politnews – Der Fall Georg Nüßlein

[ Mit Meldungen zu: Vertrauensgewinn der Bundesregierung im Pandemiejahr, Initiative für mehr Arbeiterkinder in EU-Politik, Doku über „12062020 Olympia", Deutschlandtour der Initiative Offene Gesellschaft und Spionage-Fälle im Regierungsviertel ]

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Der Bundestag hat seinen ersten handfesten Skandal im neuen Jahr: Georg Nüßlein (CSU) soll 660.000 € Provision für die Vermittlung von Maskenlieferungen an Landes- und Bundesregierung eingestrichen und diese nicht versteuert haben. Nun werden ihm Korruption und Steuerhinterziehung vorgeworfen. Sowohl dem bayerischen als auch dem Bundesgesundheitsministerium und dem Bundesinnenministerium soll er im Frühjahr 2020 Angebote eines hessischen Maskenproduzenten vermittelt haben. Das Geld soll über eine Zwischenstation als Beraterhonorar an die Wirtschaftsberatung von Nüßlein, die Tectum Holding geflossen sein. Das Gesundheitsministerium bestätigte die Kontaktaufnahme von Nüßlein. Weiterleitungen von Angeboten zu Corona-Schutzausstattung von Parlamentarier:innen, Kommunal- und Landespolitiker:innen sollen sehr häufig vorgekommen sein. Grundsätzlich widerspricht solch einer Informationsweitergabe auch nichts, gerade wenn es um händeringend gesuchte Waren wie eben Schutzmasken geht. Schwierig wird die Sachlage nur dann, wenn der Verdacht entsteht, dass die mandatstragenden Mittler:innen sich dabei persönlich bereichern würden – inbesondere in einer pandemischen Notlage.

Mit Nüßlein trifft es keinen Hinterbänkler: Der 51-Jährige sitzt seit 2002 im Bundestag, ist direkt gewählter Abgeordneter für Neu-Ulm, stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion und Träger des Bundesverdienstkreuzes. Der Spiegel mit einem Porträt des CSU-Gesundheitsexperten.

Der Immunitätsausschuss des Bundestags, der über die Anträge auf Aufhebung der Immunität von Abgeordneten entscheidet, war am Donnerstag Schauplatz der entscheidenden Minuten. Am Morgen hörten die Abgeordneten zwei Staatsanwälte der Generalstaatsanwaltschaft München an, welche die Anschuldigungen gegen Nüßlein schilderten. Der Ausschuss stimmte daraufhin einstimmig für die Aufhebung der Immunität. Entscheidet das Gremium in diesem Sinne, folgt eine Abstimmung im Bundestag, die der Empfehlung des Ausschusses in der Regel folgt. Ab diesem Zeitpunkt ist die Immunität erloschen, die Ermittlungen können beginnen. So auch hier: Unmittelbar nach der Abstimmung riegelte die Bundestagspolizei Nüßleins Bundestagsbüro ab. Weitere 12 Objekte in Deutschland und Liechtenstein wurden am Donnerstag durchsucht, neben seinem Berliner Büro auch das Wahlkreisbüro und sein Wohnsitz. Die CDU-Abgeordneten Stefan Kaufmann, Axel Müller und Carsten Müller waren dabei teilweise zugegen: Die Anwesenheit von parlamentarischen Zeugen ist gesetzlich festgelegt. Die letzten Immunitätsaufhebungen betrafen übrigens Philipp Amthor (CDU), Sebastian Brehm (CSU), Karin Strenz (CDU) und Alexander Gauland (AfD).

„Das klingt nicht harmlos“, ließ ein mit den Unterlagen Vertrauter wissen. Ein „unfassbar blöder Vorgang“ hieß es aus der CSU-Landesgruppe. Besonders unangenehm für die Union: die Untersuchungen werden Wochen, wenn nicht Monate andauern und sich somit bis in den Wahlkampf ziehen.

Neben der Causa Nüßlein wirft auch die Vermittlung eines weiteren Maskenangebots einer schweizerischen Firma an das Gesundheitsministerium Fragen auf. Andrea Tandler, Lobbyistin und Tochter des ehemaligen bayerischen Finanzministers Gerold Tandler, hat mit einer Empfehlung der CSU-Europaabgeordneten Monika Hohlmeier Kontakt zur Hausspitze und Spahn persönlich aufgenommen. Mit Erfolg: Das Angebot wurde angenommen. Der Firma wurden frühere Beauftragungen verwehrt, weil die Preise „dreifach über dem handelsüblichen Preis“ gelegen haben. Auch BMI-Staatssekretär Stephan Mayer leitete das Angebot von Tandler weiter. Der Spiegel mit einer Hintergrundrecherche (Paywall), der Tagesspiegel fasst zusammen.

Nach dem Fall von Philipp Amthor, der im Vergleich zu den Vorwürfen gegen Nüßlein fast wie ein unglückliches Missverständnis erscheinen mag, steht nun erneut die Forderung nach strengerer Reglementierung der Nebeneinkünfte von Abgeordneten im Raum. Auch das bereits im Sommer beschlossene Lobbyregister stockt: Union und SPD können sich nicht einigen, die Union blockiert weitreichendere Offenlegungspflichten, wie sie vom Koalitionspartner gefordert werden.

Und Nüßlein selbst? Bisher gab er sich wortkarg. „Haltlos“ seien die Vorwürfe. Über seinen Anwalt lässt er die Anschuldigungen zurückweisen. Sein Amt als stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion lässt er aber vorerst ruhen.

Mit besten Grüßen
Philipp Sälhoff

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politnews


[ Bundesregierung gewinnt im Pandemiejahr massiv an Vertrauen ]

Das Edelman Trust Barometer 2021 verzeichnet einen überraschenden Anstieg des Vertrauens der deutschen Bevölkerung in ihre Regierung, Unternehmen, Medien und NGOs auf 52 Indexpunkte im Vergleich zu 44 im Jahr 2019. Während der Pandemie nimmt die Bundesrepublik damit international eine Sonderstellung ein. Die vertrauenswürdigste Institution des Landes sei die Regierung (59 %, plus 14 Prozentpunkte), gefolgt von Unternehmen (54 %, plus 6 Prozentpunkte) und den Medien (52 %, plus 3 Prozentpunkte). Schlusslichter sind die deutschen NGOs (46 %, plus 3 Prozentpunkte).

PR-Journal (Bericht) | Edelman Trust (Barometer 2021)


[ Initiative für mehr “Arbeiterkinder” im EU-Politikbetrieb  ]

„Arbeiterkinder“ sind im deutschen, aber auch europäischen Politikbetrieb noch immer stark unterrepräsentiert. Die Initiative ArbeiterKind.de will das ändern. Seit Herbst 2019 hat die Organisation auch einen Ableger in Brüssel, der über Veranstaltungen und Mentoring versucht, mehr Menschen aus nicht-akademischen Familien bei ihrem Weg in den Politikbetrieb zu helfen. Mitgründer Benedikt Weingärtner, Referent bei einem europäischen Industrieverband, berichtet über die Herausforderungen für Menschen, die als Erste aus der Familie studieren und die Brüsseler Gruppe der Initiative.

Frankfurter Rundschau (Porträt) | Arbeiterkind.de (Webseite) | Brüsseler Gruppe (Facebook)


[ Joyn-Doku über „12062020 Olympia” ruft heftige Reaktionen hervor ]

Bevor die Corona-Pandemie das Projekt zunichte machte, sorgten die Pläne für „12062020 Olympia“ für viel Aufsehen und hitzige Diskussion unter politischen Beobachter:innen. Nun zeichnet die Joyn-Dokumentation „Unfck the World“ die Ereignisse um die „größte Bürgerversammlung der Welt“ nach und porträtiert die Initiatoren und Unternehmer Waldemar Zeiler und Philip Siefer in sechs Folgen. Auch die Produktion des niederländischen Filmemachers Finbarr Wilbrink rief ein großes Echo hervor: Viele sehen die Vorwürfe eines Marketing-Events bestätigt.

Redaktionsnetzwerk Deutschland (Bericht) | Joyn (Stream „Unfck the World“)


[ Offene Gesellschaft plant Roadshow durch „Doppelwahl“-Bundesländer ]

Die Initiative Offene Gesellschaft geht auf Deutschlandtour. Im Zuge des Re:Present-Projekts mit der Partnerorganisation Diskutier Mit Mir, werden Corona-konforme Ideenräume in acht Städten aufgebaut, die in Bundesländern liegen, die Bundes- und Landtagswahl vor sich haben. Noch können sich interessierte Gastgeber:innen und Partner aus Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz melden. Ziel ist die Schaffung neuer Debattenräume zu Demokratie und politischer Bildung.

Offene Gesellschaft (Webseite) | Diskutier mit mir (Webseite)


[ Zwei Spionage-Fälle im Regierungsviertel ]

Ein ehemaliger Mitarbeiter des Bundespresseamtes soll jahrelang für den ägyptischen Nachrichtendienst General Intelligence Service (GIS) spioniert haben. Dem 66-Jährigen wird nun vor dem Berliner Kammergericht der Prozess gemacht. An den russischen Militärgeheimdienst GRU soll ein weiterer Deutscher Grundrisse des Bundestags weitergegeben haben. Der Beschuldigte arbeitete für ein Auftragsnehmer der Bundestagsverwaltung und soll aus eigenem Antrieb gehandelt werden. Auch er muss sich nun vor dem Berliner Kammergericht verantworten.

Tagesschau (Bericht GRU) | Tagesspiegel (Bericht GIS) | DER SPIEGEL (Analyse)


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Der wichtigste Servicetweet zum Linksparteitag

Politikkenner:innen haben sich an den Namen schon lange gewöhnt, aber seit ihrer Wahl zur Vorsitzenden der Linkspartei ist Susanne Hennig-Wellsow nun auch für die breite Öffentlichkeit ein Begriff.

Deutschlandfunk-Journalistin Ann-Kathrin Büüsker weist schon mal auf einen beliebten Fehler hin.

Mi, 03.03.2021 – Die Clubhouse App – kurzer Hype oder neue Entwicklung?
Frankfurter PresseClub | Social Media | online | 20.00-21.00 Uhr

Mi, 03.03.2021 – Aktuelle Trends im Rechtsextremismus
Konrad Adenauer Stiftung | Radikalisierung | online | 12.00-12.45 Uhr

Do, 04.03.2021 – Netzwerktreffen Nachhaltigkeit | Demokratie
Klima Neu Start Berlin – Social Entrepreneurship Deutschland | online | 18.30-20.30 Uhr

Do, 04.03.2021 – Protest und Gewalt: wie gelingt der demokratische Dialog?
Friedrich Ebert Stiftung | Demokratie | online | 18.30-20.30 Uhr

Fr, 05.03.2021 – Angriff auf die Demokratie
Heinrich Böll Stiftung | Demokratie | online | 20.00-21.30 Uhr

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1. März 2021