digitale Gesellschaft 2022, “100 Tage neues Parlament” – Business Talk Frühstück mit neuen und alten Abgeordneten, u.a. +++ Stakeholder: Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE)

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Liebe Leserin, lieber Leser,

“den gefährlichsten Moment für Europas Sicherheit seit Ende des Kalten Krieges” nannte US-Verteidigungsminister Blinken die derzeitige Situation in der und um die Ukraine jüngst. Damit daraus kein heißer zwischenstaatlicher Krieg entsteht, liefen die diplomatischen Bemühungen in den letzten Tagen auf Hochtouren – mit überschaubarem Erfolg.

Der Nerven- und Informationskrieg läuft hingegen schon lange und hat in den letzten Tagen ebenfalls einen neuen Höhepunkt erreicht. Seit Freitag hat die Desinformationsoffensive der russischen bzw. von Russland unterstützten Seite erheblich zugenommen, mit teilweise grotesken “False Flags”, also konstruierten Angriffen, die der Gegenseite zugeschrieben werden und als Kriegsgrund angeführt werden können.

Vor allem über Telegram verbreiten sich Meldungen von angeblichen ukrainischen Angriffen und Sabotageakten bis hin zu Massengräbern und einem “Genozid” an der Bevölkerung in der Ostukraine. Russische Staatsmedien greifen diese sehr schnell auf. Die Wahrheit bleibt immer noch das erste Opfer des Krieges, wie der ehemalige US-Politiker Hiram Johnson gesagt haben soll.

Trotz oder gerade wegen der unübersichtlichen Lage hier einige Informationsquellen, die Ihnen hoffentlich ein reflektiertes Bild vermitteln:

  • Um die zentralen aktuellen Entwicklungen zu verfolgen, empfehlen wir den Live-Ticker des SPIEGEL.
  • Der Twitter-Account LiveUAMap sammelt fast minütlich Informationen auf sehr detailliertem Level, gleichwohl viele nicht objektiv geprüft werden können.
  • Die OSINT-Community (Open Source Intelligence), stellt aus frei verfügbaren Informationen Analysen zusammen und ist in den letzten Tagen zur wichtigen Quelle für Expert:innen geworden. Economist-Journalist Shashank Joshi hat seinen Dank an einige von ihnen in einem Tweet zusammengefasst. Auch hier eine Folgeempfehlung.
  • Viele Analysten beschäftigen sich mit der aktuellen Krise, wir empfehlen u. a. Michael A. Horowitz.

Weitere Hintergründe zur Krise und dem Propagandakrieg:

  • Dass Russland schon seit Jahren einen TV-Krieg gegen die Ukraine und den Westen führt, zeigt Roman Goncharenko für die Deutsche Welle.
  • “Wer hat im Westen ein Interesse an einem Krieg?” Unter anderem Prince Charles (sic!), meint das russische Staatsfernsehen, wie BBC-Moskau-Korrespondent Steve Rosenberg feststellt.
  • Was es mit dem ominösen Z auf sich hat, das auf vielen Panzern und Fahrzeugen der russischen Streitkräfte gemalt wurde, hat sich The Daily Beast angeschaut.
  • Durch den Truppenaufmarsch fast unbemerkt steht Alexej Nawalny abermals vor Gericht, während jetzt auch sein Bruder in Abwesenheit verurteilt wurde.
  • Die Zustimmung zu einem NATO–Beitritt ist in der Ukraine inzwischen übrigens auf einem Allzeithoch, wie eine kürzliche Umfrage zeigt.
  • Über die “Choreografie” Putins hat der Osteuropa-Historiker Karl Schlögel mit der taz gesprochen.
  • Eine lesenswerte Kurzanalyse zur Motivation des Kreml-Chefs hat Ulrich Speck in einem Twitter-Thread verfasst.
  • Welche vier Szenarien jetzt am wahrscheinlichsten sind, hat Guardian-Journalist Shaun Walker in Kurzform festgehalten.
  • Die derzeitige Situation wäre mit einer feministischen Außenpolitik wahrscheinlich nicht so verfahren. Warum das so ist, erklärt Kristina Lunz in unserem Buch der Woche.

Die Eskalation an der ukrainischen Grenze, an der mittlerweile je nach Schätzung zwischen 150.000 und 200.000 russische Truppen stehen, fiel mit dem Wochenende der Münchener Sicherheitskonferenz zusammen. Für viele Beobachtende stand dabei auch die Haltung Chinas im Mittelpunkt. Erwartbar war die Ablehnung gegenüber der NATO-Erweiterung. Durchaus bemerkenswert aber die Klarstellung des chinesischen Außenministers, dass die territoriale Integrität von Staaten “ohne Ausnahme auch für die Ukraine” gelte.

  • Was auf der 58. Sicherheitskonferenz passierte, fasst Jasper Ruppert in “sechs Erkenntnissen” für den Bayerischen Rundfunk zusammen.
  • Es war die letzte MSC von Wolfgang Ischinger, der zum Abschluss die Leitung an den ehemaligen Merkel-Berater und UN-Vertreter Deutschlands Christoph Heusgen übergab. Ischinger selbst war in den vergangenen Wochen wegen eines Anteils an einem Unternehmen, das an der Konferenz verdiente, in die Kritik geraten. Ein Portrait des neuen Chefs der Sicherheitskonferenz hat die Deutsche Welle erstellt.
  • Wie absurd ein CEO-Treffen auf der MSC aussah, beleuchtet unser Tweet der Woche.

Kurzzeitig gab es Hoffnung auf einen diplomatischen Teilerfolg von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Nach zwei Telefonaten mit Putin am gestrigen Sonntag, davon eines nach Mitternacht, könnte nun ein persönliches Gespräch zwischen Biden und Putin in den nächsten Tagen stattfinden. Vorher müssen die beiden Außenminister Blinken und Lawrow allerdings Grundlagen schaffen. Bedingung: Russland darf bis dahin nicht einmarschiert sein.

Vor wenigen Minuten wurde dazu bekannt, dass die Führung der beiden “Volksrepubliken” offiziell um russische Militärunterstützung ersucht.

Ob und wann die Lage weiter eskaliert, weiß derzeit wohl nur Putin selbst. Wenn überhaupt.

Mit hoffenden Grüßen zum Wochenstart
Philipp Sälhoff
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DSA: EU-Gesetz könnte deutsche Social Media Regulierung faktisch abschaffen

Der Digital Services Act (DSA) der EU könnte nationale Regelungen für Social Media, wie das deutsche Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), obsolet machen. Ein Gutachten im Namen der Friedrich-Naumann-Stiftung kommt zu dem Schluss, dass mit dem DSA ein neuer “Goldstandard” für Grundrechte im Netz etabliert wird. Effektives Vorgehen der Aufsichtsbehörden gegen Zensur und diskriminierende Moderationspraktiken werden ermöglicht. Gleichzeitig werden Plattformen durch die Grundrechtsbindung ihrer AGB vor übergriffigen Regimen geschützt.

Politische CEOs: Positionierungen vor allem zum Klimaschutz

Die 40 Dax-Unternehmen und ihre CEOs äußern sich vor allem zu Umweltschutz und dem Klimawandel. Andere politische Themen sind dahingegen weit unbeliebter, so geht es aus einer Auswertung der Kommunikationsberatung APCO hervor. Diversity und Inklusion ist demnach das zweitbeliebteste Thema, selbst in den zwei Monaten vor der Bundestagswahl noch drei Mal so häufig thematisiert wie die Wahl selbst. Das beliebteste Portal auch für politische Äußerungen der Manager:innen ist LinkedIn.

Zivilgesellschaft im Jahr 2031: Gesellschaftliches Engagement der Zukunft

Zivilgesellschaftliche Engagement im Jahr 2031, so eine Studie des Thinktanks ZIVIZ, wird sich fundamental von der heutigen unterscheiden. Die Autor:innen erwarten insbesondere eine Politisierung der Zivilgesellschaft durch den Druck neuer sozio-kultureller Konfliktlinien und deren zunehmender Verschränkung mit Verteilungsfragen. Durch die Digitalisierung würde Engagement ferner außerhalb von institutionellen Organisationen an Bedeutung gewinnen.

Twitter: Kein Streit, sondern gegenseitiges Ignorieren beim Thema #Impfung

Impfgegner:innen und Befürworter:innen auf Twitter treten kaum in Kontakt miteinander. Eine Datenauswertung der FAZ hat die Netzwerke der beiden Seiten analysiert: Sprachlich und thematisch gibt es demnach kaum noch Überlappungen. Wirkliche Debatten passierten selten, sondern die Gruppen “ignorieren sich” gegenseitig. Einzig die Accounts des Bayerischen Rundfunks und des Bundesministeriums für Gesundheit verbinden die beiden Subnetzwerke, so die FAZ.

Ostdeutschland: Engagementförderung als urbane Angelegenheit

Einrichtungen zur Engagementförderung zentrieren sich in Ostdeutschland überwiegend auf Städte mit über 10.000 Einwohner:innen. Das ergab eine Studie der Stiftung Bürger für Bürger. Die Anzahl der Einrichtungen und kommunalen Ansprechpartner sei seit 2013 zwar insgesamt gestiegen, die der Freiwilligenagenturen und Seniorenbüros habe jedoch abgenommen. Dabei unterscheidet sich die Lage in den Bundesländern drastisch. Die Bevölkerung Thüringens ist am aktivsten: 40,8% der über 14-Jährigen sind in einer Form freiwillig engagiert, 38,2 % gehören einem Verein an.

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Nachruf: Martina Fietz

Die ehemalige Chef-Korrespondentin des FOCUS und stellvertretende Regierungssprecherin ist gestorben.„Ich lerne so viel bei Euch. Jeden Tag. Ich weiß jetzt endlich, wofür sich die Menschen im Land wirklich interessieren.“ Das waren typische Martina-Sätze. Sie machte nie eine Sache daraus, dass vor allem die anderen von ihr lernten.“ (FOCUS)

 

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Der pollytix-Wahltrend zur Sonntagsfrage, Vorwochenvergleich in gefärbten Zahlen. Die Angaben berechnen sich aus dem gerichteten Mittel aller Sonntagsfragen der letzten 20 Tage. Den kompletten Wahltrend und alle Einzelumfragen finden Sie hier, mehr zur Methodologie hier.

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Nachdem Annalena Baerbock als erste Frau das Auswärtige Amt übernahm, kündigte sie im Einklang mit dem Koalitionsvertrag die Arbeit an einer Strategie für feministische Außenpolitik an. Was das in der Praxis bedeuten könnte, beschreibt Kristina Lunz in ihrem Buch, das diese Woche erscheint. Die Politikwissenschaftlerin und Aktivistin zeigt anhand von konkreten Beispielen wie patriarchale Strukturen in der internationalen Politik die Welt bedrohen – und wie notwendig es demgegenüber ist, die Bedürfnisse von Frauen und Minderheiten global zu berücksichtigen. Dafür werden von ihr die Themen Menschenrechte, globale Gesundheitspolitik, Klimagerechtigkeit, Abrüstung und feministische Machtanalysen zusammengedacht.

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It‘s still a man‘s world: Beim CEO-Businesslunch im Rahmen der diesjährigen Münchner Sicherheitskonferenz war keine einzige Frau dabei, wie ein Foto von „The Pioneer“-Chefredakteur Michael Bröcker zeigte, das unter anderem von SPD-Politikerin Sawsan Chebli geteilt wurde. Ein Lichtblick war indes die Konferenz selbst: 45 Prozent der Redner:innen waren weiblich.

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Möchtest Du dazu beitragen, gesellschaftlich relevante Veränderungsprozesse voranzutreiben? ifok sucht eine:n Consultant (w/d/m), um die Energiewende in Deutschland zu beschleunigen. Zu Deinen Aufgaben gehören die Kommunikation zu Stakeholdern sowie die Koordinierung von Maßnahmen und Prozessen. Voraussetzungen für die Stelle sind u.a. ein relevanter Studienabschluss, überzeugendes Auftreten und der Besitz eines Führerscheins der Klasse B.

Fellowship der Woche

Freedom in the World 2022–23 Junior Fellowship

Freedom House vergibt drei Fellowships im Rahmen eines Junior Programms. Über neun Monate hinweg wirst Du die Forschung zum Demokratieindex Freedom in the World begleiten und managen. Bewerbungsfrist ist der 28.02.2022.

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Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE)

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ist mit 57 Mitgliedstaaten die weltweit größte regionale Sicherheitsorganisation. Zu ihren Aufgaben gehören diverse Sicherheitsfragen, u.a. die Einhaltung von Menschenrechten und Grundfreiheiten sowie die Konfliktprävention. Der OSZE-Vorsitz wird für ein Jahr von einem Mitgliedstaat ausgeübt, im Jahr 2022 liegt er bei Polen.

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21. Februar 2022