politnews – FDP-Parteitag und FinCEN-Leak

[ Mit Meldungen zu: Teilnahme der Minderheitenpartei aus SH an Bundestagswahl, Streaming-Start von Fox News in Deutschland, Bericht zum Stand der Deutschen Einheit, umstrittene Studie zu Rassismus in der Polizei und verfassungswidrige Gesetze zu personenbezogenen Verwaltunsgdaten ]

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Der FDP-Bundesparteitag in Berlin sollte das Signal für einen Neustart geben. Welchem Liberalen die Notwendigkeit eines solchen nicht schon durch das anhaltende Umfragetief klar genug war, der wurde unmissverständlich durch den Titel „Mission Aufbruch” darauf hingewiesen. Statt inhaltlicher Impulse bringt sich die Partei seit geraumer Zeit meist durch Personalfragen ins Gespräch. Die letzte dieser Art war die Demission von Linda Teuteberg als Generalsekretärin nach nur 17 Monaten. Ihr Nachfolger Volker Wissing soll die Partei nun durch eine Rückbesinnung auf den Kernsektor Wirtschafts- und Finanzpolitik auf Erfolgskurs führen und einem neuen „Wirtschaftswunder“ den Weg bereiten. Der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister wurde am Samstag ohne GegenkandidatIn mit 83 % gewählt – Teuteberg kam im April 2019 auf 93 %. Georg Streiter zeigt sich in seinem T-Online-Gastbeitrag skeptisch, ob Wissing der richtige Mann für den Posten ist. ZEIT ONLINE nimmt den 50-Jährigen in einem Porträt unter die Lupe.

Für Teuteberg hat Parteichef Christian Lindner natürlich eine Dankesrede vorbereitet. Das ist im politischen Betrieb schon von vornherein eine unangenehme Situation für alle Beteiligten, wenn klar ist, wie groß die Differenzen am Ende waren – und bei Lindner und Teuteberg waren sie immens. Der Versuch, die gemeinsame Arbeit wertzuschätzen, schlug dann aber komplett fehl, wie der Mitschnitt der Rede zeigt. Ob sexistischer Witz oder, wie von Lindner dargestellt, eine unglückliche Formulierung samt gescheitertem Rettungsversuch: Die Verabschiedung Teutebergs löste Fremdscham aus und geriet zum Symbol für eines der eklatantesten Probleme der FDP: ihr männlich dominiertes Erscheinungsbild.

Auch inhaltliche Entscheidungen wurden getroffen: Auf Betreiben der JuLis wurde das Wahlalter ab 16 Jahren als Parteiziel mit großer Mehrheit beschlossen. Damit bröckelt die Allianz der Parteien, die es bei der bisherigen Volljährigkeit von 18 Jahren belassen wollen, weiter: Nur noch Union und AfD lehnen die Herabsetzung des Wahlalters ab. Wirtschaftsminister Peter Altmaier machte das offenbar sehr nervös: Die Liberalen seien „die besten Wahlhelfer der Grünen“, rantete Altmaier auf Twitter. Dass die Grünen bei jungen WählerInnen überdurchschnittlich stark sind, ist nicht neu. Dass UnionsvertreterInnen das leicht panisch unter Zuhilfenahme von drei Ausrufezeichen offen eingestehen, schon. Die Welt mit einer Pro-Contra-DiskussionzumWahlrecht ab 16.

Paul Starzmann analysiert in seinem Kommentar für den Tagesspiegel die derzeitige Lage der FDP und Franka Welz vom ARD-Hauptstadtstudio erklärt, warum beim Bundesparteitag zwar einige wichtige Weichen gestellt wurden, ein richtiger Aufbruch jedoch nicht gelungen ist.

Nachdem die FDP bereits ihren Parteitag beendet hatte, liefen am Sonntagabend weltweit Meldungen zu einem neuen Datenleak über die Ticker: Aufgedeckt von BuzzFeed News, dem Internationalen Netzwerk investigativer Journalisten und u. a. der Süddeutschen Zeitung, enthüllen die „FinCEN Files“ die Beihilfe internationaler Kreditinstitute an illegaler Geldwäsche. Die Recherchen offenbaren strukturelle Mängel der Geldwäscheaufsichten, u. a. in den USA und Deutschland, und schlüsseln verdächtige Transaktionen im Wert von mehr als 2 Billionen US-Dollar auf, bei denen Großbanken wissentlich oder fahrlässig kriminelle Machenschaften begünstigten. Darunter auch Transaktionen von JPMorgan, die Zahlungen an Briefkastenfirmen von Paul Manafort tätigte, dem ehemaligen Berater des pro-russischen ukrainischen Präsidenten Janukowitsch und später Wahlkampfchef von Donald Trump. Das Leak besteht aus nur 0,02 Prozent aller Verdachtsmeldungen zwischen 2000 und 2017. Was genau die FinCEN Files aufgedeckt haben, zeigt ein animiertes Erklärvideo.

Mit besten Grüßen zum Wochenstart
Philipp Sälhoff

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  • [ SSW-Bundestagsmandat denkbar ]
    Die Partei der dänischen und friesischen Minderheit, SSW (Südschleswigscher Wählerverband), stellt sich nach mehr als 60 Jahren wieder einer Bundestagswahl. Das entschied die Mehrheit der Delegierten auf dem Parteitag am Samstag. Fortschritte in der Minderheitenpolitik auf Bundes- und europäischer Ebene sind das Ziel. Als Partei nationaler Minderheit ist die SSW nach Bundeswahlgesetz von der Fünf-Prozent-Hürde befreit. Damit könnten 45.000 bis 50.000 Wählerstimmen für ein SSW-Mandat reichen. Bei der letzten Landtagswahl in Schleswig-Holstein holte die SSW 49.000 Stimmen. ➡️ WELT (Analyse) | NDR (Parteitagsbericht)
  • [ Fox News startet Streaming-Dienst in Deutschland ]
    Seit Donnerstag bietet Fox News einen bezahlten und englischsprachigen Livestream in Deutschland an. Dort soll das reguläre Fox-News-Programm sowie der Wirtschaftskanal Fox Business laufen, Zielgruppen sind US-amerikanische Expats und Interessierte an US-Politik. Auch Großbritannien und Spanien sind Teil der Expansionsstrategie des ultrakonservativen Medienkonzerns von Rupert Murdoch. In einem Interview mit dem Handelsblatt erklärt John Fiedler, Vizepräsident für digitale Produkte und Technologie, man wolle nicht nur Trump-Fans erreichen. ➡️ Weser Kurier (Meldung) | Handelsblatt (Interview)
  • [ Bericht zum Stand der deutschen Einheit vorgelegt ]
    Selbst 30 Jahre nach der Wiedervereinigung hat kein ostdeutsches Bundesland auch nur das Niveau des wirtschaftlich schwächsten westdeutschen Landes erreicht. Das konstatiert der Einheitsbericht der Bundesregierung, der Mittwoch vom Ostbeauftragten Marco Wanderwitz vorgestellt wurde. Eine knappe Mehrheit von 51 % der Bevölkerung sieht zwischen „Ost“ und „West“ mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten. Sehr offen adressierte Wanderwitz seine Sorge um das Erstarken des Rechtsradikalismus im Osten, der „eher noch schlimmer wird“. ➡️ DER SPIEGEL (Meldung) | BMWi (Einheitsbericht)
  • [ Neue paneuropäische Initiative „European Capital of Democracy” ]
    Eine neue Initiative hat sich der Stärkung der europäischen Demokratie verschrieben: Die „Europäische Demokratiehauptstadt” wurde vom Innovation in Politics Institute am Freitag in Wien und online vorgestellt und steht unter der Schirmherrschaft der Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Dubravka Šuica, und Generalsekretärin des Europarates, Marija Pejčinović Burić. Ab 2021 soll jedes Jahr eine andere europäische Stadt als Demokratiehauptstadt ausgewählt werden, die dann Events und Aktivitäten rund um das Thema Demokratie anbieten wird. Interessierte Stadtverwaltungen können sich bewerben und werden auf Basis eines Kriterienkatalogs von einer Expertenkommission vorausgewählt. Eine europäische BürgerInnen-Jury wählt dann die Demokratiehauptstadt. ➡️ European Capital of Democracy (Website)
  • [ Brand New Bundestag will mit Crowdfunding das Parlament aufmischen ]
    Am Wochenende schlsos die Brand New Bundestag Initiative ihre Crowdfunding-Kampagne erfolgreich ab und will nun mit gut 13.000 € die Qualifizierung und Weiterbildung der ausgewählten acht KandidatInnen, die im nächsten Jahr für den Bundestag kandidieren sollen, vorantreiben. Diese wurden von einer ExpertInnen-Jury ausgewählt mit dem Ziel, das Parlament diverser zu gestalten. Die KandidatInnen können sowohl für Parteien als auch als parteilose DirektkandidatInnen antreten. Unterstützt wird die Initiative u. a. von der Guerrilla Foundation. ➡️ ZEIT (Interview mit Kandidaten) | FAZ (Meldung | Paywall) | Brand New Bundestag (Website)


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22. September 2020