politnews – Grüne küren Baerbock, Union steuert auf Kampfabstimmung zu

[ Mit Meldungen zu: neuer „Content-Hub“ zur Bundestagswahl 2021, Folgen der Coronakrise für die Zivilgesellschaft, Kriminalität in Deutschland während Corona, BPB mit neuer Förderrunde für Dialogvorhaben im ländlichen Raum und Studie über #MeToo-Tweets ]

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Der Kampf um die Kanzlerkandidatur in der Union wächst sich immer mehr zu einer fundamentalen Spaltung des Parteienbündnisses aus. Auch mehr als eine Woche nach der gemeinsamen Presseerklärung von Söder und Laschet gibt es keinen gemeinsamen Kanzlerkandidaten, aber mit jedem Tag scheint die Luft für Armin Laschet dünner zu werden. Die allgemeine Ungeduld ist schon lange offenem Ärger über den endlosen Prozess gewichen (siehe Tweet der Woche).  Aus der Bundestagsfraktion wird berichtet, dass die Zustimmung für Söder mittlerweile bei etwa zwei Dritteln liegen könnte. Laut dem CSU-Chef soll der Wettbewerb zwar nicht so werden wie bei „Strauß und Kohl“, aber so manch einer in der CDU versteht das anders. Diesmal soll es „noch viel hässlicher“ werden, so wurde es Kristina Dunz vom RND dieser Tage aus der Partei zugetragen. Dabei scheint die Faustregel zu gelten: Je unsicherer das eigene Mandat ist, desto eher tendiere man zu Söder, dem ein deutlich besseres Wahlergebnis zugetraut wird. 

Zuletzt wandte sich der mitgliederstarke niedersächsische Landesverband mehrheitlich gegen den CDU-Vorsitzenden. Auch das Votum für Söder von Rainer Haseloff, Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, war schmerzhaft. Bei der Vorstandssitzung der Jungen Union hielt der NRW-Landesverband zwar ihrem Ministerpräsidenten die Treue, aber er stand damit allein: Ganze 14 der 18 JU-Landesverbände plädierten für Söder. Baden-Württemberg, Brandenburg und Schleswig-Holstein berichteten von „gemischten Stimmungsbildern“. Ein CDU-Kreisverband in Rheinland-Pfalz hat die Mitglieder befragt und kam zu einem überdeutlichen Ergebnis: In Alzey-Worms sprachen sich knapp 83 % der Mitglieder für Markus Söder aus, Armin Laschet kam gerade mal auf 6,6 %. Söder agiert mit beeindruckendem taktischem Kalkül, manche nennen es politische Brutalität, und sieht dem schwindenden Rückhalt der CDU für ihren frisch gewählten Vorsitzenden aus der Ferne zu. Gregor Peter Schmitz zieht in der Augsburger Allgemeinen den Vergleich mit Rezo aber auch mit den „Parteiestablishment-Rebellen“ Macron und Kurz und orakelt, warum Söder eine unterschätzte Gefahr für die CDU sei.

Dabei ist für viele die entscheidende Frage, mit wem die Union die besten Chancen auf das Kanzleramt hat, weniger wer kanzlertauglicher ist. Politikwissenschaftler Thorsten Faas hat zum Wahlverhalten bei unterschiedlichen Kandidat:innenkonstellationen eine experimentelle Studie durchgeführt und kam dabei auf interessante Ergebnisse, die er in einem Twitter-Thread zusammenfasst. Bemerkenswert ist dabei unter anderem, dass die AfD bei einem Duell von Baerbock gegen Söder – für das zumindest schon die Hälfte der Voraussetzungen geschaffen worden ist – am meisten Stimmen verlieren würde. Gleichzeitig wäre diese Konstellation auch für die Grünen am erfolgversprechendsten, da die Mobilisierung gegen Söder einfacher fallen dürfte als gegen Laschet. Dabei ist die Relevanz der Spitzenkandidat:innen dennoch nicht zu überschätzen, die Wahlkampfstrateg:innen aller Lager dürften solche Gedankenspiele derzeit dennoch mit Hingabe durchexerzieren.

Als letztes Mittel steht nun eine Kampfabstimmung in der morgigen Bundestagsfraktionssitzung im Raum, sollte es bis dahin keine Entscheidung der beiden Kandidaten geben. Wie auch immer es danach weitergehen mag, der Image-Schaden für die Union ist gewaltig. Der Blogger und Politikanalyst Jon Worth hat seine aus der Brexit-Debatte erprobten Zukunftsszenarien auf die K-Frage der Union gemünzt und visualisierte nun die möglichen Optionen für die Union in einem – ebenfalls eher als experimentelles Gedankenspiel zu verstehendem – Schaubild. Ein schwacher Trost für Laschet: bisher folgte kurz nach jedem (und damit gleichbedeutend mit gescheitertem) CSU-Kanzlerkandidaten eine 16-jährige Regentschaft eines CDU-Kanzlers.

Als fast schon überzeichnet harmonisches Kontrastbild zu den Grabenkämpfen der Union erscheint die Kandidatenkür bei den Grünen. Annalena Baerbock und Robert Habeck führen die Partei seit 2018 und zeigten in den letzten Wochen demonstrative Einigkeit. Auch die ganze Partei übte sich erfolgreich in einem für sie bisher ungewohnt disziplinierten Stillschweigen. Seit heute Mittag ist es damit vorbei: Wie sich schon in den letzten Wochen abzeichnete, führt Annalena Baerbock die Grünen als Spitzenkandidatin in die Bundestagswahl. Die 40-Jährige hat morgen zur besten Sendezeit dann auch gleich die erste Nagelprobe in der neuen Rolle: Auf ProSieben warten Katrin Bauerfeind und Thilo Mischke, die „exklusiv das erste ausführliche Gespräch“ mit der Kanzlerkandidatin führen werden. Die gebürtige Hannoveranerin, die in Brandenburg ihre politische Karriere bei den Grünen startete, hat der NDR porträtiert. Die Reaktionen der politischen Konkurrenz fasst die Augsburger Allgemeine zusammen. Wie die derzeitige Hochkonjunktur der Grünen aus dem Ausland und insbesondere den USA betrachtet werden, hat Steven Erlanger für die New York Times beschrieben.

Mit besten Grüßen
Philipp Sälhoff

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politnews


[ FleishmanHillard launcht „Content-Hub“ zur Bundestagswahl 2021 ]

Die Public-Affairs-Agentur FleishmanHillard launcht den Election Observer mit Informationen zur kommenden Bundestagswahl. Auf der Plattform finden sich bis zum Wahltermin Analysen, aktuelle Umfragen sowie Einblicke in Social-Media-Diskurse. Auch ein Blog soll zentrale Themen des Wahlkampfs begleiten. Darin sollen neben Trends die Mechaniken des Wahlkampfs ebenso gezeigt werden wie die durch Corona neu ausgerichtete Kommunikation der Parteien.

FleishmanHillard (Election Observer)


[ Folgen der Coronakrise für die deutsche Zivilgesellschaft ]

Die Spendeneinnahmen der Organisationen im DZI-Spendenindex, darunter Stiftungen, Hilfswerke, Initiativen und Vereine, sind im ersten Halbjahr 2020 um 11,6 % zum Vorjahresvergleich deutlich gestiegen. Allerdings gaben 54 % der Organisationen an, dass Projektpartner in finanzieller Notlage steckten, während 26 % meldeten, dass Projekte eingestellt werden mussten. Dies geht aus einer Studie des Think & Do Tank Zivilgesellschaft in Zahlen (ZiviZ) hervor.

ZiviZ (Studie)


[ Mehr politisch motivierte Kriminalität in 2020 ]

Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) für das Jahr 2020 offenbart im Corona-Jahr einen deutlichen Wandel der Kriminalität in Deutschland. Während Wohnungseinbrüche (-14 %) und Taschendiebstähle (-11 %) deutlich sanken, verdreifachten sich die Fälle der Verbreitung kinderpornographischer Schriften auf 18.700 Fälle. Statistiken zu politisch motivierter Kriminalität wurden in den Bundesländern veröffentlicht. So stiegen die Fälle in der Hauptstadt auf 5.996 Fälle (+1.366). In 2.456 (+440) Fällen kamen die Täter aus der rechtsextremistischen Szene, während 2.128 (+709) Taten Linksextremist:innen zugeordnet wurden.

Tagesspiegel (Bericht PKS) | RBB (Bericht Berliner Statistik) | Bundeskriminalamt (PKS)


[ BPB mit neuer Förderrunde für Dialogvorhaben im ländlichen Raum ]

Die Initiative Miteinander Reden der Bundeszentrale für politische Bildung hat die zweite Runde ihres Förderprogramms mit 100 Projektstipendien verkündet. Bis zum 17. Mai können sich Interessierte bewerben, die im regionalen Umfeld Dialogvorhaben durchführen wollen. Bewerbungsberechtigt sind Einzelpersonen und Organisationen, die in Orten mit bis zu 15.000 Einwohner:innen wohnen. Jeweils 50 Projekte werden mit 6.000 € (kleine Projekte) bzw. 10.000 € (große Projekte) sowie mit Beratungs-, Vernetzungs- und Weiterbildungsangeboten gefördert.

Miteinander Reden (Ausschreibung)


[ Studie: Täter erhielten mehr Likes als die #MeToo-Tweets der Opfer ]

Eine Studie über den Verlauf der #MeToo-Bewegung in Südkorea offenbart mehr Unterstützung für Täter als für Opfer in sozialen Medien. Die Forscher:innen untersuchten mehr als 1,5 Millionen Online-Kommentare und über eine halbe Million Tweets. Demnach traten Narrative über die Opfer wie „nur aufs Geld aus“ oder die Meinung, dass es sich um eine Verschwörung handele, öfter auf als der Ausdruck von Mitgefühl oder der Solidarisierung mit den Opfern.

Katapult-Magazin (Bericht) | IJoC (Studie)


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Buch der Woche


Wie sähe das Leben von Hillary Clinton aus, wenn sie Bill Clinton nie geheiratet hätte? Dieser Frage geht Curtis Sittenfeld in ihrem New-York-Times-Bestseller „Hillary“ nach – und gibt der Weltgeschichte einen überraschend neuen Lauf, indem sie in die Rolle einer Frau schlüpft, die jeder zu kennen meint.


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Mikado oder Russisch Roulette

Stellvertretend für viele Unionsabgeordnete und -mitglieder platzte Olav Gutting in der letzten Woche auf Twitter der Kragen ob der nicht enden wollenden Auseinandersetzung zwischen den beiden Parteichefs. Zwar löschte er den Tweet kurz darauf wieder und ersetzte ihn mit einer etwas diplomatischeren Variante, dennoch sind nicht nur bei Gutting die Geduldsfäden schon lange überspannt.

Do, 22.04.2021 – Tunisia – The hidden champion of Africa’s digital economy
German Federal Ministry for Economic Cooperation and Development | foreign politics | online | 14:00-18:00 Uhr

Di, 20-04.2021 – Demokratie in digitaler Gefahr
Hanns Seidel Stiftung | Demokratie | online | 18:00 Uhr

Mi, 21.04.2021 – Gespräche zur Internationalen Zusammenarbeit – Web Talk zum Thema: „Same same but different? Die Zukunft des Multilateralismus“
Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit  | Internationale Zusammenarbeit | online | 15:45-17:15 Uhr

Mi, 21.04.2021 – Soziale Medien in der politischen Kommunikation: LinkedIn
Friedrich Naumann Stiftung | Social Media | online | 19:00-20:00 Uhr

Do, 22.04.2021 – New Work als New Normal – Digitale Transformation der Arbeitswelt
BASECAMP + Young&Restless | Digitalisierung | online | 17:30-19:00 Uhr

Fr, 23.04.2021 – Digitale EmPOWER!-Konferenz: Mächte, Menschen und Diskurse
Center for Global Studies | Internationale Politik | online | 9:30-16:00 Uhr

Di, 27.04.2021 – Urban Age Debates #2 – Humanising the City
Alfred Herrhausen Gesellschaft | soziale Integration | online | 18:30-20:00 Uhr

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19. April 2021