politnews – Wie der Bundestag auf die zweite Welle reagiert

[ Mit Meldungen zu: steigender Internetnutzung, digitaler Gewalt gegen Mädchen, Digitalhauptstadt Hamburg, weniger Interesse an Corona-News und neuem Friedensnobelpreisträger ]

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Das Coronavirus ist mit aller Kraft zurück und lässt für den kommenden Winter nichts Gutes erahnen. Derzeit gelten 33 Städte und Landkreise in Deutschland als Risikogebiete mit mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner, Tendenz rasant steigend. Warum der Schwellenwert genau bei 50 liegt, welche Auflagen in Hotspot-Regionen gelten und Antworten auf andere Fragen zur derzeitigen Infektionslage, hat die Welt zusammengetragen. Alarmierend sind die Werte vor allem mit Blick auf die Neuinfektionen, die Sterblichkeitsrate sinkt weiter. Warum das so ist, hat der Spiegel erklärt.

Eine gewisse „Corona-Müdigkeit“ zeigt sich aber nicht nur an den Abstands- und Maskenmuffeln im öffentlichen Raum. Auch im Netz geht das Interesse an der Pandemie weiter zurück, wie eine Erhebung der Bernstein Group (siehe politnews 4) zeigt.

Seit Beginn der Pandemie haben sich mindestens 37 Personen aus der Bundestagsentourage angesteckt, zu der neben Abgeordneten unter anderem auch MitarbeiterInnen, DienstleisterInnen und damit insgesamt etwa 10.000 Personen gehören. Das heißt zwar nicht zwangsläufig, dass die Ansteckungen auch im Parlamentsgebäude geschehen sein müssen, dennoch herrscht nun auch unter der Reichstagskuppel Maskenpflicht. Das stößt gemeinhin auf viel Verständnis und Unterstützung, nur eine Fraktion will dagegen klagen. Die FAZ hat sich Posse zum Infektionsschutz im Bundestag genauer angeschaut.

Eine weit größere Tragweite hat aber eine andere Entscheidung: Ab sofort können Parteien ihre KandidatInnen ohne Präsenzveranstaltungen aufstellen. Wenn eine Lage „höherer Gewalt“ vorliegt, die vom Bundestag in einfacher Mehrheit festgestellt werden muss, kann nach Erlaubnis des Bundesinnenministeriums digital oder per Brief abgestimmt werden. Auch hier reißt das Coronavirus Mauern für lange überfällige Digitalisierungsinnovationen ein, nachdem schon im Online-Zugangsgesetz einige Verwaltungsreformen im Zuge der Corona-Hilfen verabschiedet wurden.

Aber auch abseits von Corona-Maßnahmen wurden Entscheidungen getroffen, die Einfluss auf den politischen Betrieb haben: Nach einer jahrelangen Debatte wurde das neue Wahlrecht verabschiedet – und hat einen prominenten Abweichler: Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble. Wenn der Wächter des Parlamentarismus schon nicht mit seinen ParteifreundInnen und der Großen Koalition stimmt, weil die Reform ihrem Namen kaum gerecht wird, lohnt ein näherer Blick. Auch Robert Roßmann, der die Wahlrechtsreform für die Süddeutsche Zeitung seit Jahren verfolgt, machte seinem Unmut Luft. Die meisten Änderungen gelten erst ab der Bundestagswahl 2025. Was sich aber schon für die Bundestagswahl im nächsten Jahr ändert, hat der Spiegel zusammengefasst.

Gegen Abgeordnete, die ihre BundestagsmitarbeiterInnen für Wahlkampfzwecke einsetzen, können in Zukunft Strafzahlungen von mehr als 60.000 € verhängt werden. Ins Rollen gebracht wurde die Debatte und schlussendlich die maßgebliche Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von einem „Report aus Mainz“–Beitrag aus dem Bundestagswahlkampf 2013, der zeigt, wie unverhohlen Abgeordnete ihre MitarbeiterInnen im Wahlkampf einspannen.

Mit besten Grüßen zum Wochenstart
Philipp Sälhoff

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politnews


  • [ Deutschland mit Online-Quote von 94 % ]
    Die neue Onlinestudie von ARD und ZDF zeigt einen Anstieg auf 66 Millionen (94 %) Internet-UserInnen in Deutschland, 3 Millionen mehr als im Vorjahr. Außerdem hat Instagram nun Facebook als meistgenutztes Netzwerk überholt. Auch Podcasts gewinnen weiter an Bedeutung und werden mittlerweile von 19 Millionen Menschen genutzt. Für diese Ergebnisse wurden insgesamt 3.000 repräsentativ ausgewählte NutzerInnen telefonisch befragt. ➡️ ARD/ZDF (Studie) | t3n (Bericht)
  • [ Hass im Netz vertreibt junge Frauen aus Online-Plattformen ]
    Laut der Studie „Free to be online – Erfahrungen von Mädchen und jungen Frauen mit digitaler Gewalt“ der Hilfsorganisation Plan International haben 70 % der Mädchen in Deutschland (58 % international) im Internet bereits Bedrohungen, Beleidigungen und Diskriminierungen erfahren. Als Folge änderten 38 % ihr Social-Media-Verhalten und äußern sich seltener oder weniger meinungsstark, 7 % meldeten sich sogar ganz ab. ➡️ Plan International (Pressemeldung)
  • [ Hamburg ist Digitalhauptstadt Deutschlands ]
    Erneut hat es Hamburg mit insgesamt 79.2 von 100 Punkten im „Smart City Index” auf Platz 1 innerhalb Deutschlands geschafft. Die Studie des Digitalverbandes Bitkom bewertet die 81 größten Städte Deutschlands mit dem Index in den fünf Themenfeldern Mobilität, Verwaltung, Gesellschaft, IT und Kommunikation sowie Energie und Umwelt. Neu in die Top 10 sind sowohl Darmstadt als auch Aachen aufgestiegen, Berlin ist um drei Plätze auf Platz 7 (68.8 Punkte) abgestiegen. ➡️ Hamburger Morgenpost (Bericht)
  • [ Sinkendes Interesse an Corona-Artikeln ]
    Online-UserInnen verlieren das Interesse an Nachrichtenartikeln zur Corona-Pandemie. Zum Höhepunkt der Coronakrise im März wurden fast 500.000 Artikel pro Woche zu dem Thema veröffentlicht, die Interaktionsraten waren exorbitant. Seit dem Frühsommer sinkt die Zahl der Veröffentlichungen zwar, die Interaktionen gehen jedoch noch stärker zurück, wie eine Analyse der Bernstein Group zeigt. ➡️ LinkedIn, Bernstein Group (Statistik)
  • [ Friedensnobelpreis für Welternährungsprogramm ]
    Das Welternährungsprogramm der UN wurde für seinen Beitrag im Kampf gegen den Hunger mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. In den letzten Jahren ist die Zahl der hungernden Menschen wieder auf 135 Millionen angestiegen – v. a. durch mehr bewaffnete Konflikte, aber auch die Auswirkungen der Corona-Pandemie. Damit folgt das UN-Programm auf Äthiopiens Regierungschef Abiy Ahmed, der im letzten Jahr für seine Bemühungen um den Friedensprozess mit dem Nachbarland Eritrea geehrt wurde. ➡️ Süddeutsche (Bericht und Liste der letzten PreisträgerInnen)


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Volle Transparenz

Auch Copy & Paste will gelernt sein. Das musste das Social-Media-Team von Kelly Loeffler bzw. sie selbst nun am eigenen Leib erfahren. Mit einem Tweet, in dem sie Vizepräsident Mike Pence nach seinem TV-Duell gegen Herausforderin Kamala Harris lobt, hat die republikanische Senatorin für Spott gesorgt.

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12. Oktober 2020