Auf der Suche nach der bestellten Führung

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Editorial: Auf der Suche nach der bestellten Führung +++ Meldungen: Frauen im EP, Sinkendes Vertrauen in Institutionen, SIRIUS frei zugänglich, Verstöße gegen NetzDG bei Bundestagswahl, Faktenchecks helfen nur einige Wochen +++ Wahltrend: Union erstmals seit September 2021 wieder vor SPD +++ Buch: Wuhan. Dokumentarroman +++ Tweet: Woran erkennt man den Bundeskanzler? +++ Jobs: Referent:in für Public Affairs (bitkom), Förderprogramm Neulandgewinnen, Referent:in Grundsatzfragen der Gesundheitspolitik (PKV), u.a. +++ Events: Barrierefreie Beteiligung – Wie können wir Demokratie inklusiver gestalten? (Liquid Democracy), Warum Einwilligung im Netz keine individuelle Entscheidung mehr ist (Weizenbaum Forum), Gender & Internationale Politik (Polis 180 e.V.), u.a. +++ Stakeholder: International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA)

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Liebe Leserin, lieber Leser,

während des Wahlkampfs kokettierte Olaf Scholz schon teilweise befremdlich unverhohlen damit, wie sehr sein Politikstil dem von Angela Merkel ähnelt. Natürlich mit dem Kalkül, von Merkels Beliebtheit zu profitieren. Was ihn tatsächlich mit seiner Vorgängerin eint, ist die Interpretation politischer Führung als eine Kunst, die sich nicht zuvorderst in Präsenz und Sichtbarkeit, sondern in Ergebnissen misst. Auch Merkel hat nach dem polternden Medien- und Basta-Kanzler Gerhard Schröder ein wenig gebraucht, um die Deutschen an diese Lesart zu gewöhnen.

Doch nach einem Wahlkampf, bei dem das Kanzleramt (naturgemäß) nicht besonders sichtbar war, steigt nun der Wunsch nach der bestellten, eben auch fühlbaren Führung an der Regierungsspitze. Nach drei Monaten im Amt erhob INSA recht ernüchternde Werte über die Zufriedenheit mit der Ampel. Scholz selbst kommt ebenfalls nicht gut weg.

Zufriedenheit mit der Ampel und mit Olaf Scholz

Auch die letzten Sonntagsfragen dürften im Willy-Brandt-Haus keine Jubelstürme ausgelöst haben. Die Union liegt erstmals seit September 2021 wieder vor der SPD (siehe Wahltrend).

Ob das neben der Merz-Wahl auch mit Scholz’ Führungsstil zu tun hat, darüber wird eifrig analysiert:

  • Welches Politikverständnis hinter der Passivität des Kanzlers steckt, diskutiert Martin Ganslmeier für die Tagesschau.
  • Der Tauchsieder von Dieter Schnaas meint: Falsche Frage, das Problem ist grundsätzlicher (WirtschaftsWoche).
  • Warum Scholz’ Führungsstil genau richtig ist, erklärt Arno Frank im SPIEGEL.
  • Kommunikationsberater Hendrik Wieduwilt beleuchtet die Situation im Bericht aus Berlin aus kommunikationsstragischer Sicht (Video).

Natürlich führen Bundeskanzler nicht allein. Sie versammeln über Jahre einen Zirkel an Vertrauten um sich. Moritz Rödle wirft einen aktuellen Blick auf Scholz’ engste Berater:innen und Wegbegleiter:innen, die er im Kanzleramt zusammengeholt hat.

Eine Runde, die Scholz nicht ganz so nah ist, hat sich derweil in der SPD-Bundestagsfraktion gebildet: Ein neues Netzwerk für junge Abgeordnete soll entstehen und damit den Seeheimern, der Parlamentarischen Linken und den pragmatischen Netzwerkern Konkurrenz machen. So natürlich nicht die offizielle Lesart, aber auch in der gewachsenen SPD-Fraktion gibt es nicht unendlich viel Einfluss unter den Strömungshauptquartieren zu verteilen. Kevin Hagen hat in das Gründungspapier des SPD-Nachwuchs geschaut und weiß, dass die neue Gruppierung nicht so “links” ist, wie man denken könnte.

Nun hat Scholz in Washington die Chance, sichtbare Führung zu zeigen.

  • Im “Bericht aus Berlin” hat Scholz noch vor Abflug seine Positionen zur Ukraine-Frage erklärt. (Video und Tweet der Woche weiter unten)
  • Die Positionen der USA beziehungsweise Bidens zum Russland-Konflikt und dem deutschen Verhalten, beleuchtet Dorothea Hahn für die taz.
  • Wie die Bundesregierung im Vorfeld versucht, US-Abgeordnete von ihrer Ukraine-Politik zu überzeugen, hat Bastian Brauns für t-online dokumentiert.
  • Torsten Teichmann hat das kritische US-amerikanische Presseecho auf die deutsche Position im Russland-Ukraine-Konflikt für die Tagesschau analysiert.
  • Welcher deutsche Begriff wegen der zögerlichen Russland-Politik in den amerikanischen Medien neuerdings kursiert, weiß der FOCUS. Ebenso, welches Wort Scholz in Interviews vor seiner Reise nach Washington meidet “wie der Teufel das Weihwasser”.
  • Mit Spannung erwartet wird das Interview des Kanzlers mit CNNs Jake Tapper (22 Uhr deutscher Zeit). Das Video wird anschließend auf der Website von The Lead zu finden sein.

Und seine Vorgängerin? Der wird eine Rolle im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine zugetraut und fast schon gewünscht, wie Daniela Vates im RND berichtet.

Deren Vorgänger wiederum ist nun auch wieder Gesprächsthema im politischen Berlin. Die FAZ beleuchtet, wie Schröder seinem Freund Wladimir Putin mit Verbindungen bis in die SPD-Führung weiterhilft. Außerdem kann Schröder sich über einen neuen Posten freuen: Seit neuestem soll er Mitglied im Gazprom-Aufsichtsrat werden (siehe politticker).

Damit Sie ob geopolitischer Spannungen, der pandemischen Lage oder vielleicht auch eines durchwachsenen Bundesliga-Spieltags aber nicht allzu schweren Mutes in die neue Woche starten müssen, hier noch ein Netzfundstück zum Abschluss. Auf TikTok haben die allseits beliebten Beauty-Filter (mit potenziell toxischen Nebenwirkungen auf das Selbstwertgefühl) seit jeher Hochkonjunktur. Einige Nutzer haben diese jetzt “über” Merkel, Scholz und auch andere Politprominenzen gelegt, wie die BILD zusammengestellt hat.

Mit den besten Grüßen zum Wochenstart
Philipp Sälhoff
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Europäisches Parlament: Einfluss und Repräsentation weiblicher MEPs

Zwischen 1979 und 2021 ist der Anteil weiblicher Abgeordneter des Europäischen Parlaments (MEPs) von 16 % auf 39,5 % gewachsen. Dennoch, so schließt eine Analyse des German Marshall Funds (GMF), liegt ein gleichberechtigter Einfluss noch immer in weiter Ferne. 43 % der Ausschussvorsitzenden sind derzeit weiblich, in der letzten Legislatur waren es noch 55 %. Der weibliche Anteil der Ausschussmitglieder liegt wie die der MEPs bei 39,5 %. Bei den Unterausschüssen sind es 31 % Frauen gegenüber 69 % männlichen MEPs.

Edelman Trust Barometer: Vertrauen in Institutionen im Sinkflug

Das Vertrauen der Deutschen in die Institutionen der Bundesrepublik ist im Vorjahresvergleich drastisch gesunken, so das Edelman Trust Barometer 2022. Den größten Vertrauensverlust verzeichnete die Bundesregierung mit 47 Indexpunkten (minus 12 zu 2021). Sie verliert damit ihren Spitzenplatz an die Wirtschaft (48, – 6). Medien erreichen ebenfalls 47 Punkte (-5), NGOs lediglich 40 (-6). Als am vertrauenswürdigsten stuften die Befragten die Wissenschaftler:innen des Landes mit 69 Punkten (- 2) ein.

SIRIUS: Zeitschrift für strategische Analysen ab sofort frei zugänglich

Die Zeitschrift für strategische Analysen, SIRIUS, ist ab sofort kostenlos online abrufbar. Das hat der Herausgeber, die Stiftung Wissenschaft und Demokratie bekanntgegeben. SIRIUS erscheint seit 2017 als Print- und Onlineversion im Vierteljahres-Turnus. Themen der Zeitschrift sind die Herausforderungen deutscher, europäischer sowie transatlantischer Sicherheitspolitik. Joachim Krause, Vorstandsmitglied der Stiftung und bis 2020 ihr Vorsitzender sowie emeritierter Professor für Internationale Politik, ist Chefredakteur der Zeitschrift.

ISD-Bericht: Systematische Verstöße gegen NetzDG bei Bundestagswahl

Während des Bundestagswahlkampfs 2021 gab es grobe Verstöße gegen das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), nach dem Soziale Medien rechtswidrige Inhalte löschen oder blockieren müssten. So waren, laut einem Report des Institute for Strategic Dialogue (ISD) auf Twitter rund 7 % der als Hasskommentare gegen die drei Spitzenkandidat:innen Scholz, Laschet und Baerbock eingestuften Tweets strafrechtlich relevant. Insbesondere Facebook fiel negativ auf. Das Netzwerk löschte etwa 33 % der gemeldeten, laut Rechtsexpertise der Investigativgruppe eindeutig rechtswidrigen, Posts nicht.

Studie: Faktenchecks helfen nur einige Wochen gegen Desinformation

Die Wirkung von Faktenchecks hält nur wenige Wochen. Das ergab eine im Fachjournal Nature Human Behaviour veröffentlichte Studie. Demnach konnten die Befragten nach Faktenchecks bestimmte Falschbehauptungen über Covid-19 erkennen, doch zeigte sich dieser Effekt nach einigen Wochen kaum noch. Auch Wiederholungen des Faktenchecks änderten an diesem Wirkungsnachlass nichts. Ebenfalls fanden die Autor:innen keine Hinweise auf sogenannte Übertragungseffekte, durch welche die Korrektur einer bestimmten Desinformation zum Erkennen anderer Desinformation führen könnte.

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Der pollytix-Wahltrend zur Sonntagsfrage, Vorwochenvergleich in gefärbten Zahlen. Die Angaben berechnen sich aus dem gerichteten Mittel aller Sonntagsfragen der letzten 20 Tage. Den kompletten Wahltrend und alle Einzelumfragen finden Sie hier, mehr zur Methodologie hier.

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Mit der Eröffnung der Olympischen Winterspiele in Peking rückt auch der chinesische Kontroll- und Überwachungsstaat wieder stärker in das Bewusstsein der Weltöffentlichkeit – besonders angesichts der noch immer grassierenden Pandemie. Einen Einblick in die Grundstimmung im “Reich der Mitte” seit dem Ausbruch des Corona-Virus gibt Liao Yiwu in seinem Dokumentarroman “Wuhan”. Der mehrfach ausgezeichnete Schriftsteller erzählt in einer Mischung aus realen und fiktiven Elementen die Geschichte seines Alter Egos, das nach Wuhan reist, um sich dort selbst ein Bild der Lage zu machen. Angereichert mit Sarkasmus und Galgenhumor thematisiert er dabei unter anderem die Absurditäten der chinesischen Politik, das Bedürfnis der Menschen nach Meinungsfreiheit und den existierenden Hass gegen Minderheiten.

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Woran erkennt man den Bundeskanzler? Olaf Scholz hat eine, nun ja, gar nicht mal so subtile Methode erarbeitet, um klar zu machen: “Der Kanzler bin ich!”

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Job der Woche

Willst Du dazu beitragen, Deutschlands Bildungssystem einen digitalen Booster zu verpassen? Als Referent:in für Public Affairs bei bitkom sorgst Du dafür, Bildung in Deutschland digitaler zu machen. Zu Deinen Aufgaben gehören die Betreuung der bildungspolitischen Aktivitäten und die Erweiterung des Netzwerks in der Digitalwirtschaft. Voraussetzungen für die Stelle sind Kommunikationsstärke, ein erfolgreich abgeschlossenes Studium und verhandlungssichere Deutsch- und Englischkenntnisse.

Fellowship der Woche

Förderprogramm Neulandgewinner. Zukunft erfinden vor Ort
Du engagierst Dich für den gesellschaftlichen Zusammenhalt im ländlichen Raum Ostdeutschlands? Der Verein Neuland gewinnen e.V. vergibt 20 Förderungen auf gemeinwohlorientierte Projekte, die konkrete Problemlagen vor Ort praktisch verändern sollen. Bewerbungsschluss ist der 20. März 2022.

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Die International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) fördert die Bildung, Forschung und Erinnerung um den Holocaust. 1998 wurde die IHRA vom ehemaligen Premierminister Schwedens Göran Persson in Berlin gegründet. 2022 besteht die IHRA aus 35 Mitgliedsländern.

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11. Februar 2022