Liebe Leserin, lieber Leser,
nach den CDU-Siegen bei den Wahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen kommt der nächste Stimmungstest auf die Ampel zu: Am Sonntag wird in Niedersachsen ein neuer Landtag gewählt. Entsprechend prominent waren am Feiertagswochenende auch die politischen Wahlkampfauftritte: Annalena Baerbock war in ihrer Heimatstadt Hannover zu Gast; Christian Lindner, der für seine FDP um den Wiedereinzug in den Landtag bangen muss, besuchte Wolfsburg. Die Umfragen sehen die Liberalen derzeit bei 5 Prozent. Daran änderte auch der Auftritt von Wolfgang Kubicki in Hildesheim nichts, bei dem er nicht nur gegen die Politik der Ampel ätzte, sondern auch gleich noch Recep Tayyip Erdogan als „kleine Kanalratte“ bezeichnete, was ihm eine Strafanzeige des türkischen Präsidenten einbrachte.
Die CDU liegt ca. 5 Punkte hinter dem sozialdemokratischen Koalitionspartner von Ministerpräsident Stephan Weil, also in absoluter Schlagdistanz. Während die Konservativen in Niedersachsen einen norddeutsch-nüchternen Wahlkampf betreiben, ging Parteichef Merz mit seinen Einlassungen zum „ukrainischen Sozialtourismus” letzte Woche eher auf Schlagzeilenfang. Zumal es für seine Behauptung keine Belege gibt. Die Story wurde prompt von russischen Medien aufgegriffen, da half auch seine Entschuldigung via Tweet nicht mehr viel. Sogar der Sozialflügel seiner eigenen Partei bescheinigte ihm „übliche Methoden der Rechtspopulisten”. Zur Seite sprang ihm – halten Sie sich fest – ausgerechnet Boris Palmer. Ob diese Posse geholfen hat, Bernd Althusmann in die niedersächsische Staatskanzlei zu hieven, darf zumindest bezweifelt werden.
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Der Koalitionspoker im nach Einwohner:innen viertgrößten Bundesland ist sehr offen. Nur die AfD ist außen vor. Neben der Posse um die Penis-Snacks kamen am Wochenende Berichte auf, dass die Staatsanwaltschaft Hannover gegen den Vize-Landeschef Ansgar Schledde ermittelt. Laut des früheren AfD-Mitglieds und Vize-Landeschefs Christopher Emden müsse man für einen sicheren Listenplatz bezahlen – mindestens 4.000 Euro würden die notwendigen Stimmen innerhalb der Partei kosten. Emden berichtet außerdem von Gewaltdrohungen gegen ihn, sollte er auspacken. Indes wurde die Parteizentrale der AfD in Berlin vom LKA durchsucht: Hier dreht es sich um eine Spendenaffäre, die Tagesschau weiß mehr.
Wahlen sind in Berlin gerade ein ganz schlechtes Thema. Als in der Hauptstadt vor fast einem Jahr für Bundestag, Abgeordnetenhaus, Bezirksparlamente sowie einen Volksentscheid abgestimmt wurde, während parallel eine Marathon-Veranstaltung lief, hat sich die Berliner Verwaltung selbst für ihre Verhältnisse blamiert. Nun hat der Berliner Verfassungsgerichtshof in einer vorläufigen Einschätzung nahegelegt, dass die komplette Wahl des Abgeordnetenhauses und der Bezirksparlamente wiederholt werden müsse. Für den neuen Berliner Wahlleiter Stephan Bröchler bedeutet das: Eile! Denn die Wahlen müssen vorbereitet werden, um zügig durchgeführt werden zu können, sobald der Verfassungsgerichtshof seine endgültige Entscheidung bekannt gibt. Nicht nur Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sieht darin eine „grenzenlose Peinlichkeit”.
- Annelie Kaufmann kommentiert für LTO, warum nicht nur die Berlin-Wahl selbst ein fatales Zeichen gesendet hat, sondern auch der Verfassungsgerichtshof bislang keine gute Figur abgibt und der Demokratie schadet.
- Sollte auch die Bundestagswahl wiederholt werden, könnte das Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Bundestags haben: election.de hat Szenarien durchgerechnet. Ein sehr spektakuläres würde eintreten, sollte die Linke eins der beiden Direktmandate von Lötzsch und Gysi verlieren. Damit wäre der Fraktionsstatus hin. Doch das gilt als unwahrscheinlich.
- Was Sie sonst über die Modalitäten einer Wahlwiederholung wissen müssen, hat der RBB zusammengetragen.
Wählen kann auch Abwählen heißen. Das wird gerade am Main vorbereitet, wo die Posse um Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann in die nächste Runde geht. Sollte das Abwahlbündnis am 6. November scheitern, will Peter Feldmann nun übrigens doch bis zum Ende seiner Amtszeit 2024 im Amt bleiben. Entgegen seiner vorherigen Bekundungen. Einen Erfolg hat das Bündnis aber schon verbucht: ein sehr seltenes Exemplar des All-Parteien-Plakats.
Von Hannover über Berlin und Frankfurt nach Brasilien: Auch in Rio, São Paulo und Brasilia wurde gewählt und der nationalistische Präsident Jair Bolsonaro, der übrigens auch von Fußball-Superstar Neymar unterstützt wird, schnitt im Vergleich zu den Umfragen überraschend stark ab. So geht es in eine Stichwahl zwischen ihm und dem ehemaligen Präsidenten, Ikone der brasilianischen Linken, Lula da Silva. Duell und Feindschaft der beiden ungleichen Männer beleuchtet eine empfehlenswerte Arte-Dokumentation.
Mit den besten Grüßen zum Wochenstart
Philipp Sälhoff

Während der letzten Wahlperiode gab es 386 Prüfverfahren wegen möglicher Verstöße gegen die Verhaltensregeln für Bundestagsabgeordnete. Das gab die Bundestagspräsidentin bekannt. 51 Verfahren wurden eingestellt, während 296 zu einer Ermahnung führten. In acht Fällen wurde eine Ermahnung durch den damaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble ausgesprochen, 288 mal durch die Parlamentsverwaltung. In lediglich einem Verfahren wurde ein Bußgeld verhängt, während 34 Verfahren nicht rechtzeitig abgeschlossen werden konnten.
Nur noch 39 % der Ostdeutschen sind mit der Demokratie, wie sie derzeit in Deutschland praktiziert wird, zufrieden. 2020 waren es noch 48 %. Das ergab der diesjährige Deutschland-Monitor des Ostbeauftragten der Bundesregierung. In Westdeutschland sind es 59 % (2020: 65 %). Dabei glauben lediglich 32 % der Ostdeutschen daran, dass es Politiker:innen um das Wohl des Landes ginge (2020: 41 %). Mit ihren Landesregierungen (42%) und der Kommunalpolitik (47 %) zeigten…
Unter den Abgeordneten des Bundestags ist Borussia Dortmund mit großem Abstand die beliebteste Mannschaft, so eine Auswertung von fußballbezogenen Tweets. Insbesondere innerhalb der SPD-Fraktion wird positiv über den BVB getwittert. Zweitbeliebtester Verein ist der VfB Stuttgart, gefolgt vom Überraschungsdritten Holstein Kiel. Ralf Stegner (SPD) ist fleißigster Fußball-Twitterer. In der SPD-Fraktion befinden sich auch besonders viele bekennende Fußballfans (16 %), die wenigsten in der Union (6,1 %) – zumindest nach Twitter-Maßstäben.
Bayern ist der Social-Media-Sieger im Ländervergleich der Online-Marketing Beratung webnetz. So generiert der Freistaat die meisten Facebook-Reaktionen, verzeichnet sowohl die meisten Abonnent:innen als auch die meisten Aufrufe auf YouTube und muss sich in Sachen Instagram-Reaktionen nur dem offiziellen Hamburg-Account geschlagen geben. Kein einziges ostdeutsches Bundesland kam in die Top 5. Die Hauptstadt Berlin zeigt sich lediglich bei der Website-Sichtbarkeit (Platz 1) erfolgreich.
Das Maskottchen für die Einführung der digitalen Aktenführung im Bundestag soll einen Namen erhalten. Das berichtet Boris Herrmann, Parlamentsredakteur der Süddeutschen Zeitung. Demnach liegen derzeit Stimmzettel in der Kantine des Parlaments aus. Für das laut Herrmann als grünes Chamäleon konzipierte Maskottchen stehen dabei 12 Namensoptionen zur Wahl, darunter „Emanuel Akte“, „Dokumaeleon“, „Easy“ und „Eumel“. Informationen darüber, wie lange die Abstimmung offen bleibt und wer stimmberechtigt ist, sind noch nicht an die Öffentlichkeit gelangt.
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André Krischer & Barbara Stollberg-Rilinger
Tyrannen: Eine Geschichte von Caligula bis Putin
Sie sind wieder da: Tyrannen. Dieser Eindruck drängt sich zumindest in den vergangenen Jahren auf, angesichts von Staatenlenkern wie Donald Trump, Jair Bolsonaro oder Wladimir Putin. Was einen Tyrannen ausmacht bzw. warum und von wem jemand so wahrgenommen und bezeichnet wird, beleuchtet der Sammelband von André Krischer und Barbara Stollberg-Rilinger. Darin sind 20 lehrreiche Beiträge von renommierten Historiker:innen versammelt, die jeweils Herrscher beschreiben, die sich willkürlich und oft mit Gewalt über jedes Recht hinweggesetzt haben. Betrachtet werden dabei viele historische Figuren wie Nero, Napoleon oder Mao Tsetung, aber auch aktuelle Beispiele: neben Trump und Putin ebenso Kim Jong Un, Bashar al-Assad und Recep Tayyip Erdogan. Diese zeigen, dass selbst moderne Verfassungsstaaten nicht vor despotischen Entwicklungen durch mächtige Einzelpersonen gefeit sind.
Benjamin Triebe
@heibie
Der Mann, der Peter Müller war
Unser Tweet der Woche geht an @heibie, der – wie auch andere – das Alter Ego von Hubert Aiwanger aufdeckte. Das jedenfalls konnte man annehmen, nachdem der bayerische Ministerpräsident sich selbst versehentlich überschwänglich auf Twitter lobte – mit exakt denselben Worten wie besagter Account mit dem Namen Peter Müller. Dass er nicht der erste Politiker wäre, der eine falsche Identität auf Twitter vortäuscht, zeigt @neurosenthal. Aiwanger bleibt bei der These, dass er nur „zitiert“ hat.
Mareile Ihde
Vertretung des Landes Niedersachsen beim Bund
Seit 2001 hat die Landesvertretung von Niedersachsen ihren Sitz in Berlin. Dort werden die politischen Interessen Niedersachsens auf Bundesebene vertreten. Neben Vernetzungsmöglichkeiten finden in den Räumlichkeiten der Vertretung auch Podiumsdiskussionen, Ausstellungen und Konzerte statt. Seit 2017 wird die Landesvertretung von der Niedersächsischen Ministerin Birgit Honé geleitet, was sich mit der Wahl am kommenden Wochenende ändern könnte.
Gregor Bauer
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