politnews – Hamburg wählt

[ Mit Meldungen zu Demokratieunzufriedenheit, Nachrichtenkonsum, Kommunalpolitik, den Politikawards und Meinungsklima an Universitäten ]

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Die Thüringen-Krise mag einen anderen Eindruck erwecken, aber am Sonntag steht mit der Hamburger Bürgerschaftswahl die nach aktuellem Stand einzige Landtagswahl 2020 an. Nach einem kurzen Moment der Umfragen-Augenhöhe hat die Elb-SPD ihren Vorsprung auf die Grünen mittlerweile wieder deutlich ausgebaut und liegt eine Woche vor der Wahl in der letzten sozialdemokratischen Hochburg wieder mit ca. 37 % und etwa 12 Prozentpunkten vor dem Koalitionspartner.

Auch die Cum-Ex-Enthüllungen um eventuelle Absprachen zwischen dem damaligen Bürgermeister Olaf Scholz und der Privatbank M. M. Warburg & Co werden hier wohl keinen grundsätzlichen Stimmungswandel bewirken. Es geht um rund 47 Millionen Euro Steuerschuld, auf die die Hamburger Finanzverwaltung zugunsten der Bank verzichtet haben soll (Hintergrundbericht der FAZ zu den Tagebucheinträgen eines Warburg-Bankers). Scholz räumte zwar ein Treffen mit der Bank ein, wies die Vorwürfe an sich aber zurück. Der derzeitige SPD-Bürgermeister und Scholz-Nachfolger Peter Tschentscher war zu der Zeit Finanzsenator. Die Warburg-Bank gehört zu den SPD-Großspendern, bedenkt auch aber andere Parteien mit Zuwendungen.

Die Zufriedenheit mit dem rot-grünen Senat ist hoch, die Koalitionsparteien könnten auf eine Zweidrittelmehrheit zusteuern. Die Grünen würden sich mit den derzeitigen rund 25 % im Vergleich zur letzten Bürgerschaftswahl immerhin noch verdoppeln. Die CDU stagniert bei ca. 15 %, Linke und AfD bei ca. 7 %. Die FDP muss derzeit um den Wiedereinzug zittern, Umfragen sehen sie an oder unter der 5%-Hürde. Das Desaster von Erfurt hat seine Spuren hinterlassen. Insgesamt stehen 15 Parteien zur Wahl. Mehr zu ihnen gibt es u. a. in Form von:

  • NDR-Portraits der sechs aussichtsreichsten SpitzenkandidatInnen, dem
  • Wahl-O-Mat für alle, die die Hamburger Wahlprogramme kennenlernen und
  • Muster-Stimmzetteln für alle, die virtuell “mitwählen” wollen.

Das Hamburger Wahlrecht birgt ein paar Spezialfälle. Nicht nur, dass der Stadtstaat als eines von nur vier Bundesländern schon ab 16 abstimmen lässt, auch die 10 Stimmen pro WählerIn sind Rekord – kein anderes Bundesland lässt so viel Auswahl. Das Hamburger Abendblatt hat das Wahlrecht, dessen derzeitige Form maßgeblich von der NGO Mehr Demokratie vorangetrieben wurde, in einem Video erklärt.

Eine weitere Hamburger Besonderheit ist Tom Radtke (taz-Bericht und Twitter-Profil). Der Schüler hat sich vor ein paar Wochen in so kurzer Zeit derart ins politische Abseits katapultiert, dass Thomas Kemmerich dagegen noch Chancen auf das Amt des Bundespräsidenten hätte. Radtke steht trotz Distanzierung der Landespartei weiterhin auf der Liste der Linken für den Wahlkreis Alstertal-Walddörfer. Mit geschichtsvergessenen Tweets, Selbstverballhornung und Verleumdungen hat er bundesweite Bekanntheit erreicht – hier könnte das auf Personenwahl fokussierte Hamburger Wahlsystem also für Überraschungen sorgen..

Die Hamburger Bürgerschaftswahl wird der letzte Stimmungstest auf Landesebene für über ein Jahr sein, bevor sich im März 2021 Malu Dreyer (SPD) und Winfried Kretschmann (Grüne) in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg zur Wiederwahl stellen. Kommunal wird in diesem Jahr noch Bayern (15.3.) und im Herbst in Nordrhein-Westfalen gewählt.

Mit den besten Grüßen zum Wochenstart
Philipp Sälhoff


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  • [ Ostdeutsche unzufriedener mit Demokratie ] Laut einer Studie im Auftrag der Konrad-Adenauer-Stiftung haben die Menschen in Ostdeutschland einen negativeren Blick auf die Demokratie als in Westdeutschland. Mit 28 % ist die Unzufriedenheit im Osten fast doppelt, die Zufriedenheit mit 22 % nur halb so hoch. Die stärkste Zustimmung herrscht der Studie zufolge in Hessen und Rheinland-Pfalz, auf die niedrigsten Werte kommen das Saarland und Mecklenburg-Vorpommern. ➡️ Spiegel (Beitrag) | ➡️ Konrad-Adenauer-Stiftung (Studie)  

 

  • [ Soziale Medien fördern Nachrichtenkonsum ] Entgegen vieler kulturpessimistischer Argumentationen befördern Soziale Medien Nachrichtenkonsum und dessen Vielfalt sogar eher. Das haben ForscherInnen aus Mainz, Köln und Hohenheim festgestellt. Der Grund: Im Gegensatz zu klassischen Medien wie Zeitungen, für deren Nutzung man sich aktiv entscheidet, sind UserInnen von “Intermediären” wie Facebook auch zufällig Nachrichten “ausgesetzt”, wenn ihre Kontakte mit diesen interagieren. ➡️ PR Journal (Bericht) | ➡️ PNAS (Studie)

 

  • [ Kommunalpolitik in Zahlen ] In Deutschland engagieren sich knapp 170.000 BürgerInnen in der Kommunalpolitik. Das Handelsblatt und Statista haben diese , oftmals unbezahlten, LeistungsträgerInnen der Demokratie unter die Lupe genommen. Zentrale Erkenntnisse: Je lokaler das Gremium, desto männlicher die Besetzung; fast 25 % aller Lokal- und KommunalpolitikerInnen sind im Rentenalter und der Anteil von unabhängigen Wählergruppen ist überdurchschnittlich hoch. Die meisten KommunalpolitikerInnen gibt es in Bayern, wo am 15. März die nächste Kommunalwahl abgehalten wird. ➡️ Handelsblatt (interaktive Grafik) | ➡️ Süddeutsche (Kommunalwahl Bayern)

 

  • [ politik&kommunikation verleiht Politikawards ] Bereits zum 17. Mal fand in Berlin die Gala zur Verleihung der Politikawards statt, bei denen Jens Spahn zum “Politiker des Jahres” gekürt wurde. Dieser brachte als Gesundheitsminister die meisten Gesetzesentwürfe in den Bundestag ein und trieb große gesellschaftliche Themen voran, so die Begründung der Jury. Weitere Auszeichnungen gingen an die FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg und Siemens-CEO Joe Kaeser, zudem wurde der ehemalige EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker für sein Lebenswerk geehrt. ➡️ politik & kommunikation (Bericht)

 

  • [ Lehrende kritisieren Meinungsklima an Universitäten ] Einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach zufolge fühlen sich 31 % der HochschullehrerInnen in Deutschland durch Vorgaben zu “politischer Korrektheit” in ihrer Lehre eingeschränkt. So sind mehr als 70 % der Meinung, dass es erlaubt sein sollte, RechtspopulistInnen zu einer Podiumsdiskussion einzuladen, rechnen aber damit, dass dies unter Studierenden auf Widerstand stoßen würde. Ebenso fordern 72 %, sich geschlechtergerechter Sprache verweigern zu dürfen. Grundsätzlich wird Deutschland jedoch von 93 % als Land mit viel oder sehr viel Wissenschaftsfreiheit eingeschätzt. ➡️ FAZ (Bericht) | ➡️ Hochschulverband (Studie)


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Marktliberalismus first, Valentinstag second

Die FDP hatte in letzter Zeit nicht viel Anlass zu Späßen. Über sich selbst kann sie aber zum Glück noch lachen. Zuschriften an Matthias Keidel.

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17. Februar 2020