Die Kommunikation der Ampelmänner

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Editorial: Die Kommunikation der Ampelmänner +++ Meldungen: Lebenserwartungen von Politiker:innen, Kein Geld für AfD-Stiftung, Sorgen des unsichtbaren Drittels, GenZ und der Millenials, Anstieg antisemitischer Vorfälle u.v.m. +++ Wahltrend: Grüne im Aufwind +++ Buch: Die polarisierende Pandemie +++ Tweet: Überfällig +++ Jobs: Berater:in (WE DO), Pressesprecherin (bitkom), Policy Expert Klimapolitik (Dezernat Zukunft), u.v.m. +++ Event: Crashkurs Politische Kommunikation: Instagram von A-Z (FNF) +++ Stakeholder: Deutscher Journalisten-Verband (DJV)

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Liebe Leserin, lieber Leser,

der Ampelkoalition mangelt es nicht an politischen Herausforderungen: Corona, Klima, Krieg, Inflation. Aber es gibt auch eine interne: Wie jeweils in einer Dreiparteienkonstellation sichtbar bleiben und sich für die nächste Bundestagswahl in Stellung bringen, ohne den Koalitionspartner dabei zu zerfleischen? Zumal mit Scholz, Lindner und Habeck jeweils drei Alphatiere die Wortführer sind. Nach mehr als einem halben Jahr gemeinsamer Regierungsarbeit sind die Kommunikationsstile der drei Ampelmänner von sehr unterschiedlichem Erfolg geprägt.

Bundeskanzler Olaf Scholz ist von Haus aus kein Kommunikationsvirtuose. Wenn er ironisch oder witzig ist – was durchaus vorkommt – funktioniert das meist über seinen trockenen nordischen Humor. Das geht aber auch manchmal schief. Ganz gehörig nach dem G7-Gipfel, als er die Journalistin Rosalia Romaniec abkanzelte (Video). Kristina Dunz erklärt den Shitstorm auf Scholz’ arrogante Antwort für das RND. Eine knappe Woche später stand er im ARD-Sommerinterview Tina Hassel Rede und Antwort (Video). Diese fragte ihn aber Einkaufspreise ab, was für Irritationen sorgte. Scholz reagierte weitaus souveräner und auch “inhaltlich” trittsicher (Video). Oder hätten Sie auch den Kilopreis von Erdbeeren parat gehabt?

  • Die DW hat die Kommunikation von Scholz noch einmal genauer unter die Lupe genommen – und sie mit der von Robert Habeck kontrastiert.
  • Konrad Göke erklärt in politik & kommunikation, warum Scholz auch bei der Hauptstadtpresse langsam in Ungnade fällt.
  • Warum die kommunikativen Irritationen des Kanzlers eigentlich leicht vermeidbar wären, weiß Michael Stempfle (Tagesschau).


Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner hat sich in der letzten Woche kommunikativ vergaloppiert, als er “mehr Überstunden” forderte. Ihm ging es um eine nationale Kraftanstrengung, um einer drohenden Wirtschaftskrise und Wohlstandsverlust entgegenzuwirken. Angekommen ist das FDP-Vorurteil der kaltherzigen Klientel-Partei, der alles Soziale herzlich egal ist. Unabhängig davon, ob das inhaltlich richtig, arbeitspolitisch zeitgemäß oder völliger Unfug ist – die Forderung flog ihm um die Ohren. Da half auch die Nachjustierung wenig.

  • Stephan-Andreas Casdorff attestierte ihm im Tagesspiegel gleich einen Missgriff in mehrfacher Hinsicht.
  • Warum die Kritik am “aufrechten Pfosten” Lindner ungerechtfertigt ist, argumentiert Johannes Schneider für die ZEIT.
Editorial

Lösungsorientiert, im Sprech auf Augenhöhe, Reflexion eigener Fehler, Abweichen von der Parteimeinung, wenn es notwendig ist – all das bescheinigen hingegen nicht nur ein Teil der Bevölkerung, sondern auch Kommunikationsexpert:innen Robert Habeck. Genau wie Kollege Lindner schwört er die Bevölkerung auf harte Zeiten ein, ihm ist nur keiner so richtig böse. Auch die Entwicklung der Umfragen (siehe Wahltrend) scheint ihn in seiner Linie zu bestätigen. Woran liegt das?

  • Jost Listemann hat Antworten in seiner Analyse  des Instagram-Auftritts Habecks für das PR-Journal.
  • Wie ein Interview des Wirtschaftsministers mit Marietta Slomka zu einem Rhetorikkurs für politische Kommunikation ausartete, weiß Kommunikationsexperte Murtaza Akbar in seiner Analyse für das PR-Journal.
  • Warum er Robert Habeck nicht besser als Wolfgang Kubicki findet, wenn es um die Kommunikation von Duschzeitfragen geht, hat Volkan Agar für die taz aufgeschrieben.

Wer das Kommunikationstriell der Alphatiere gewinnt – und wie, analysiert Kommunikationsexperte Harald Stutte für das RND. Egal, wie gut sie kommunizieren: Über eine Sache können sich alle drei freuen. Im Juli gab es ein sattes Gehaltsplus für Kanzler und Minister:innen, das der FOCUS aufgeschlüsselt hat.

Mit den besten Grüßen zum Start der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause
Philipp Sälhoff

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Gesellschaft: Politiker:innen leben länger

Politiker:innen leben deutlich länger als der Durchschnitt der Bevölkerung, so eine aktuelle Studie. In den 11 untersuchten Demokratien zeigte sich der größte Vorsprung in der Lebenserwartung von Politiker:innen in Italien und den USA mit rund 7,3 Jahren. Die geringste mortality gap verzeichnet die Schweiz mit 3 Jahren. In Deutschland leben Politiker:innen rund 4,5 Jahre länger. In fast allen Ländern nahm der Unterschied an Lebenserwartung zwischen Politik und Bevölkerung seit ihrem Höhepunkt in den 1970er Jahren deutlich ab. Einzig in Italien offenbarte sich seit Datenerhebung in den 1950ern ein stetiger Anstieg.

Parteien: AfD-Stiftung erhält kein Geld vom Bund

Fast 660 Millionen Euro stellt der Bund 2022 politischen Stiftungen zur Verfügung, so Recherchen der WELT. Dabei geht die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung leer aus, wogegen die AfD nun klagt und bis zu 70 Millionen Euro pro Jahr zuzüglich einer sogenannten Anschubsfinanzierung fordert. FDP und Grüne schlagen ein Gesetz vor, welches als Förderungsbedingung den Einsatz für die freiheitlich-demokratische Grundordnung vorschriebe. Laut SPIEGEL-Recherchen sperrt sich allerdings der sozialdemokratische Koalitionspartner dagegen.

Gesellschaft: Die politischen Sorgen von GenZ und Millenials

Nur 8 % der sogenannten GenZ (19-27-Jährige) in Deutschland glauben, dass die Bundesregierung genügend zur Bekämpfung des Klimawandels tut; bei den Millennials (28-39-Jährige) sind es 13 %. Das geht aus der Millennial Survey 2022 der Beratungsgesellschaft Deloitte hervor. Das Klima ist die größte Sorge beider Generationen (Millennials: 29 %, GenZ: 39 %), gefolgt von hohen Lebenshaltungskosten (beide 26 %). Auch die Gesundheitsversorgung besorgt viele Millennials (17 %) und GenZs (14 %), während die Migration äußerst unterschiedlich bewertet wird: Millennials (17 %) sind hier besorgter als die jüngere GenZ (7 %).

Gesellschaft: Die politischen Sorgen des unsichtbaren Drittels

Welche politischen Prioritäten hat das “unsichtbare Drittel“ in Deutschland? Die Initiative More in Common hat zwei politische Typen identifiziert, welche sich häufiger einsam sowie politisch nicht wahrgenommen fühlen und seltener wählen: die Pragmatischen (16 %) und die Enttäuschten (14 %). Ihr Vertrauen in die Bundesregierung (Pragmatische: 37 %, Enttäuschte: 15 %) ist ähnlich gering wie in Journalist:innen (36 %, 20 %). Während die Pragmatischen keine deutlichen politischen Interessen kundgeben, sind die Enttäuschten insbesondere besorgt über ökonomische Fragen wie die Inflation (40 %) und soziale Ungleichheit (29 %). Themen wie der Klimawandel (12%) oder der Ukrainekrieg (23 %) machen ihnen hingegen wenig Sorgen.

Gesellschaft: Anhaltender Anstieg antisemitischer Vorfälle

Auch im Jahr 2021 gab es einen Anstieg antisemitischer Vorfälle in Deutschland: Laut dem Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (RIAS) wurden 2738 erfasst, im Schnitt also sieben pro Tag. Im Vergleich zum Vorjahr (1957 Vorfälle) bedeutet das einen Anstieg um rund 40 %. Die Expert:innen des RIAS führen dies insbesondere auf die Proteste der sogenannten Querdenken-Bewegung sowie das Aufkommen des letzten Nahostkonflikts im Mai 2021 zurück. 63 gewaltsame Angriffe wurden festgestellt (2020: 39), zudem 101 Bedrohungen, 204 gezielte Sachbeschädigungen und 182 Massenzuschriften.

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Nachruf: Katja Husen

„Tage vor dem Radrennen in Bayern habe die Politikerin der Grünen noch voller Begeisterung von ihrem Start erzählt. Der Helm konnte Husen bei ihrem schweren Sturz nicht schützen, sie verstarb im Krankenhaus.“ (SPIEGEL)

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Der pollytix-Wahltrend zur Sonntagsfrage, Vorwochenvergleich in gefärbten Zahlen. Die Angaben berechnen sich aus dem gewichteten Mittel aller Sonntagsfragen der letzten 20 Tage. Den kompletten Wahltrend und alle Einzelumfragen finden Sie hier, mehr zur Methodologie hier.

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Wie wirksam die Anti-Corona-Politik der letzten zwei Jahre war, konnte der aktuelle Bericht des Sachverständigenrats nur bedingt beurteilen, da viele Maßnahmen nicht von Anfang an wissenschaftlich begleitet wurden. Doch wie steht es eigentlich um die gesellschaftlichen Auswirkungen der Pandemie? Christoph Butterwegge liefert mit seinem Buch einen Überblick über die bisherigen Studien zum Thema und zeigt auf, wie unterschiedlich einzelne Bevölkerungsgruppen betroffen waren. Die Pandemie habe die soziale Ungleichheit in Deutschland massiv verstärkt und gerade bei den jüngeren Menschen müsse man von einer “Generation Corona“ sprechen, so der Politikwissenschaftler.

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Seit wenigen Tagen gibt es in Deutschland erstmalig eine Schwarze Landesministerin. Aminata Touré wurde am vergangenen Mittwoch im Landtag von Schleswig-Holstein als Ministerin für Soziales, Jugend, Familie, Senioren, Integration und Gleichstellung vereidigt. Es war ein Moment, der Geschichte schrieb, und Aminata Tourés Tweet anlässlich dieses längst überfälligen Moments bekam zu Recht fast dreißigtausend Likes. Auch wir gratulieren!

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4. Juli 2022