Das neue Jahr begann mit einer faktischen Kriegserklärung: In der Nacht zum Freitag wurde gegen 1 Uhr Ortszeit der iranische Elite-General Qasem Soleimani (Portrait von SPIEGEL-Korrespondent Christoph Reuter) auf direkten Befehl von US-Präsident Trump durch eine unbemannte Drohne nahe des Bagdader Flughafens getötet. Mit dem hochdekorierten Anführer der iranischen Revolutionswächter (“Pasdaran”) starb auch einer der mächtigsten irakischen Milizenführer, Abu Mehdi al-Muhandis.
Trump stellt sein Vorgehen als Präventivschlag dar, der einen unmittelbar bevorstehenden Angriff seitens des Iran vereiteln sollte. Die Belege für diesen sind jedoch mehr als dürftig: Quellen aus dem Umfeld des Weißen Hauses sprechen von weitgehendem “business as usual”-Verhalten beim Anführer der iranischen Quds-Brigaden, die v. a. im Ausland aktiv sind. Dass die Tötung Soleimanis überhaupt auf dem Tisch war, sollte offenbar nur zur Abschreckung dienen, um andere Reaktionen auf die Eskalation in Bagdad sinnvoller erscheinen zu lassen. Dass Trump jedoch genau diese wählte, schockierte dann nicht nur die MilitärberaterInnen des Pentagon (Bericht der New York Times).
Der Militärschlag löste Reaktionen auf allen Ebenen aus: Hunderttausende IranerInnen protestierten im ganzen Land (Video), im Parlament von Teheran stimmten die Abgeordneten in “Tod Amerika”-Rufe (Video) ein. Außerdem kündigte der Iran das Atomabkommen aus dem Jahr 2015 komplett auf. Auch der Geschäftsträger der deutschen Botschaft wurde aufgrund “destruktiver Äußerungen” deutscher Offizieller ins iranische Außenministerium einbestellt. Das irakische Parlament stimmte gestern überraschend dafür, dass die SoldatInnen der US-geführten Allianz gegen den Islamischen Staat abziehen sollen, was als Erfolg des iranischen Einflusses gewertet werden kann. Die aber vielleicht bedeutendste Folge: Der Tod des in der Bevölkerung beliebten Soleimani schweißt RegimekritikerInnen und Regierungstreue zusammen, auch die inneriranische Opposition solidarisiert sich.
Es gab gute Gründe, warum Soleimani, der als Architekt der iranischen Hegemonialstellung im Nahen und Mittleren Osten gilt, bisher verschont wurde. Der ehemalige CIA-Offizier John Maguire bezeichnete ihn als “einflussreichsten Akteur” der Region. Weshalb man seine Stellung aber auch als “gnadenlos überbewertet” beurteilen kann, schildert Pulitzer-Preisträger und jahrelanger Nahost-Korrespondent Thomas L. Friedman in der New York Times.
Was bleibt: Der Umstand, dass ein zur Wiederwahl stehender US-Präsident, der bis zum Hals in einem Amtsenthebungsverfahren steckt, gleichzeitig und zielgerichtet ein geopolitisches Pulverfass in Brand setzt. Eine militärische Vergeltung des Iran scheint unausweichlich.
Derweil war die größte Krise, die Deutschland während der Feiertage durchlebte, eine völlig aus dem Ruder gelaufene und von rechten Twitter-Accounts hochgejazzte Debatte um einen WDR-Kinderchor, der von der “Umweltsau Oma” sang. Dass laut einer ersten Berechnung am Heiligabend die größte Menge Antarktiseis an einem einzigen Tag seit 40 Jahren abgeschmolzen sein soll und den australischenBuschbränden mittlerweile mehr als zwei Dutzend Menschen und eine halbe Milliarde Tiere den Flammen zum Opfer fielen, ging dabei unter.
Mit den besten Grüßen zum Wochenstart, der auch den Beginn eines neuen Jahrzehnts markiert – zumindest für die meisten (der WDR über einen Besserwisser-Streit).
Philipp Sälhoff
politnews
- Grüne in Talkshows überrepräsentiert – PolitikerInnen der Grünen waren 2019 überdurchschnittlich oft in den vier großen öffentlich-rechtlichen Polit-Talkshows zu Gast. Das zeigt eine Auswertung des RedaktionsNetzwerks Deutschland, welche Fraktionsgröße im Bundestag mit den Talkshow-Auftritten vergleicht. Stark unterrepräsentiert war dagegen die AfD; CDU und Linke lagen leicht zurück. Am häufigsten zu Gast bei Plasberg, Illner, Maischberger und Will war Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock, dicht gefolgt von Kevin Kühnert. Im Jahr 2018 belegte Baerbocks Co-Vorsitzender Robert Habeck den ersten Platz. ➡️ RedaktionsNetzwerk Deutschland (Artikel)
- Die Zukunft der Sozialen Medien – Weniges hat die Zehner Jahre so geprägt wie der Aufstieg der Sozialen Medien. Das Mediennetzwerk The Verge hat es gewagt, einige Prophezeiungen für die Entwicklung in der kommenden Dekade zu machen. So gelte es als sicher, dass der Aufstieg von Fake News nicht enden wird, solange sich Facebook weigert, politische Anzeigen zu überprüfen. Instagrams Strategie, Likes zu verstecken, wird sich als erfolgreich erweisen und von anderen Netzwerken adoptiert werden. Außderdem sollen abo-basierte Medien wie Mail- und Messenger-Newsletter für eine breitere Masse interessant werden. ➡️ The Verge (Artikel | 🇬🇧)
- Die Vergangenheit der Sozialen Medien – Nach den Demokratisierungsphantasien kam die Ernüchterung und der Wunsch nach Zerschlagung und Alternativen: Die vergangenen zehn Jahre haben die sozialen Netzwerke auf den Boden der Tatsachen bzw. der menschlichen Verhaltensmuster gebracht. Roberto Simanowski schaut in seinem Essay auf Meilensteine wie die Wahl von Donald Trump und den Cambridge Analytica Skandal zurück, welche das Verhältnis von Gesellschaft und Plattformen verändert haben. ➡️ ZEIT ONLINE (Artikel)
- Schäuble will Wahlrechtsreform bis zum Frühjahr – In der jahrelangen Debatte um eine Wahlrechtsreform gibt es nun eine neue Initiative von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble. Bis Ostern will er sich mit VertreterInnen der sechs Fraktionen auf einen Gesetzesentwurf zur Begrenzung der Größe des Bundestags einigen. Die Reform soll zur übernächsten Legislaturperiode in Kraft treten. Dem aktuellen Bundestag gehören so viele ParlamentarierInnen wie noch nie an, Grund hierfür sind die zahlreichen Überhang- und Ausgleichsmandate. ➡️ Märkische Allgemeine (Artikel) | SPIEGEL ONLINE (Gastbeitrag zur Reform)
- Bühne für den Nachwuchs der politischen Kommunikation – Eine neue ForscherInnen-Generation zu politischer Kommunikation stärken und sichtbar machen – Das ist Anliegen des 16. Düsseldorfer Forums Politische Kommunikation (DFPK), das vom 26. bis 28. März stattfindet. Auf der Tagung wird jungen WissenschaftlerInnen die Möglichkeit geboten, ihre Forschungsarbeiten einem interessierten und erfahrenen Publikum zu präsentieren. Vortragsvorschläge in Form von Bachelor- oder Masterarbeiten, Dissertationen und anderen wissenschaftlichen Projekten können noch bis zum 20. Januar als Abstract eingereicht werden. ➡️ DFPK (Call for Papers) | DFPK (Rückblick 2019)
polittweet
Der TV-Moment des Jahrzehnts
Jahrzehntrückblicke gab es viele. Aber in keinem sollte der bis dato nur der Fachcommunity bekannte Nordkorea-Experte Robert E. Kelly fehlen, der Dank seiner aufgeweckten Kinder auf einen Schlag weltberühmt wurde. Kelly bewahrte aber nicht nur im BBC-Live-Interview die Fassung, sondern ging mit der Situation auch im Nachhinein sehr souverän um, wie diese Familiengrüße der Kellys an Twitter beweisen.
- 13.01.2020 – Staatliche Repression angesichts politischer Dissidenz
ANC Deutschland | Vortrag und Diskussion | Unabhängigkeitsbestrebungen in Katalonien | KulturKantine Berlin Mitte – Prenzlauer Berg | 19:00 Uhr - 16.-18.01.2020 – Global Forum for Food and Agriculture
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft | Konferenz | Agrar- und Ernährungspolitik | CityCube Berlin | ab 9:00 Uhr - 20.01.2020 – Die aufgeregte Gesellschaft – Wie Emotionen Moral prägen und die Polarisierung verstärken
Urania Berlin | Vortrag | Gesellschaft und Polarisierung | 19:30 Uhr - 23.01.2020 – Dr. Klaus Lederer im Gespräch mit Alice Ströver
Berliner Wirtschaftsgespräche e.V. | Gespräch | Kulturpolitik | Freie Volksbühne Berlin | 19:00 Uhr - 29.01.2020 – Smarte Spalter – die AfD zwischen Bewegung und Parlament
Urania Berlin | Podiumsdiskussion | Rechtspopulismus | 18:00 Uhr
Ministerium für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren des Landes Schlewsig-Holstein sucht Referentin/Referent (m/w/d)
Berlin | Bewerbungsfrist: 31.01.2020 | Arbeitsbeginn: ab sofort | Voll- oder Teilzeit
Das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren des Landes Schleswig-Holstein sucht für die Aufgabenwahrnehmung beim Bund eine Referentin / einen Referenten (m/w/d) für eine unbefristete Beschäftigung am Standort Berlin. Es ist die Aufgabe der Vertretung des Landes Schleswig-Holstein beim Bund, die Mitwirkung des Landes an der Gesetzgebung des Bundes zu gewährleisten und die Repräsentation des Landes mit einer Vielzahl von Veranstaltungen in der Bundeshauptstadt zu begleiten. Zu den Aufgabenschwerpunkten gehören das Monitoring und die Betreuung der Themen des MSGJFS in den Ausschüssen des Bundesrates und die Koordination mit dem Ministerium in Kiel.
- ressourcenmangel an der Panke sucht Redakteur (m/w/d) Print Online
Berlin | Bewerbungsfrist: laufend | Arbeitsbeginn: ab sofort | Vollzeit - Cosmonauts & Kings sucht Intern: Digital Campaigns & Strategy (m/w/d)
Berlin | Bewerbungsfrist: laufend | Arbeitsbeginn: 01.03.2020 | Vollzeit - ADVERB sucht Junior-Berater (m/w/d) für Social-Media- und Webprojekte
Berlin | Bewerbungsfrist: laufend | Arbeitsbeginn: ab sofort | Vollzeit - ADVERB sucht Berater (m/w/d) für Social-Media- und Webprojekte
Berlin | Bewerbungsfrist: laufend | Arbeitsbeginn: ab sofort | Vollzeit - Miller & Meier Consulting sucht Associate (d/m/w) Beratung für Strategie und Lobbying
Berlin | Bewerbungsfrist: 10.01.2020 | Arbeitsbeginn: ab sofort | Vollzeit - Deutsche Post DHL Group bietet Vollzeit-Praktikum Unternehmenslobbying / Public Affairs (m/w/d)
Berlin | Bewerbungsfrist: 12.01.2020 | Arbeitsbeginn: 01.04.2020 | Vollzeit
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Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. (DGAP) ist das nationale Netzwerk für Außenpolitik. Als unabhängiger, überparteilicher und gemeinnütziger Verein fördert die DGAP seit 60 Jahren die außenpolitische Meinungsbildung in Deutschland. Mit ihrer Arbeit verfolgt die DGAP das Ziel, einen substanziellen Beitrag zur außenpolitischen Debatte in Deutschland zu leisten, Entscheidungsträger in Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zu beraten, die Öffentlichkeit über Fragen der Internationalen Politik zu informieren, die außenpolitische Community in Deutschland zu stärken und die außenpolitische Stellung Deutschlands in der Welt zu fördern.