Krieg und Propaganda

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Editorial: Krieg und Propaganda +++ Meldungen: Lobbyranking der Bundesländer, erster Antiziganismusbeauftragter berufen, journalistisches Institut gegründet, Academic Freedom Index, EU-Gesetz gegen digitale Gewalt +++ Wahltrend: SPD mit Gewinnen +++ Buch: Die Geschmeidigen. Meine Generation und der neue Ernst des Lebens +++ Tweet: Festgenommen für nichts +++ Jobs: Referent:in Verkehrspolitik (Allianz pro Schiene),  Bachelor-Trainee – Regulierungsmanagement (Pivot Regulatory), Policy Officer for Renewable Energy (EEB), u.a. +++ Events: Communication Trends Radar 2022 (DPRG), “Mobilität in der wachsenden Stadt – Herausforderung für Verkehr, Klima und Bevölkerung” (SPD-Wirtschaftsforum), u.a. +++ Stakeholder: Aktion Deutschland Hilft e.V.

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Liebe Leserin, lieber Leser,

der Krieg in der Ukraine dauert nun schon fast drei Wochen und bestimmt weiterhin das internationale politische Geschehen. Auch in Deutschland bleibt die russische Invasion das Hauptthema, auch wenn die aktuelle Corona-Lage mit Rekord-Inzidenzen ebenfalls großen Anlass zur Sorge bietet. Insbesondere die Nacht vom 26. auf den 27. Februar, in der Olaf Scholz im engsten Kreis neue außenpolitische Leitplanken setzte, war entscheidend. Die ZEIT rekonstruiert die entscheidenden Stunden sehr ausführlich, weshalb wir sie hier trotz Paywall ausnahmsweise verlinken.

Die russische Wirtschaft leidet weiterhin unter den massiven Sanktionen des Westens, die Moskauer Börse wird auch in dieser Woche nicht öffnen. Einen Überblick der Unternehmen, die Russland “verlassen” haben, hat die Tagesschau zusammengestellt. Ob das Land in die Staatspleite steuert, hat die FAZ analysiert. Russland hat mittlerweile selbst Iran als meistsanktioniertes Land der Welt überholt:

sanktionen
Die Verhandlungen zwischen den Kriegsparteien brachten bisher keine Ergebnisse. Bei einem Treffen in der Türkei hat der russische Außenminister Lawrow der Welt gar mitgeteilt, dass “Russland die Ukraine gar nicht angegriffen” hätte. Die Grenzen zwischen Desinformation und Groteske verlaufen dieser Tage fließend. Welche Interessen der türkische Präsident als Vermittler verfolgt, hat Jürgen Gottschlich für die taz beleuchtet. Zur Stunde werden die Verhandlungen per Videokonferenz fortgesetzt, beide Seiten äußerten sich im Vorfeld vorsichtig optimistisch.

Zumindest ein paar Hoffnungen lagen auf einem Treffen von Gerhard Schröder und Wladimir Putin am Donnerstagabend. Denn so sehr sich der sozialdemokratische Ex-Kanzler ins Abseits manövriert hat – zuletzt sogar mit einer Strafanzeige wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit –, sein direkter Draht zu Putin könnte in dieser Situation Leben retten. Bevor er Samstag abreiste, traf er am Freitagabend noch einen wichtigen persönlichen Berater des Diktators zu einem längeren Gespräch. Was über die Moskaureise des Altkanzlers bekannt ist, hat n-tv zusammengetragen.

Seine Frau, Soyeon Schröder-Kim, die in letzter Zeit die Rolle der inoffiziellen Pressesprecherin ihres Ehemannes übernommen hatte, hat mit einem theatralischen Instagram-Post (unten) viel Spott auf sich gezogen. Die Reaktionen aus dem Netz hat die RND-Redaktion zusammengestellt. Angesichts der “Fremdscham-Supernova” (Patrick Beuth in einer SPIEGEL-Glosse), kapitulierte selbst Titanic-Chefredakteur Moritz Hürtgen.

Quelle: Instagram, Account von Soyeon Schröder-Kim
Quelle: Instagram, Account von Soyeon Schröder-Kim

Währenddessen geht der Kampf um die Kommunikations- und Deutungshoheit unvermindert weiter. Einige Beobachtungen der letzten Tage:

  • Im russischen Staatsversehen gab es spektakuläre Risse im Propagandatheater. So redete sich ein russischer Offizier im Live-TV so in Rage, dass der kremltreue Moderator einschreiten musste (Mitschnitt und Übersetzung). Eine englischsprachige Zusammenfassung ähnlicher Ereignisse hat die Daily Record.
  • Dennoch hält die Propagandafront: Eine repräsentative pollytix-Umfrage ergab, dass lediglich 27 % der Russ:innen gegen das russische Vorgehen in der Ukraine sind.
  • Auch der letzte unabhängige Sender des Landes, TV Doschd, hat vor zwei Wochen den Betrieb eingestellt. Eine ARD-Doku zeichnet die ungewöhnliche Geschichte des Senders nach.
  • Deutsche lassen sich ebenfalls für die russische Propaganda einspannen. So etwa die aus dem Donbass “berichtende” Alina Lipp, die bei den Grünen austrat, nachdem sie die Partei nicht von einem “russlandfreundlicheren” Kurs überzeugen konnte.
  • Über das gute, alte Telefon wollen Aktivist:innen aus Litauen Russ:innen aufklären, was in Ukraine passiert. n-tv berichtet.
  • Ob der Krieg ein verkitschtes Spektakel geworden ist, das dem Leid der Menschen nicht mehr gerecht wird, hat Dieter Schnaas in der WiWo beleuchtet.

Doch auch die ukrainische Führung bedient sich diverser kommunikativer Mittel, um die internationale und inländische Stimmung zu beeinflussen. Dabei ist sie zwar “sympathisch, aber oft auch ungenau”, wie Silvia Stöber für die Tagesschau analysiert. Laut Medienberichten könnte er trotzdem bald von der Queen zum Ritter geschlagen werden

Mit den besten Grüßen zum Wochenstart

Philipp Sälhoff
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Lobbyranking: Bundesländer mit Nachholbedarf

Die deutschen Bundesländer sind noch immer schlechter als der Bund darin, Lobbyeinfluss transparent aufzudecken. In einem Update des Lobbyrankings von Transparency International hat lediglich Thüringen mehr als die Hälfte aller möglichen Transparenzpunkte (56 %) erreicht. Sachsen (11 %) und Bremen (7 %) liegen weiterhin abgeschlagen auf den letzten Plätzen. Lediglich Berlin, Bayern und Mecklenburg-Vorpommern konnten sich signifikant verbessern. Keines der Länder ist erfolgreicher als der Bund (62 %).

Antiziganismus: Bundesregierung ernennt ersten Beauftragten

Die Bundesregierung hat erstmals einen Antiziganismus-Beauftragten berufen. Den neu geschaffenen Posten wird der Rechtsanwalt Mehmet Daimagüler übernehmen. Daimagüler war unter anderem Vertreter der Nebenklage im Münchener NSU-Prozess. Sein Büro soll künftig im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend angesiedelt sein. (SPIEGEL-Bericht)

Journalismus: Neues Institut für zukunftsfähigen Journalismus

Eine neue Netzwerkorganisation für Journalismus will die Branche “lösungsorientierter, perspektivenreicher und dialogischer” machen. Das neu gegründete Bonn Institut plant gemeinsam mit Medien und Wissenschaft die Wirkung konstruktiver journalistischer Ansätze zu testen und zu veröffentlichen. Gründerin und Geschäftsführerin ist die DW-Journalistin Ellen Heinrichs. Desinformationsexperte Alexander Sängerlaub ist ebenfalls Teil des Gründungsteams.

Wissenschaft: Akademische Freiheit weltweit rückläufig

Weltweit leben 37 % aller Menschen in Ländern, in denen die Wissenschaftsfreiheit zunehmend eingeschränkt wird. Insbesondere Hong Kong verzeichnet einen massiven Abstieg im letzten Jahr. Das geht aus einem Update des Academic Freedom Index der Universität Erlangen hervor. Lediglich Gambia und Usbekistan zeigen Verbesserungen in der akademischen Freiheit. Deutschland liegt auf dem ersten Platz des Rankings, gefolgt von Italien und Lettland. Nordkorea, Eritrea und Turkmenistan werden die schlechtesten akademischen Bedingungen attestiert.

Hass im Netz: EU legt neues Gesetz gegen digitale Gewalt vor

Die EU-Kommission hat neue Richtlinien zur Prävention von (digitaler) Gewalt gegen Frauen vorgelegt. Insbesondere sollen Cyberstalking, Belästigungen und das nicht-einvernehmliche Verbreiten von Nacktbildern bekämpft werden. Die Kommission will Mitgliedsstaaten dazu verpflichten, für solche Veröffentlichung mindestens ein Jahr Gefängnisstrafe zu verhängen. Den Opfern soll zudem eine volle Entschädigung zugesprochen werden – beispielsweise für etwaige psychologische Behandlungskosten, entgangenes Einkommen oder die Kosten eines Umzugs. (Netzpolitik-Bericht)

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Nachruf: Inge Deutschkron

“Immer wieder hat sie ihre dramatische Geschichte erzählt, um vor allem junge Menschen vor dem Antisemitismus zu warnen. Nun ist die Holocaust-Überlebende Inge Deutschkron gestorben. Sie wurde 99 Jahre alt.” (Tagesschau)

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Der pollytix-Wahltrend zur Sonntagsfrage, Vorwochenvergleich in gefärbten Zahlen. Die Angaben berechnen sich aus dem gerichteten Mittel aller Sonntagsfragen der letzten 20 Tage. Den kompletten Wahltrend und alle Einzelumfragen finden Sie hier, mehr zur Methodologie hier.

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Putins Angriffskrieg auf die Ukraine bedeutet für Europa eine Zeitenwende. Doch bereits zuvor, mit den vielen verschiedenen Krisen seit 2008, ist die jahrelange Gewissheit von stets mehr Demokratie, Frieden und Wohlstand ins Wanken geraten. Wie wirkt sich das auf die Generation der zwischen 1975 und 1985 Geborenen aus, die hierzulande nun zunehmend in politische Verantwortung gelangt? Dieser Frage geht Nora Bossong in ihrem lesenswerten Buch nach, für das sie viele Gespräche geführt hat – unter anderem mit Christian Lindner, Lars Klingbeil, Dorothee Bär, Omid Nouripour, Katja Kipping und Paul Ziemiak. Dabei wird deutlich, dass die politische Anpassungsfähigkeit dieser “geschmeidigen” Generation gerade in diesen Zeiten eine Chance darstellt.

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Während der furchtbare Angriffskrieg von Wladimir Putin gegen die Ukraine weiter tobt, hoffen viele Menschen auf zunehmenden Protest der russischen Bevölkerung. Und es gibt ihn auch. Doch die Repressalien gegen Demonstrierende sind enorm und damit auch das persönliche Risiko, gegen Putins Krieg auf die Straße zu gehen. Wie ein Beispiel im russischen Nischni Nowgorod zeigt, reicht ein leeres (!) Plakat bereits für eine Festnahme.

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Job der Woche

Willst Du die Verkehrswende aktiv voranbringen und unterstützen? Als Referent:in (w/d/m) Verkehrspolitik für Allianz pro Schiene entwickelst und kommunizierst Du Verbandspositionen und pflegst den Kontakt zu politischen Entscheidungsträger:innen. Voraussetzungen für die Stelle sind u.a. gute Kenntnisse der deutschen und europäischen Verkehrspolitik sowie einschlägige Berufserfahrung.

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Mi, 16.03.2022 | 17:30 Uhr
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Deutsche Public Relations Gesellschaft e.V. | Verbände | Online Veranstaltung

 

 

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Aktion Deutschland Hilft e.V.

Aktion Deutschland Hilft e. V. ist ein Bündnis von dreizehn deutschen Hilfsorganisationen für Katastrophenhilfe mit Hauptsitz in Bonn. Absicht des im Jahr 2001 gegründeten Zusammenschlusses ist es, die Leistungen der Mitgliedsorganisationen zu bündeln, um im Katastrophenfall schnelle und koordinierte Hilfe zu leisten. Des Weiteren soll durch gemeinsame Kosten eine effiziente Nutzung der Spendengelder erreicht werden. Die Schirmherrschaft trägt der Bundespräsident a. D. Horst Köhler.

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Redaktion: Gregor Bauer, Benjamin Triebe, Marisa Wenzlawski
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19. März 2022