politnews – SPD versucht das Makeover

[ Mit Meldungen zum Behörden-Messenger, Auslandsvertretungen und Nachtschichten im Bundestag ]

Die Revolution ist abgesagt. Der SPD-Parteitag beauftragte die neue Parteiführung mit Nachverhandlungen des Koalitionsvertrags, v. a. in den Bereichen Klimaschutz, Investitionen und Mindestlohn. Nach den Gesprächen mit der Union soll der Parteivorstand dann ohne weitere Mitgliederbefragung entscheiden, ob es mit der GroKo weitergehen kann oder nicht. Einen überstürzten Ausstieg aus der Regierung wird es vorerst jedenfalls nicht geben. Unklar ist derweil offenbar nicht nur auf Unionsseite, ob diese Verhandlungen von Partei- oder eher GroKo-freundlicher Fraktionsspitze geführt werden sollen.

Darüber hinaus wurden im CityCube Berlin zentrale Personalfragen geklärt:

  • Wie erwartet wurden Saskia Esken (75,9 %) und Norbert Walter-Borjans (89,2 %) zu den neuen Parteivorsitzenden gewählt. Die Ergebnisse sind unter dem Vorbehalt zu interpretieren, dass der Parteitag sich politisch an das Mitgliedervotum gebunden fühlte.
  • Als erster Juso-Vorsitzender überhaupt wird Kevin Kühnert mit 70,4 % neuer stellvertretender Vorsitzender. In seiner vielbeachteten Rede räumt er bildhaft mit dem Rote-Socken-Klischee auf. Pikant: Um eine Kampfabstimmung zwischen ihm und Arbeitsminister Hubertus Heil abzuwenden, wurde die Anzahl der Vize-Posten kurzfristig von drei auf fünf angehoben.
  • Die Spitzengenossen Ralf Stegner, Heiko Maas und Michael Müller unterlagen hingegen im ersten Wahlgang für den Parteivorstand. Während der schleswig-holsteinische und der Berliner SPD-Chef sich danach zurückzogen, konnte der Außenminister eine komplette Schmach abwenden und zog im zweiten Wahlgang in das Gremium ein.

Auch inhaltlich wurde debattiert, u. a. das neue SozialstaatskonzeptArbeit – Solidarität – Menschlichkeit: Ein neuer Sozialstaat für eine neue Zeit“, das “Hartz IV” endgültig mit dem Bürgergeld ersetzen soll. Alle Beschlüsse gibt es hier.

Während die Agenda 2010 also endgültig überwunden werden soll, bleiben andere Altlasten bestehen: Denn seit ihrem bisher höchsten Bundestagswahlerfolg seit der Wiedervereinigung im Jahr 1998 verlor die Partei mehr als die Hälfte ihrer Wählerstimmen und mehr als 40 % ihrer Mitglieder. Beide Werte sind indirekt (Bemessungsgrundlage der staatlichen Parteienfinanzierung) und direkt (Mitgliedsbeiträge) die Hauptfinanzierungsquelle für Parteien. Interne Reformen, die Kosten sparen sollten, wurden nur abgeschwächt oder gar nicht durchgesetzt (siehe Anzahl der Vize-Posten). Auch die vielen internen Parteitage und Personalfindungsprozesse der letzten Jahre trugen dazu bei, dass die Kassen im Willy-Brandt-Haus bedrohlich leer sind, wie Schatzmeister Dietmar Nietan eindringlich warnte.

Was die neue Parteispitze und der Parteitag der SPD in der Wählergunst gebracht hat, ist schwer zu sagen. Forsa und Emnid taxieren die SPD aktuell 11 bzw. 16 %. In der neuen Zeit scheint also weiterhin vieles möglich.

Mit den besten Grüßen
Philipp Sälhoff


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  • Bundestag schafft Nachtschichten ab – Die parlamentarischen GeschäftsführerInnen der Bundestagsfraktionen haben sich darauf geeinigt, die Regelungen der Plenumssitzungen zu reformieren. Durch Kürzungen der Debattenlänge und der parlamentarischen Fragestunde sollen vor allem lange Nachtsitzungen vermieden werden. Insbesondere der Donnerstag soll entlastet werden. Die AfD lehnt den Reformvorschlag ab, der im Plenum aber eine sichere Mehrheit finden sollte. Anlass war der Zusammenbruch von zwei Abgeordneten am selben Tag. Wie eine typische Sitzungswoche aussieht, skizziert Bundesentwicklungsminister Gerd Müller auf seiner Website. ➡️ SPIEGEL ONLINE (Artikel) | Gerd Müller (Zeitplan Sitzungwoche)
  • China erstmals Spitzenreiter bei Auslandsvertretungen – Laut dem Global Diplomacy Index 2019 verfügt China nun weltweit über 276 Botschaften, Konsulate und weitere Büros und überholt somit die USA, die 273 Auslandsvertretungen zählen. Die Regierung in Peking hat ihr diplomatisches Netzwerk in den letzten Jahren massiv ausgebaut, vor allem in Staaten, die davor ihre Verbindungen zu Taiwan beendet hatten, wie z. B. Burkina Faso oder die Dominikanische Republik. Deutschland liegt mit 224 Vertretungen auf Platz 7 des Rankings. ➡️ BBC (Artikel) | Lowy Institute (Interaktive Grafik)
  • Olaf Scholz macht Popularitätssprung – Den Kampf um die SPD-Spitze hat er verloren, in der breiten Bevölkerung hat er jedoch an Ansehen gewonnen: SPD-Finanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz ist zusammen mit Angela Merkel auf Platz 1 der beliebtesten PolitikerInnen des Landes gerückt – mit fast 10 Prozentpunkten mehr als bei der letzten Befragung. Neben dem Grünen Spitzen-Duo konnte auch CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer deutlich zulegen. ➡️ Tagesschau (Deutschlandtrend)
  • Kaum Respekt für PolitikerInnen und JournalistInnen – Nur 25 % der Deutschen finden, dass PolitikerInnen “viel” oder “sehr viel Respekt” entgegengebracht wird (JournalistInnen: 32 %), Tendenz sinkend. Diese Werten korrelieren mit einer Zunahme von Gewalt und Drohungen gegen diese Berufsgruppen in letzter Zeit. Beide Berufe werden außerdem von Frauen mehr als von Männern, und von Westdeutschen mehr als von Ostdeutschen geschätzt. Die “Anerkennungsliste” führen ÄrztInnen, ProfessorInnen und RichterInnen an. ➡️ Süddeutsche (Artikel) | Konrad-Adenauer-Stiftung (Umfrage)
  • Bundesregierung plant Behörden-Messenger – Das Bundesinnenministerium plant, einen sicheren, unabhängigen und behördenübergreifenden Messenger zu entwickeln. Bereits seit dem Sommer widmet sich eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe der Aufgabe, als Vorbild dient unter anderem Frankreichs Regierungsmessenger “Tchap”, dessen Start jedoch nicht ganz reibungslos verlief. Er soll künftig auch der Kommunikation zwischen BürgerInnen und Behörden dienen. Laut Bundesdatenschutzbeauftragtem Ulrich Kelber ist sogar eine gesamteuropäische Lösung denkbar. ➡️ Tagesspiegel (Artikel)


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Geschichten aus der Landesvertretung

Das vom bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder veröffentlichte Foto von der Ministerpräsidentenkonferenz sorgte gleich in zweifacher Hinsicht für Diskussionen: In der reinen Männerrunde (es gibt mit Manuela Schwesig und Malu Dreyer auch nur zwei Regierungschefinnen in den 16 Bundesländern) schaut ausgerechnet sein schleswig-holsteinischer und mit ihm politisch oft über Kreuz liegende Kollege Daniel Günther etwas unglücklich drein.

 

12.12.2019 – Werte, Haltung, Stimmungsmache: Journalist*innen und ihre Rolle für die Demokratie
Stiftung Mercator | Podiumsdiskussion | Journalismus | ProjektZentrum Berlin der Stiftung Mercator | 18:15 Uhr

Berichterstattung soll „unabhängig von Einwirkungen oder Einflüssen durch Parteien, Weltanschauungsgruppen, Wirtschafts- oder Finanzgruppen und Regierungen” sein, schreibt die Deutsche Presse-Agentur in ihrem Gesellschaftsvertrag. In seinem Buch „Die Nachrichten-Profis” vertritt Laszlo Trankovits die These, dass Nüchternheit und Distanz zu den jeweiligen Themen Journalist*innen bei ihrer Arbeit leiten sollen. Doch ist dieser Anspruch zeitgemäß?

Täglich aktuelle Termine finden Sie auf politcal.de – auch bereits vorsortiert für InstitutionenStakeholder und Political Consulting.

Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie sucht Referentin / Referent im Ministerbüro (m/w/d)
Kiel | Bewerbungsfrist: 02.01.2019 | Arbeitsbeginn: ab sofort | Vollzeit

Zum nächstmöglichen Zeitpunkt ist im Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus längstens befristet bis zum Ende der Legislaturperiode der Arbeitsplatz einer Referentin / eines Referenten im Ministerbüro (m/w/d) zu besetzen, der im Wesentlichen folgende Aufgaben umfasst: Qualitätskontrolle der Terminvorbereitungen für den Minister, Vertretung des Leiters des Ministerbüros, Projektarbeit zu Themen von besonderer politischer Bedeutung.

Gesucht wird ein politisch interessierter Generalist (m/w/d) mit abgeschlossenem Hochschulstudium (Master) oder Beschäftigte des höheren Dienstes mit einschlägiger Berufserfahrung in der öffentlichen Verwaltung.

Sie suchen selbst Verstärkung? Auf politjobs.de unterstützen wir Sie bei der Personalsuche. Schreiben Sie uns einfach unter politjobs@polisphere.eu.

Ministerpräsidentenkonferenz
Die Ministerpräsidentenkonferenz wurde auf Initiative der Ministerpräsidenten als “Gremium der Selbstkoordination” der Länder ins Leben gerufen. Ziel ihrer Beratungen ist die Abstimmung gemeinsamer Positionen der Länder untereinander bzw. gegenüber dem Bund in wichtigen politischen Fragen außerhalb des normalen Gesetzgebungsverfahrens.

politdir.de ist der Wegweiser durch die Berliner Republik. Sollen wir als nächstes an dieser Stelle Ihre Organisation vorstellen? Sie erreichen uns unter politdir@polisphere.eu.

9. Dezember 2019