Der politische Jahresrückblick 2024

Unser Rückblick auf die politischen Ereignisse der vergangenen zwölf Monate.

Liebe Leserin, lieber Leser,

das politische Jahr 2024  begann mit Traktorenlärm: Die Bauernproteste zogen sich durch das Land, während die Ampel über Sparmaßnahmen im Agrarsektor debattierte. Was die Traktorblockaden gebracht am Ende des Jahres haben, analysiert der MDR. Es war nicht die einzige Protestwelle im Winter: Die Correctiv-Recherchen zum AfD-Geheimtreffen von Rechtsextremen sorgten für deutschlandweite Großdemos gegen Rechts – gewissermaßen der Auftakt für die anhaltende AfD-Verbotsdebatte. Den aktuellen Stand dazu kennt der DLF.

Der Jahresanfang brachte auch zwei neue Parteien. Doch WerteUnion und BSW nahmen sehr unterschiedliche Entwicklungen. Während die Maaßen-Ausgründung in der politischen Bedeutungslosigkeit blieb und auch nicht zur vorgezogenen Bundestagswahl antreten wird, schließt das BSW das Jahr mit zwei Regierungsbeteiligungen ab. Warum die Neuwahl dennoch eine große Herausforderung für die Wagenknecht-Partei ist, erklärt das ZDF.

Die Teilwiederholung der Bundestagswahl in Berlin verlief im Februar hingegen reibungslos. Mit der anstehenden vorgezogenen Bundestagswahl werden manche Berliner:innen somit drei Mal in dreieinhalb Jahren den Bundestag gewählt haben können. Rekordverdächtig. 

Für mehr Aufregung sorgte im Frühjahr der Bundeswehr-Leak durch Russland inmitten der deutschen Taurus-Diskussion, inklusive Geheimnisverratsdebatte im Bundestag. Dies warf zugleich ein Schlaglicht auf die hybriden russischen Beeinflussungsversuche, die bis zur Wahl wohl erneut zunehmen werden. Die jüngsten Ereignisse in Rumänien sind ein Vorbote.

Die Nordseeinsel Sylt hatte schon immer viele Zuschreibungen. Im Mai kam eine neue dazu: Das “Sylt-Video” wurde zum stehenden Begriff und sorgte bundesweit für Aufsehen und Entsetzen über das offen und schamlos dargebotene rechtsradikale und rassistische Gedankengut in einem Luxusumfeld. Auch im Berliner Roten Rathaus sorgte der Song noch für einen sommerlichen Eklat. Wie das Lied eines italienischen DJs zu einer rechten Chiffre wurde, erklärt der BR. Was die Folgen für die Beteiligten waren, umreißt der MDR.

Geräuschloser verlief der Rücktritt von Malu Dreyer in Rheinland-Pfalz, die als eine der erfolgreichsten Ministerpräsidentinnen ihr Amt an Alexander Schweitzer übergab. Bei Phoenix stellte sich der längste Ministerpräsident Deutschlands letzte Woche Fragen zu seiner im Vergleich recht geräuschlos regierenden Ampel.

Der erste große Meilenstein im Superwahljahr war die Europawahl im Juni, aus der hierzulande die Union und die AfD als Gewinner hervorgingen. Wesentlich präsenter in der Öffentlichkeit war jedoch ein anderes europaweites Ereignis – die Fußball-EM in Deutschland. Der Gastgeber schied aber gegen Spanien durch ein nicht geahndetes Handspiel aus. Auch eine Umfrage, dessen Ergebnis “mehr weiße Nationalspieler” forderte, sorgte für Empörung. Warum Fußball trotz anderweitiger Beteuerungen stets politisch ist, legt das ZDF dar. Auch für den FC Bundestag lief es nicht gut: Er wurde Vorletzter bei der EM der Parlamentarier in der Schweiz – ohne AfD-Beteiligung.

Frankreich erlebte ein Jahr mit viel politischer Dynamik. Die Parlamentswahlen im Sommer endeten mit einem blauen Auge für Emmanuel Macron, mit dessen Nachwirkungen er bis heute zu kämpfen hat. Am Freitag übernahm der schon vierte Premierminister in diesem Jahr die Amtsgeschäfte. Was von François Bayrou zu erwarten ist, erklärt der DLF. Auch Großbritannien konnte in den letzten Jahren Erfahrungen mit schnell wechselnden Regierungschefs sammeln. Nach der Wahl im Juli regiert das erste Mal seit 14 Jahren wieder die Labour-Sozialdemokratie. Keir Starmers Start verlief holpriger als erhofft, aktuell steckt er in einem „Sandwich-Streit mit der neuen und ersten Schwarzen Tory-Chefin Kemi Badenoch. Der Hang zu politischen Absurditäten bleibt in Westminister parteiübergreifend. 

Auch wenn es am Ende nichts gebracht hat: Der Wechsel von Biden zu Harris bescherte den Demokraten ein kurzzeitiges Momentum im Präsidentschaftswahlkampf der USA. Das Ergebnis ist bekannt: Donald Trump kehrt ins Weiße Haus zurück. Seine Amtseinführung am 20. Januar wirft seine Schatten voraus: Erste Details zur Gästeliste hat die Frankfurter Rundschau versammelt, ebenso wie eine Bilderserie des zukünftigen Trump-Kabinetts.

Mit den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg begann der politische Herbst hierzulande. AfD, BSW und mit einigen Abstrichen die CDU gingen als Sieger hervor. Die Ampelparteien wurden (bis auf die Brandenburger SPD) hart abgestraft. Die FDP kam teils nicht mal auf 1 %, die Grünen mussten ihre Sitze in zwei Parlamenten räumen. Der gesamte Grünen-Vorstand zog die Konsequenz aus dem schlechten Ergebnis und trat zurück. Die Nachfolger Franziska Brantner und Felix Banaszak ziehen mit Kanzlerkandidat Robert Habeck und seinem „Küchentisch-Format“ in den Wahlkampf. Der wollte nun bewusst aus der Komfortzone und war bei BILD-Chefin Marion Horn zu Hause (Video).

Die neuartigen Regierungsbildungen zogen sich viele Wochen, kamen aber in den letzten Tagen zum Finale. Die erste Brombeerkoalition wird mit Mario Voigt vom momentan jüngsten Ministerpräsidenten geleitet. Dietmar Woidke brauchte in Potsdam zwei Wahlgänge, um ins Amt zu kommen. Die Ressortverteilung in Erfurt kennt der Tagesspiegel. Was in beiden Ländern politisch zu erwarten ist, analysiert die Tagesschau. In Sachsen haben CDU und SPD nun über den ausgehandelten Koalitionsvertrag abgestimmt.

Der November 2024 könnte für sich allein ganze Jahresrückblicke füllen. Am Morgen des 6. November wachte Deutschland mit dem Sieg von Donald Trump auf, am Abend ging es mit dem ersten Koalitionsbruch seit 1982 ins Bett. Wie sehr hat die FDP das “Ampel-Aus”, das es immerhin zum Wort des Jahres geschafft hat, herbeigeführt? Die Meinungen dazu gehen auseinander, klar ist aber: Der D-Day ist seitdem zum festen Sprachgebrauch geworden. Nun stellten die Liberalen ihre neue Kampagne vor und Sie werden nicht erraten, wer auf jedem Plakat zu sehen ist.

Deutschland geht nun in die Weihnachtspause mit Winterwahlkampf – unter anderem mit Beteiligung von Joko und Klaas, bei denen die Kanzlerkandidaten Merz, Scholz und Habeck unter dem Hashtag #PolitikUndAnstand jeweils fünf Minuten Sendezeit erhielten (Video). Auch der Bundesverband der Kommunikatoren ruft unterdessen gemeinsam mit der Deutschen PR-Gesellschaft zu einem transparenten und integren Wahlkampf auf, der sich an die Grundprinzipien der Kommunikationsarbeit hält. Auch die Wahlprogramme nehmen Gestalt an: Table.Media hat bereits die Entwürfe von CDU/CSU und SPD.

Eine formale Bedingung brauchen die Neuwahlen aber noch: Nach Brandt, Schmidt, Kohl und zweimal Schröder stellt Olaf Scholz heute die 6. Vertrauensfrage der Bundestagsgeschichte (Live-Übertragung online). Wie es danach bis zur Wahl weitergeht, erklärt die Tagesschau. Und auch in anderer Hinsicht wird die Ampel diesen Urnengang entscheidend beeinflussen: Zum ersten Mal wird nach neuem, reformiertem Wahlrecht gewählt, das dieses Jahr vom Bundesverfassungsgericht geprüft wurde. Die in dieser Legislatur bereits erfolgten Wechsel bei den MdB hat der Bundestag dokumentiert.

Auch im nun ablaufenden Jahr wurde der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine unverändert fortgesetzt. Wie sich im kommenden Jahr die Präsidentschaft Trumps darauf auswirken könnte, hat der Deutschlandfunk analysiert. Einen großen Einfluss dürfte die zweite Amtszeit Trumps auch auf den Konflikt in Nahost haben: Seit dem Hamas-Angriff am 7. Oktober 2023 eskaliert die Lage in der Region zunehmend, 2024 sah Tausende zivile Opfer und eine drastische Verschlechterung der humanitären Lage. Wie sich das Ende des Assad-Regimes in Syrien auf den Konflikt auswirken wird, ist noch unklar. Die Ziele der USA in Syrien beleuchtet die Tagesschau.

Nach dem Superwahljahr wird es 2025 zumindest an den Wahlurnen ruhiger. In Deutschland folgt nach der Bundestagswahl am 23. Februar die Hamburger Bürgerschaftswahl am 2. März und am 14. September die Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen. Alle anstehenden Wahltermine finden Sie immer auch auf politcal.de. Auf internationaler Bühne steht mit der Präsidentschafts“wahl“ in Belarus (26.1.) und den Parlamentswahlen in Norwegen (8.9.), Kosovo (7.2.), Tschechien, Albanien und Australien (alle noch ohne Termin) bisher noch nicht allzu viel im Kalender.

In Gedenken an die in diesem Jahr verstorbenen Politiker:innen eine Auswahl an Nachrufen: Alexej NawalnyAlois Glück (CSU), Klaus Töpfer (CDU), Thomas Hartung (SPD), Georg Streiter (2011-18 stv. Sprecher Bundesregierung), Wolfgang Gerhardt (FDP). Mit Irans Präsident Ebrahim Raisi kam zudem ein amtierender Regierungschef um.

Dasselbe Schicksal hätte auch fast den slowakischen Ministerpräsident Robert Fico ereilt, der im Mai bei einem Attentat schwer verletzt wurde. Donald Trump entging als Präsidentschaftskandidat bekanntlich ebenfalls knapp zwei Anschlagsversuchen. Und Gewalt gegen Politiker:innen war 2024 auch hierzulande präsent, wie unter anderem die Angriffe auf Franziska GiffeyMatthias Ecke und zahllose Wahlkampfhelfer:innen wie gerade wieder am Wochenende in Berlin zeigten.

Ihr Wissen zu den kleinen und großen Randnotizen des Politikbetriebs können Sie wie jedes Jahr in unserem politnews-Nerdquiz testen. Und wenn es ganz lange dauert bis zur Bescherung, können Sie sich noch mal am Quiz aus 2023 versuchen. Sollten Sie noch Geschenke suchen, halten zudem unsere politbooks des Jahres die eine oder andere Empfehlung bereit.

 

Heute nicht nur mit den besten Grüßen zum Wochenstart, sondern auch zu frohen Festtagen, einem guten Start ins neue Jahr und bis zur nächsten politnews-Ausgabe am 13. Januar.

 

Aktuelle politjobs
  • Wissenschaftliche:r Mitarbeiter:in (m/w/d)Wissenschaftliche:r Mitarbeiter:in (m/w/d)
    Wissenschaftliche:r Mitarbeiter:in (m/w/d)Freie Universität Berlin | Berlin, Deutschland | Bewerbungsfrist: 10.02.2025 | Assistenz
  • Consultant Politische Kommunikation (m/w/d)Consultant Politische Kommunikation (m/w/d)
    Consultant Politische Kommunikation (m/w/d)Fink & Fuchs | Berlin, Deutschland | Remote | Bewerbungsfrist: laufend | Beratung, Kommunikation, Kommunikation & Social…
  • Hauptamtlicher Vorstand (w/d/m)Hauptamtlicher Vorstand (w/d/m)
    Hauptamtlicher Vorstand (w/d/m)Talents4Good GmbH | Berlin, Deutschland | Remote | Bewerbungsfrist: 09.02.2025 | Leitung & Management, Networking
  • Chief of Staff / Referent:in der Geschäftsführung (m/w/d)Chief of Staff / Referent:in der Geschäftsführung (m/w/d)
    Chief of Staff / Referent:in der Geschäftsführung (m/w/d)PHAGRO | Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels e. V. | Berlin, Deutschland | Bewerbungsfrist:…
  • Manager:in Europabüro (m/w/d)Manager:in Europabüro (m/w/d)
    Manager:in Europabüro (m/w/d)Verband der Chemischen Industrie e. V. | Brussel, Belgien | Bewerbungsfrist: laufend | Administration & Büromanagement, Leitung &…
  • Head of Partnerships (m/w/d)Head of Partnerships (m/w/d)
    Head of Partnerships (m/w/d)European Forum Alpbach | Wien, Österreich | Bewerbungsfrist: laufend | Leitung & Management
  • Program Assistant (m/f/x)Program Assistant (m/f/x)
    Program Assistant (m/f/x)International Holocaust Remembrance Alliance | Berlin, Germany | Bewerbungsfrist: 26.01.2025 | Administration & office management, Event management
  • Junior Professional Officer (JPO) (m/w/d)Junior Professional Officer (JPO) (m/w/d)
    Junior Professional Officer (JPO) (m/w/d)Bundesagentur für Arbeit: Büro Führungskräfte zu Internationalen Organisationen | New York, NY, USA | Wien, Österreich…
Wahltrend
Wahltrend_24-12-16

Der pollytix-Wahltrend zur Sonntagsfrage, Vorwochenvergleich in gefärbten Zahlen. Die Angaben berechnen sich aus dem gewichteten Mittel aller Sonntagsfragen der letzten 20 Tage. Den kompletten Wahltrend und alle Einzelumfragen finden Sie hier, mehr zur Methodologie hier.

Stakeholder des Jahres

UNHCR

Das UN-Hilfswerk für Geflüchtete UNHCR setzt sich weltweit für den Schutz von Menschen auf der Flucht ein und überwacht die Einhaltung der Genfer Flüchtingskonvention. In Deutschland arbeitet das Werk mit der UNO-Flüchtingshilfe zusammen und setzt sich primär für die Rechte von Asylsuchenden und Geflüchteten ein. Zudem trägt das UNHCR in Deutschland zur Information und Bildung rund um den Themenkomplex Flucht und Asyl bei. Seinen Sitz hierzulande hat das UNHCR in Nürnberg und Berlin, UNHCR-Vertreterin in Deutschland ist Katharina Lumpp.

Jobs

Auf der Suche nach dem richtigen politjob?
Jobs aus dem Politikbetrieb auf politjobs.com oder in unserem wöchentlichen Newsletter.

Sie suchen selbst Verstärkung?
Schreiben Sie uns unter info@polisphere.eu für unverbindliche Preisinformationen. Hier finden Sie unsere Anzeigen-Pakete im Überblick.

Oder in den Talent Pool!
Tragen Sie sich direkt kostenlos in unseren Talent Pool ein! Dann melden wir uns, wenn wir einen passenden Job für Sie haben.

Events

Stets aktuelle Veranstaltungen aus dem Politikbereich finden Sie auf politcal.de.

Auf politcal.de können Sie Ihre eigenen Veranstaltungen jederzeit hochladen.
Probieren Sie es aus!

Das Redaktionsteam
16. Dezember 2024